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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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uns erklärt. Und im Traum hatte ich daran geglaubt.«
    »Und jetzt?«
    »Na, es ist doch etwas dran, oder nicht? Du hast doch selbst auf dem Karijer gelebt und könntest eigentlich auf einem guten Planeten leben, wo jetzt die Tzygu oder Halflinge siedeln, oder etwa nicht?«
    »Hast du nun in deinem Traum gegen das Imperium oder gegen die Außerirdischen gekämpft?«
    »Gegen das Imperium«, gab Lion zu, »damit in der Galaxis eine neue, gerechte Gesellschaftsordnung entsteht.«
    »Und welche?«
    Lion dachte einen Augenblick nach.
    »Also, in erster Linie eine demokratische. Bei uns ist alles wählbar, jedes beliebige Amt. Einmal in vier Jahren wählen alle den Präsidenten.«
    »Und was für ein Mensch ist dieser Präsident?«
    »Es ist eine Sie«, erläuterte Lion. »Sie ist... tja, wie soll ich das am besten ausdrücken...«
    Sein Gesicht nahm einen entrückten Ausdruck an. Ich wartete und auf meine Brust wälzte sich ein Eisblock.
    »Sie... ist sehr gerecht«, stieß Lion endlich hervor. »Sie ist bereit, jeden anzuhören und mit ihm offen zu sprechen. So klug, wie sie ist, trifft sie fast immer die richtigen Entscheidungen. Manchmal irrt sie sich, aber nicht entscheidend.«
    Ich konnte nicht an mich halten. »Lion, das ist doch aber nur ein Traum! Kapierst du das? Jemand von Inej hat beschlossen, das Imperium zu erobern, und hat sich eine Gehirnwäsche ausgedacht. Es geht nicht, dass ein Mensch nie einen Fehler macht!«
    »Ich habe nicht gesagt, nie«, fiel Lion schnell ein, »aber im Prinzip macht sie keine Fehler.«
    »Und außerdem kann ein Präsident nicht mit jedem sprechen. Der Imperator kann es nicht und der Präsident wird es auch nicht können. Sogar bei uns auf Karijer konnte der leitende Sozialarbeiter sich nicht um jeden kümmern und bei uns leben weniger als eine Million Menschen!«
    »Auf normalem Weg ist das unmöglich«, sagte Lion, »aber bei uns war alles ganz anders. Man konnte online gehen und mit der Präsidentin kommunizieren.«
    »Blödsinn«, kommentierte ich.
    »Warum? Das ging ganz einfach. Weißt du, dass es möglich ist, eine menschliche Intelligenz vollständig auf einen Computer zu kopieren?«
    »Ja, aber das wurde verboten, es sind nur noch zwei oder drei davon übrig... Sie werden alle verrückt.«
    »Sie ist nicht verrückt geworden«, erwiderte Lion leise, »sie hat auf jedem Planeten ihre Kopie. Diese kommunizieren untereinander und entscheiden gemeinsam. Und sie sind bereit, jeden Beliebigen anzuhören und zu helfen. Ich selbst habe jedes Jahr mit ihr geredet. Das gehörte sich so. Und manchmal habe ich um ein zusätzliches Gespräch ersucht. Wenn es wichtig war.«
    »Lion, du bist aber ein Idiot!« Ich hielt es nicht mehr aus. »Ein totaler Idiot! Das sind alles Märchen, mit denen sie euch das Gehirn gewaschen haben! Damit alle scharf darauf wurden, Inej zu dienen!«
    »Das verstehe ich«, sagte Lion ernsthaft. »Sicher, so wird es sein. Aber wenn es nun die Wahrheit ist? Denn im Imperium ist ja wirklich nicht alles in Ordnung. Wozu gäbe es sonst Armee, Polizei, Quarantänedienst, Phagen?«
    »Das kann nicht sein. Das ist alles eine Lüge!«, wiederholte ich starrsinnig.
    »Wenn es aber eine Lüge ist – warum glauben denn dann alle daran?«, wandte Lion ein. »Tikkirej, ich bin doch normal! Ich bin doch nicht verrückt geworden, stimmt’s? Mir wurde lediglich gezeigt, welches Leben ich führen könnte, wenn ich mich Inej anschließen würde. Und das war’s. Und es hat mir gefallen!«
    »Dein Traum ist unterbrochen worden«, sagte ich, »als du online geschaltet wurdest.«
    »Na und? Tikkirej, ehrlich, ich wurde zu nichts gezwungen. Das... das...«, Lion fuchtelte mit den Händen, »das ist wie sehr gutes Kino in einer guten Virtualität, in der du den Unterschied gar nicht spüren kannst. Mir wurde gezeigt, wie mein Leben aussehen könnte, und mir hat es gefallen.«
    »Aber das ist doch nicht wahr!«
    »Habe ich dir etwa gesagt, dass es wahr wäre?« Lion erhob seine Stimme. »Nein, sag nur, habe ich das gesagt? Ich sage dir, wie alles in meinem Traum war! So! Und dass darin – vielleicht – ein bisschen Wahrheit stecken könnte!«
    Er hatte Recht. Ich hatte Lion attackiert wie einen Feind...
    »Entschuldige.«
    Lion schaute weg. Dann murmelte er: »Schon gut... Weißt du, jetzt bin ich erleichtert. Im Prinzip ist es ein Traum, aber am Anfang war alles sehr wahrhaftig.«
    Mir fiel auf, dass er wie ein kleines Kind an seinen Nägeln kaute.
    Dann bemerkte er, was er

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