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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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zu.
    Das schafften wir aber nicht.
    Der Flyer flog so hoch, dass wir ihn erst bemerkten, als er zur Landung ansetzte. Direkt auf der Straße, ungefähr zehn Meter vor uns. Der Pilot benutzte sogar die Motorbremse und wir wurden spürbar von einer Luftwelle getroffen.
    »Wir sind auf dem Weg in die Stadt«, flüsterte ich. »Nur ruhig...«
    Vier Gestalten, drei Männer und eine Frau, sprangen aus dem Flyer. Alle jung und sehr, sehr ernst.
    »Grüßt euch, Jungs«, sagte die Frau und tastete uns dabei mit ihren Augen ab, vorsichtig und unwillig.
    »Guten Tag«, antwortete ich, Lion murmelte auch irgendetwas.
    »Warum seid ihr nicht in der Schule?«, fragte die Frau.
    Alle vier kamen auf uns zu. Sie schienen zwar keinen Verdacht geschöpft zu haben, hielten sich aber gleichzeitig in einiger Entfernung. Was war denn an uns nur so ungewöhnlich?
    »Tja...«, ich warf einen Blick auf Lion. »Wir durften schon nach Hause gehen, der Unterricht war zu Ende.«
    Sie sahen sich dermaßen erstaunt an, als ob ich eine unglaubliche Dummheit geäußert hätte.
    »Irgendetwas stimmt hier nicht«, überlegte die Frau laut. »Seltsam! Steigt in den Flyer ein!«
    Einer ihrer Begleiter trat vor und hob seine Hand, in der er ein Gerät hielt. Er richtete es erst auf mich, danach auf Lion.
    Das Gerät begann einen Pfeifton auszusenden.
    »Hinlegen! Hände in den Nacken!«, schrie die Frau.
    Die Männer griffen nach ihren Waffen, kleinen Pistolen in ihren Taschen.
    »Keine Bewegung!« Blitzschnell hatte Lion sich hingekniet und seine Pistole auf sie gerichtet. Die Frau sprang ihn an und versuchte ihn umzustoßen. Ich schaffte es mit Müh und Not, meine Hand nach vorne zu strecken – und die Schlange, die als flexibles, silbernes Band herausschnellte, schlug sich der Frau als Schlinge um den Hals. Sie stürzte.
    Einer der Männer bekam inzwischen seine Pistole zu fassen. Lion schoss – die leisen Schüsse kamen als Salve und alle drei wälzten sich auf der Straße. Die Frau lag am Boden und versuchte gar nicht erst aufzustehen, sondern schaute uns nur hasserfüllt an.
    Und vom Himmel näherte sich lärmend im Sturzflug noch ein Flyer!
    »Nichts wie weg, Lion!«, schrie ich und fasste ihn an der Schulter. »Schnell!«
    Lion schoss mehrmals nach oben, als ob er versuchen wollte, den Flyer mit einer Schockpistole zum Absturz zu bringen. Und wir flüchteten.
    So schnell wir konnten.
    Etwas Schweres und Heißes fiel mir in den Rücken. In meinem Magen blubberte es und mir schnürte es die Kehle zu. Meine Beine trugen mich nicht mehr, ich stürzte, stieß mir schmerzhaft die Knie auf und streckte mich auf dem heißen Beton aus. Meine Wange streifte über die raue Oberfläche des Betons und Schmerz flammte auf. Mein Herz klopfte wie wild. Mein Hemd wurde schnell von Blut durchtränkt. Mit letzten Kräften wandte ich den Kopf und sah in den Händen der Frau einen Blaster, dessen Lauf noch dampfte.
    Dann wurde es dunkel.
    »Na, und?«, fragte Ramon.
    Zuerst schaute ich auf meinen Bauch. Dann rieb ich mir die Wange. Dann entkoppelte ich den Neuroshunt und stand aus dem Sessel auf.
    Im Nebensessel rutschte Lion hin und her. Er schaute mich betrübt an und sagte: »Mir haben sie die Beine gebrochen...«
    Wir befanden uns in einem kleinen Zimmer, dem virtuellen Klassenraum. Sicher wurden auch die Phagen hier unterrichtet. Vor den Fenstern hingen Vorhänge, gedämpfte Lampen beleuchteten den Raum. Es gab weitere fünf Sessel mit virtuellen Terminals, aber sie standen leer.
    Im Raum befanden sich nur Lion und ich sowie Ramon im Sessel des Lehrers. Ich hatte keine Ahnung, ob er in die Rolle eines unserer Feinde geschlüpft war oder wir mit einem Programm zu kämpfen hatten. Fragen wollte ich jedoch nicht.
    »Was habt ihr falsch gemacht?«, fragte Ramon.
    »Es war ein Fehler, auf die Straße zu gehen«, antwortete Lion.
    Ramon zuckte mit den Schultern. »Ist es nicht egal, wo sie euch erwischt hätten?«
    »Es war falsch, dass wir Waffen mitgenommen haben«, gab ich kleinlaut zu. »Es ist unmöglich, zu zweit gegen eine Armee zu kämpfen.«
    Ramon nickte. »Das kommt der Wahrheit schon näher! Jungs, denkt daran, die Variante einer totalitären Kontrolle ist recht unwahrscheinlich, aber am gefährlichsten.«
    »Aber mir hat die Anarchie noch weniger gefallen«, widersprach Lion.
    »Die ist auch unangenehm«, stimmte Ramon zu. »Die Konsequenz ist die gleiche – keine Gewaltakte! Sie bewirken nichts! Ihr seid keine Phagen. Und keine Spezialtruppen des

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