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Das Schlangental - Neal Carey 3

Das Schlangental - Neal Carey 3

Titel: Das Schlangental - Neal Carey 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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sogar einen Namen: Wong’s. Im Wong’s gab es rote Papierlaternen, chinesische Fächer an den Wänden und einen großen Stoffdrachen direkt hinter der Eingangstür, aber kein Fitzelchen chinesisches Essen. Hatte es nicht gegeben, seit Wong 1968 das Zeitliche gesegnet hatte und Wong’s Frau und Kinder begeistert zurück nach San Francisco gezogen waren. Evelyn hatte das Restaurant gekauft und auf Anregung dankbarer Kunden die Karte geändert. Aber die Inneneinrichtung hatte schon immer allen gefallen, also blieb sie.
    »Das schlimmste chinesische Essen im ganzen Westen«, verkündete Evelyn Neal.
    »Schrecklich«, stimmte Steve zu.
    Im »Laden« legte sie nicht viel Wert auf Dekoration. Die Leute kamen nicht her, um sich umzusehen, sie kamen, um Dinge zu kaufen, die sie brauchten. Die Männer kamen zu ihr, wollten ihre Siebensachen und wieder zurück an die Arbeit – oder auf ‘ne Stunde ins Brogan’s. Die Frauen kannten das Inventar bereits auswendig, also verbrachten sie ihre Zeit im Laden mit Quatschen und tauschten tratschend Neuigkeiten aus. Die meisten Häuser außerhalb der Stadt hatten nicht mal Telefon, also war der Laden der ideale Ort, mit den Nachbarn zu reden.
    Mit Steves Hilfe wählte Neal ein paar schwere Jeans aus, drei Jeans-Arbeitshemden, ein paar Arbeitsschuhe und einen Hut. Steve hatte versucht, ihm einen Cowboyhut aufzuschwatzen, aber Neal schaute so peinlich berührt – mit gutem Grund, mußte selbst Steve zugeben – , daß sie sich auf ein Allis-Chalmers-Käppi einigten. Dann suchten sie noch ein paar Dosen aus, Sachen zum Kochen, Gefrierfleisch, solche Dinge.
    »Geht das bar oder auf deine Rechnung, Steve?« fragte Evelyn, als sie die ganzen Sachen auf den Tresen gestapelt hatte. Sie war eine große Frau Anfang sechzig. Sie hatte früher einmal in einer Mädchenband in Kalifornien Posaune gespielt, aber dann hatte sie sich überlegt, daß sie etwas ganz anderes machen wollte. Sie hatte nie geheiratet, obwohl Gerüchte besagten, daß sie sich regelmäßig mit mehreren Vertretern traf, die hin und wieder durch den Ort reisten.
    Steve sah Neal an.
    »Bar«, sagte Neal.
    Evelyn wunderte sich nicht einmal über den Hunderter, den er ihr gab.
    »Wo wir schon von Rechnungen reden«, sagte sie zu Steve, »du hast nicht zufällig in letzter Zeit Paul Wallace gesehen, oder?«
    Sag das noch mal! Wen? Neal steckte zögernd sein Wechselgeld ein und betrachtete seine Einkäufe. Von was für einem Paul Wallace redete sie?
    »Paul Wallace…« wiederholte Steve langsam und dachte nach.
    »Ich glaube, er ist einer von Hansens Tagelöhnern«, sagte Evelyn. »Ist hier reingekommen und hat auf seinen Sold anschreiben lassen, und seitdem hab’ ich ihn nicht gesehen. Ist wohl drei Wochen her. Hansen zahlt alle zwei, oder?«
    »Yeah. Bißchen größer? Blond? Sieht nett aus?« fragte Steve.
    Harley McCall. Neal wünschte sich, die Chance zu haben, dem echten Paul Wallace noch eine in die Fresse zu hauen. Der Idiot hätte mir sagen sollen, daß sie die Ausweise getauscht hatten. Andererseits hätte ich auch daran denken können, danach zu fragen.
    »Yeah, den mein’ ich. Normalerweise gibt’s keinen Kredit, bis ich sie ‘ne Weile kenne, aber er hatte diesen niedlichen kleinen Jungen bei sich, und er kaufte Sachen für ihn ein – Frühstücksflocken, Kekse…«
    Neal fragte sich, ob sie die Baßtrommel im Laden hörten – sein Herz klopfte schnell, boom-boom-boom.
    Steve sagte: »Tut mir leid, Evelyn, in den letzten drei Wochen hab’ ich ihn jedenfalls nicht gesehen. Gibt auch keinen Grund dafür. Ich bin nicht oft drüben bei Hansens. Aber ich kann Shelly bitten, Jory zu fragen, wenn du möchtest.«
    Evelyn schüttelte den Kopf. »Nein, das nun auch nicht. Aber wenn du Hansen begegnest, sag ihm doch, er soll seinem Cowboy ausrichten, er möchte doch bitte mal bei mir vorbeischauen. Andererseits ist er vielleicht auch schon weitergezogen und hat mich reingelegt.«
    Ich hoffe nicht, Evelyn. Gott, ich hoffe nicht.
    »War ein niedlicher Junge«, befand Evelyn.
    Neal packte sein Zeug hinten auf den Pick-up, während Steve rüberschaute zum Brogan’s.
    »Ich hasse es, Benzin für nur eine Sache zu verschwenden«, sagte Steve.
    »Ich komm’ gleich rüber«, entgegnete Neal. »Ich will nur jemand anrufen.«
    Er marschierte rüber zur Tankstelle, an der es eine Telefonzelle gab. Er wählte eine gebührenfreie Nummer. 
     
    »Gib mir einen Grund, weswegen ich dich nicht sofort rausschmeißen soll«, sagte

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