Das Schlangental - Neal Carey 3
und streckte seine Hand aus, als wäre er Mickey Rooney, der zurück in die Stadt kam. Cal nahm sie, drückte fest zu und starrte Neal mit einem unmißverständlichen »wir-sind-noch-lange-nichtmiteinander-fertig«-Blick an.
Hansen trat einen Schritt zurück. Er trug einen Khakianzug mit Hosenaufschlägen und ein schwarzes Baseballkäppi. Dazu einen Webgürtel mit einem .45er Colt im Holster.
In den letzten paar Wochen hatte Neal die übrigen Männer kennengelernt. Strekker natürlich auch. Levine hatte alles über ihn herausgefunden – Sergeant bei der Army, konzessionierter Ranger, dann unehrenhafte Entlassung wegen Zusammenschlagens eines Auszubildenden. Zwei Jahre im Knast von Washington State, weil er in einer Bar bei einem Streit einen Mann mit dem Messer verletzt hatte. War im Gefängnis Mitglied der Arischen Bruderschaft geworden.
Sein Zellenkumpan war Randy Carlisle gewesen. Vergewaltigung. Knapp einssiebzig, schwarze Haare, Schnauzer. Ein ganz besonders gehässiger Gesichtsausdruck, eine fiese Fratze. Der Kojote zu Cals Wolf.
Dann war da Dave Bekke, der ungeschlachte bärtige Mann, den Neal bei seinem Treffen mit Hansen auf dem Berghang kennengelernt hatte. Teilzeit-Minenarbeiter, Teilzeit-Tagelöhner, Vollzeit-Versager. Er hatte eine fette Frau, die er so selten wie möglich sah, weil sie ihm Angst machte. Er war ein Gefolgsmann, der nach etwas suchte, dem er folgen konnte, und er hatte die weißen Rassisten gefunden. Hatte ‘ne Weile gesessen, wegen krimineller Delikte.
Bill McCurdy war erstens Cowboy und zweitens Kretin, aber nur knapp in dieser Reihenfolge. Ein dreckiger O-beiniger kleiner Idiot mit einem Kichern, für das selbst Gandhi ihm eins in die Fresse gehauen hätte. Neal hatte ihn kein einziges Mal ohne seinen Cowboyhut gesehen, was gut war, denn das braune Haar, das bis über seine Ohren hing, war nicht gewaschen worden, seit Jimmy Carter Präsident gewesen war. Aber auf dem Rücken eines Pferdes verwandelte der Junge sich. Auf einem Pferd wurde er zum Zentaur, ein Idiotengenie im Sattel.
Craig Vetter war da ganz anders. Ein Kerl wie ein Schrank. Einsfünfundneunzig, breite Schultern, muskulöse Beine und unendlich viel Kraft. Er hatte kurzes blondes Haar und blaue Augen und ein Gesicht, das so offen wirkte wie eine Bibel am Sonntag. Ein Mann ohne Sinn und Verstand, ohne Angst. Er trank nicht, rauchte nicht, fluchte nicht, stellte den Frauen nicht nach. Es gab eine Gattin und fünf Kinder in St. George, Utah, und Craig wäre immer noch bei ihnen, wenn er nicht der Pflicht gehorcht hätte, für Gott und die weiße Rasse zu kämpfen. Er schickte sein Geld gewissenhaft heim.
Dann gab es da noch John Finley. Dünn, mit sandfarbenem Haar und Scheiße im Kopf. Finley war ein kalifornischer Surfer, der wegen Koks im County Jail von L. A. gesessen hatte. Zur Beruhigung war er religiös geworden, zum Schutz hatte er sich der Arischen Bruderschaft angeschlossen und war kurz nach seiner Entlassung der True Christian Identity Church beigetreten. Carter hatte ihn rausgeschickt auf Hansens Ranch, damit ihm jemand die Nase sauber hielt.
Die Gebrüder Johnson waren bebrillte, behämmerte Berserker. Neal vermutete, daß sie, abgesehen von »Big« und »Little«, noch andere Vornamen hatten, aber er hatte sie noch nie gehört.
Und Jory war Hitlers Vorzeigejunge.
Es gab noch ein paar andere, über die Neal noch nichts wußte, aber sie waren diesen hier ähnlich: Männer, die das Gefühl hatten, ein Amerika, das es real nie gegeben hatte, würde ihnen weggenommen werden, und deren schreckliche Kindheit, enttäuschendes Erwachsenenleben oder verzweifelte Suche nach etwas, worauf sie stolz sein könnten, kanalisiert worden waren in Haß auf ethnische Sündenböcke.
Neal konnte alle möglichen billigen Psychoanalysen und rotzige freudianische Konzepte auf seine neuen Spielgefährten anwenden, aber im Grunde fand er, daß sie einfach bloß Abschaum waren. Es waren genau die Männer, die Bob Hansen sich gesucht hatte, damit sie hier arbeiteten, damit sie seine beispielhafte Farm in eine Kampffestung verwandelten.
Aber das ist sein Problem, dachte Neal. Ich habe mein eigenes. Komm schon, Bob, es ist dunkel genug. Legen wir los.
Sie absolvierten ein Nachttraining, denn, wie Bob Hansen gescherzt hatte, »das ist die Zeit, zu der Nacht-Kämpfer gewöhnlich kämpfen.«
»Ein Trick, den man einsetzen kann«, sagte Hansen, »besteht darin, ein ängstliches Hühnchen draußen zu lassen, und wenn der
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