DAS SCHLOSS
nicht wieder verarschst?“
„Ich schöre es. Hoch und heilig. Aber bitte nimm die Waffe runter.“
Kid schwieg. Er schien zu überlegen, ob er ihrem Wunsch nachkommen, oder sie doch lieber erschießen sollte.
Schließlich nahm er den Revolver runter. Eine Welle der Erleichterung durchflutete ihren Körper.
„Also gut. In der Tat glaube ich, dass wir noch ziemlich viel Spaß zusammen haben könnten. Und ich habe da auch schon eine Idee. Magst du sie hören?“
Sandy nickte.
„Dir ist doch klar, dass jemand für die Sache mit der Pistole bestraft werden muss, oder?“
Sandy schwieg.
„Das ist dir doch klar, oder?“
Jetzt nickte sie wieder.
„Gut. Dich brauche ich noch eine Weile. Außerdem habe ich meinem Bruder versprochen, dass er auch noch auf seine Kosten kommt. Also müssen wir uns etwas anderes überlegen.“
Sandy wurde übel. Eine böse Ahnung beschlich sie. Eine verdammt böse.
„Den da brauchen wir nicht mehr. Der geht mir schon die ganze Zeit auf die Nerven.“ Er blickte hinunter zu Ronnie und versetzte ihm einen leichten Tritt mir der Schuhspitze.
„Schläft offenbar noch. Schade. Jetzt verpasst er doch glatt seine eigene Party.“
Kid bückte sich und hob die Eisenstange vom Boden auf.
„Los. Da drüber.“ Mit dem Lauf des Revolvers zeigte er zunächst auf Sandy, dann auf Ronnie.
„Aber…“
„Mach einfach, was ich dir sage.“
Mit kleinen Schritten bewegte sie sich an Kid vorbei auf ihren noch immer bewusstlosen Freund zu. Sie musste höllisch aufpassen, wegen der Fußfesseln nicht der Länge nach hinzuschlagen. Zentimeter für Zentimeter schob sie ihre nackten Füße über die rauen Steine. Als sie Ronnie erreicht hatte, sah sie Kid fragend an.
„Dreh ihn um. Auf den Rücken.“
Sandy kniete vor Ronnie nieder. Sein geprügeltes Gesicht war vor kaum wiederzuerkennen. Wieder begann sie zu schluchzen. Wie gerne hätte sie tröstend seine Wange gestreichelt. Doch sie traute sich nicht, sein Gesicht zu berühren. Zu groß war ihre Angst, ihm dabei unnötige Schmerzen zuzufügen.
Und als wollte er ihren Entschluss bestätigen, stöhnte er leise auf, als Sandy ihn behutsam an der Schulter berührte und ihn vorsichtig auf den Rücken drehte. Eine Hand unter seinen Kopf haltend, damit er nicht unsanft auf dem Boden aufschlug.
„Oh Ronnie, mein Liebling. Was hat er dir nur angetan?“
„Psst. Nicht reden. Es ist besser für ihn, wenn du ihn nicht aufweckst. Glaub mir.“
„Was hast du mit ihm vor? Kannst du ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Sieh ihn dir doch an. Er kann nicht mehr.“
„Das hättet ihr zwei euch vorher überlegen müssen. Er, bevor er hier aufgetaucht ist und rumgeschnüffelt hat. Und du, bevor du meintest, mir meine eigene Waffe unter die Nase halten zu müssen. Los, steh auf.“
Sandy tat, was Kid von ihr verlangte.
„Und jetzt?“
Schweigend hielt er ihr das Eisenrohr hin.
KAPITEL 44
Die Warnblinklichter des Geländewagens flackerten kurz auf, als Jonas den Knopf der Zentralverriegelung betätigte.
Nachdenklich trat er durch das Loch im Zaun, um zu Vanessa zurückzukehren. Seine rechte Hand steckte in der Tasche seiner Hose und spielte nervös mit den beiden quadratischen Tütchen, die er aus Vanessas Handtasche geholt hatte. Wie beschrieben, hatten sie sich in einer der Innentaschen befunden.
Aber er hatte noch etwas entdeckt.
Durch Zufall und ohne, dass er auch nur im Geringsten danach gesucht hätte. Es überraschte ihn, wie sehr die Entdeckung seiner Stimmung zusetzte, obwohl er selbst seine Reaktion als völlig unangemessen erachtete.
Doch die Sache ließ ihm einfach keine Ruhe. Gab es eine einfache Erklärung für seine Entdeckung oder hatte sie ihm die ganze Zeit über etwas vorgemacht? Er würde sie darauf ansprechen. Aber erst später. Schließlich hatte sie ihm eine Einladung erteilt, die er unmöglich ausschlagen konnte.
Gedankenverloren schlenderte er durch den verwilderten Schlosspark. Er folgte dem Ufer des Weihers und blickte hinüber zu der Schlossruine. Es war ein phantastisches Gebäude und im Licht des Vollmonds wirkte es noch beeindruckender als am Tage.
Vermutlich, weil man nicht sofort erkennt, wie verfallen und verlassen es ist.
Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, als er an die Geschichten dachte, die Vanessa ihm zur Vergangenheit des alten Gemäuers erzählt hatte. Wenn nur die Hälfte davon der Wahrheit entsprach…
Er blieb stehen und blickte mit zusammengekniffenen Augen zum
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