Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)
das alles, obwohl sie nicht einmal offizielle Zuschüsse vonseiten der Ämter bekamen, sondern sich allein durch die Beiträge der Eltern sowie durch Spenden finanzierten.
Doch irgendwie hatten sie es geschafft, sich von Woche zu Woche, von Monat zu Monat und von Jahr zu Jahr durchzuschlagen. Und nun sollte all diese Mühe umsonst gewesen sein? Wegen eines Mannes, der sich einbildete, nur hierherkommen zu müssen, um Beringholm Slott in Besitz zu nehmen?
Nej
, korrigierte Lisbet sich in Gedanken. Er bildet es sich nicht nur ein – er kann es tatsächlich. Und die Verantwortung dafür trägt ausgerechnet Hilda!
Ganz gleich, wie Lisbet es auch drehte und wendete, sie verstand nicht, was ihre mütterliche Freundin zu dieser Entscheidung veranlasst haben mochte.
Als sie aus der Ferne ein Motorengeräusch vernahm, glaubte sie zunächst, dass Lars gekommen war. Doch dann erkannte sie das charakteristische Dröhnen von Motorrädern und blickte erschrocken auf.
Was sie sah, ließ sie erbleichen.
Sie
waren es: Die Motorradrowdys, die Hilda und ihr schon seit einer geraumen Weile das Leben schwer machten. Die Bande war in der ganzen Umgebung gefürchtet – doch seit einiger Zeit hatte sich Beringholm Slott zu ihrem bevorzugten Ziel entwickelt.
Seit Hildas Beerdigung waren diese Typen nicht mehr aufgetaucht, und Lisbet hatte schon gehofft, dass sie es endlich aufgegeben hatten, sie zu schikanieren.
Einer der Männer – sie konnte sein Gesicht nicht erkennen, weil er einen Helm mit schwarz getöntem Visier trug – entdeckte sie nun ebenfalls und bedeutete seinen Kumpanen mit einem Winken, ihm zu folgen.
Dann riss er seine Maschine herum und raste geradewegs auf Lisbet zu.
3. KAPITEL
H annes sah sich gerade in der Küche um, als er von draußen infernalischen Lärm und Hilfeschreie vernahm. Was zum Teufel ging da vor? Sofort ließ er alles stehen und liegen und stürmte ins Freie.
Suchend blickte er sich um. Der Schlosshof lag verlassen da, also musste der Lärm von außerhalb der Burgmauern stammen. Er folgte den Geräuschen durch das Brückentor – und blieb wie angewurzelt stehen. „Was zum Teufel …?“
Im ersten Moment traute er seinen Augen nicht und blinzelte irritiert. Doch an dem Bild änderte sich nichts: Da war Lisbet, umzingelt von sechs Bikern mit wendigen Maschinen. Gehetzt blickte sie hin und her, offensichtlich auf der Suche nach einer Möglichkeit zu fliehen. Doch es gab keine. Sie steckte fest wie ein Tier in der Falle, und die Rowdys ließen ihre Motoren aufheulen, um ihr noch zusätzlich Angst einzujagen.
Er musste etwas unternehmen – und zwar schnell!
Auf keinen Fall konnte er zulassen, dass diese sechs Verrückten Lisbet noch weiter in die Enge trieben. Er wollte nicht, dass ihr etwas passierte!
Hannes war bereits drauf und dran, ohne einen Plan oder auch nur den Hauch einer Idee loszustürmen, da fiel sein Blick auf das Gewehr, das noch immer vor dem Brückentor auf dem Boden lag.
Er unterzog die Flinte einer raschen Prüfung. Lisbet hatte die Wahrheit gesagt – es befand sich tatsächlich keine Kugel im Lauf. Er musste sich also darauf verlassen, dass das Gewehr in seiner Hand abschreckend genug wirken würde, um die Kerle zu vertreiben.
Hannes stürmte hinaus aufs freie Feld. Die Motorradgang bedrängte Lisbet noch immer. Dabei johlten, hupten und lärmten sie geradezu ohrenbetäubend.
„Sofort aufhören!“, brüllte Hannes und richtete die Waffe drohend auf die Biker.
Es dauerte einen Moment, ehe die Männer ihn bemerkten – doch dann ließen sie von Lisbet ab und wandten sich stattdessen ihm zu.
„Haut ab!“ Er legte auf den Motorradfahrer an, der ihm am nächsten war. „Ich meine es ernst: Wenn ihr nicht auf der Stelle die Frau in Ruhe lasst und verschwindet, werdet ihr es bereuen!“, rief er auf Schwedisch.
Einen Moment lang schienen die Männer unschlüssig, was sie tun sollten, es gab aufgeregtes Gemurmel – dann wurde ihnen die Sache wohl doch zu heiß, denn sie traten den Rückzug an.
Mit aufheulenden Motoren wendeten sie die Maschinen und jagten davon.
Erleichtert ließ Hannes das Gewehr sinken. Er war bis zuletzt nicht sicher gewesen, ob die Rowdys sich wirklich zurückziehen würden. Doch sein Bluff war geglückt. Nicht auszudenken, hätten die Männer seine Entschlossenheit auf die Probe gestellt!
Er lief zu Lisbet, die im Gras kauerte und weinte. „Alles in Ordnung?“, fragte er sanft. „Diese Verrückten haben Ihnen doch hoffentlich nicht
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