Das Schloss am See: Mittsommerherzen (German Edition)
Typ? Aleksandra hat mich vorhin ganz aufgeregt angerufen und gesagt, dass einer dieser verdammten Motorradrocker sich hier rumdrückt. Ich habe sofort alles stehen und liegen lassen und bin hergefahren. Ist das der Kerl?“
Lisbet schüttelte den Kopf. „
Nej
, Lars, das ist …“ Sie atmete tief durch. „Das ist Hannes Westenberg, und er ist der neue Besitzer von Beringholm Slott.“ Sie wandte sich an Hannes. „Lars Sjögren. Selma, seine Großmutter, war eine gute Freundin Ihrer Großtante.“
„Neuer Besitzer?“ Sjögren schüttelte verständnislos den Kopf. „Aber was soll denn das heißen? Ich dachte, Hilda hätte …“
„Hat sie aber nicht“, fiel Lisbet ihm ins Wort.
„Und das lässt du dir so einfach gefallen?“
„Ihr wird wohl kaum etwas anderes übrig bleiben“, mischte Hannes sich ein. „Beringholm Slott gehört mir, und ich kann damit tun und lassen, was ich will, ob Ihnen beiden das nun gefällt oder nicht! Aber Sie können mir ja gern ein Kaufangebot machen, wenn Ihnen das alte Gemäuer so viel bedeutet.“
Lisbet erbleichte. „Sie wollen verkaufen?“
„Natürlich. Was soll ich mit einem Schloss mitten in Schweden anfangen? Noch dazu in einer so gottverlassenen Gegend?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, nein, ich habe ein Hotel in Hamburg zu führen. Je schneller ich einen Käufer für Beringholm Slott finde, desto besser.“
„Ihnen ist aber klar, dass es etwas schwierig werden könnte, das Schloss unter den gegebenen Umständen zu verkaufen“, wandte Lisbet ein.
„Gegebene Umstände?“ Was führte sie jetzt wieder im Schilde? Diese Frau war anscheinend immer wieder für eine Überraschung gut – und Hannes ahnte, dass ihm diese nicht besonders gefallen würde. „Dürfte ich erfahren, wovon Sie sprechen?“
Lisbet atmete tief durch, dann sagte sie: „Nun, der potenzielle Käufer müsste damit einverstanden sein, dass ich mit meinen Tieren hierbleibe. Ich mag vielleicht nicht geerbt haben, aber Ihre Großtante hat mir die kostenlose Nutzung von Beringholm Slott auf Lebenszeit zugesagt. Ich hielt es damals für überflüssig, solch eine Vereinbarung zu treffen, doch Hilda bestand darauf. Und jetzt bin ich natürlich sehr froh darüber.“
„Tante Hilda hat – was?“ Ungläubig starrte Hannes sie an. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Doch es bestätigte im Grunde nur das, was er bereits geahnt hatte: Lisbet Carlsson hatte sich wie ein Parasit bei seiner Großtante eingenistet und geschickt dafür gesorgt, dass man sie auch nach deren Tod nicht ohne Weiteres vertreiben konnte.
Warum wunderte ihn das eigentlich? Sie hatte sich genauso verhalten, wie er es von einer Frau erwartete: selbstsüchtig, eigennützig und gierig. Er brauchte sich ja nur seine Stiefmutter Nadine anzusehen. Die setzte wirklich alles daran, ihn bei seinem Vater schlechtzumachen, um ihren eigenen Sohn Albert auf den Thron des Familienunternehmens zu hieven.
Unwillkürlich musste er wieder an Tobias denken. Und daran, unter welchen Umständen er ums Leben gekommen war: Bei hellem Sonnenschein und trockenem Wetter war er mit seinem Wagen ohne erkennbaren Grund von der Straße abgekommen.
Ein Unfall? Die Polizei vermutete, dass ein entgegenkommendes Fahrzeug Tobias geschnitten und zum Ausweichen gezwungen hatte. Ein Beweis, der diese Annahme bestätigte, wurde jedoch nie gefunden.
Niemand konnte also mit Sicherheit sagen, was an jenem Tag passiert war. Und so vermochte auch niemand, Hannes die quälenden Zweifel zu nehmen, die ihn seitdem begleiteten. Zweifel, ob er die Tragödie nicht hätte verhindern können, wenn er …
Nein!
Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, um über Vergangenes nachzudenken. Er hatte geschworen, seiner Stiefmutter und ihrem Sohn einen Strich durch die Rechnung zu machen. Und genauso würde er auch Lisbet in ihre Schranken weisen. Natürlich wusste er, worauf sie spekulierte: Beringholm Slott war eine fabelhafte Geldanlage für jeden Investor. Es ließ sich ohne große Umstände in ein exklusives Wellnesshotel oder Kursanatorium verwandeln. Die Grundsubstanz war vorhanden. Natürlich müsste man umfassende Umbau- und Instandsetzungsmaßnahmen vornehmen, doch die Kosten würden sich rasch amortisieren. Das Schloss war ein ungeschliffenes Juwel, das nur darauf wartete, dass jemand seinen Wert zu schätzen wusste.
Doch wenn Lisbet die Wahrheit sagte und dieser Vertrag mit seiner Großtante tatsächlich existierte, dann änderte das alles. Kein
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