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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Forschungen.«
    »Nein!« Sassner schüttelte den Kopf. »Wie kann ich mich unterhalten mit Menschen, die Uniformen tragen? Ich hasse Uniformen! Mit dem Anlegen der Uniform strömt das Gas der Dummheit in die Hirnfalten! Bisher hat das keiner erkannt … aber gestehen Sie es sich doch selbst ein: Die größten Dummheiten der Menschheit geschahen in der Uniform!«
    »Und wenn ich die Uniformen wegschicke?« fragte Quandt gepreßt.
    »Auch dann nicht. Ich kenne Sie nicht!« Sassner deutete auf den Rammbock, den die vier Polizisten noch immer in Bereitschaft hielten. »Sollten Sie den Versuch unternehmen, gewaltsam bei mir einzudringen, müßte ich einen Feuerring um mich legen. Das ist ganz einfach – es ist alles vorbereitet.«
    »Ich lasse über Funk die Feuerwehr rufen!« sagte der Oberkommissar hinter Ulrich Quandt.
    »Bis sie kommt, sind einige der im Haus befindlichen Opfer verbrannt. Ich muß versuchen, ihn gewaltlos zu überzeugen. Lassen Sie Ihre Leute abrücken, ziehen Sie sie aus seinem Blickfeld zurück, am besten bis in den Wald. Ich bleibe allein hier und spreche weiter mit ihm.«
    Mit verschleierten Augen beobachtete Gerd Sassner, wie die uniformierte Polizei abgezogen wurde. Zurück blieb der höfliche Zivilist, der einen zu hohen Blutdruck hatte, denn woher hatte er sonst seinen roten Kopf und seine Unruhe in den Händen?
    »Nun sind wir allein«, sagte Quandt, als die Polizisten im Wald in Deckung gegangen waren. »Zufrieden?«
    »Zum Teil. Darf ich fragen, wer Sie sind?«
    »Ulrich Quandt.«
    »Ein Wissenschaftler?«
    »Wie man es nimmt.«
    »Kein Arzt?«
    »Nein.«
    »Welche Fakultät?«
    »Ich vermindere das Unrecht.«
    »Sie armer Mensch!« Sassner lehnte sich gegen den eisernen Riegel. »Es gibt zwei Berufe auf dieser Welt, die mit ihrem Idealismus auf verlorenem Posten stehen: der Pfarrer und Sie! Wo gibt es noch Gläubige? Zeigen Sie mir einen! Die Kirchensteuer regelt den Glauben, das ist alles. Wo gibt es einen, der sich allein des Glaubens wegen totschlagen lassen würde, wie es die Märtyrer des Altertums taten? Bitte, kommen Sie mir nicht mit den neuen Blutzeugen Gottes! Sie waren echte Märtyrer, aber in den Augen der breiten Masse sind es Idioten! Das Leben ist so schön – da soll man wegen eines Bibelspruchs unter die Erde? Wirklich, ich bedaure die Pfarrer … sie predigen nicht gegen die Steine, sie predigen gegen Mist! Und ich bewundere sie, daß sie diesen menschlichen Gestank aushalten, einatmen und verdauen können. Und dann Sie, mein Bester. Kämpfer für Gerechtigkeit. Wo gibt es das? Wo – sagen Sie mir – liegt auf unserer Welt ein Rechtsstaat? Machen Sie sich die Mühe und sammeln Sie einmal die Plädoyers der Ankläger, der Verteidiger und die Urteilsbegründungen der Gerichte … nur einen Monat lang, in unserem Staat. Ein besseres Buch schwarzen Humors können Sie nicht finden! Das köstlichste Kapitel darin sind die politischen Prozesse. Aber das muß so sein … Politik ist Narrentum. Das Volk will es so. Früher, auf den Jahrmärkten, marschierte es den fröhlichen Sackpfeifern nach, heute den Wahlversprechungen der Parteien! Wohin man sieht und riecht: Betrug! Und da stehen Sie und wollen das Unrecht bekämpfen! Sie sind ein noch bedauernswerterer Mensch als der Pfarrer …«
    Sassner schwieg. Luise rührte sich und erwachte aus ihrer Bewußtlosigkeit. Ulrich Quandt stand wie gelähmt. Das soll ein Irrer sein, dachte er. Spricht so ein Wahnsinniger? Und doch war Sassner eine Bestie, hatte gemordet und verstümmelt. Was ging in diesem Gehirn vor? Es gab wohl keinen, der das jemals ergründen würde, auch Dorian nicht, dessen Skalpell dieses Monstrum geschaffen hatte.
    »Wir sollten uns in aller Ruhe bei einer Flasche Wein darüber unterhalten«, sagte Quandt heiser. »Lassen Sie mich ins Haus. Ich glaube, wir könnten recht amüsant miteinander diskutieren.«
    »Nein!« Sassners Stimme wurde scharf. Er verschwand kurz vom Fenster, dann schob er einen Körper vor sich her und drehte ihn um. Mit Entsetzen erkannte Ulrich Quandt Luise Sassner. Sie hing, noch halb betäubt, in Sassners Händen und sah aus dem Fenster.
    »Lassen Sie Ihre Frau los!« brüllte Quandt. Seine ganze Hilflosigkeit lag in diesem Schrei. Luise hob den Kopf. Der Ruf von draußen hatte sie völlig geweckt.
    »Sie …?« sagte sie schwach.
    »Wie geht es Ihnen?« rief Quandt zurück.
    »Gut!« Luise suchte Halt an der Zimmerwand. Die blonden Haare hingen ihr über die Augen, das Kleid war über

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