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Das Schloß der blauen Vögel

Das Schloß der blauen Vögel

Titel: Das Schloß der blauen Vögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fröhlichen, gelb-blau gestreiften Schlips um und gab Luise, die im Pyjama und Bademantel auf dem kleinen Balkon des Zimmers in der Morgensonne saß, einen Kuß auf die Schläfe. Professor Dorian hatte angerufen und Sassner zur ersten gründlichen Untersuchung zu sich bestellt.
    »Nun geht's los, Rehlein«, sagte Sassner. »Ich möchte die Gesichter fotografieren, wenn sie erkennen, daß ich völlig gesund bin!« Er sah auf seine Armbanduhr. Genau 10 Uhr. Mit ein paar langen Schritten ging er zur Wand und schlug mit der Faust dreimal gegen die Wand zum Nebenzimmer. »Der Kerl pennt noch immer«, sagte er dabei.
    Luise starrte ihn an. Ihr Gesicht war blaß und klein. Ein kindliches Jungmädchengesicht.
    »Wer?« fragte sie.
    »Aber Rehlein! Benno! Er hat doch Zimmer elf.« Sassner sah in den Spiegel, befeuchtete die Fingerspitzen mit Spucke und strich sich die Schläfenhaare glatt. Dann winkte er Luise noch einmal zu und verließ pfeifend das Zimmer.
    Professor Dorian begrüßte ihn im Untersuchungszimmer wie einen alten Freund. Dr. Keller hantierte im Hintergrund mit einigen Geräten. Eins von ihnen sah aus wie ein EKG … ein Papierstreifen mit Skaleneinteilung hing aus einem Schlitz. Dr. Keller verbeugte sich zu Sassner hin und lächelte ihm zu.
    »Dann wollen wir mal«, sagte Dorian und deutete auf eine bequeme Liege. Sie war mit Leder überzogen – sag' ich es nicht, dachte Sassner ein wenig sarkastisch, hier sind sogar die Gummizellen elegant – und stand unter einer starken Leuchte, die noch nicht eingeschaltet war. »Sie haben sich so fein gemacht wie ein Hochzeiter im Frühling.«
    »So fühle ich mich auch, Professor.«
    »Ich muß Ihre Balzfarben zerstören, mein Lieber. Machen Sie den Kragen auf, ziehen Sie den Schlips herunter und legen Sie den Rock ab. Und dann aufs Sofa …« Dorian schien sehr fröhlich zu sein, obschon es dafür gar keinen Anlaß gab. Im Gegenteil: Der Gorilla Johann hatte seit heute morgen sechs Uhr eine Hirnblutung. Dr. Kamphusen war bei ihm und machte eine Trepanation zur Ausräumung eines epiduralen Hämatoms. Johann war plötzlich wild geworden und mit dem Schädel gegen die Eisengitter gerannt. Er tobte und brüllte schauerlich, versuchte die dicken Eisenstäbe zu verbiegen und reagierte auch nicht mehr auf das Tonband mit der Klaviermusik, zu der er sonst gesungen hatte.
    Dr. Kamphusen narkotisierte ihn mit einem Schuß aus der Narkosepistole und stellte das Hämatom fest. Nun lag Johann auf dem Marmortisch, und sein Gehirn wurde zum drittenmal operiert.
    Im Untersuchungszimmer zog Sassner seinen Rock aus, nahm die Krawatte ab und öffnete den Hemdkragen. Dann legte er sich auf die lederne Liege und machte es sich, wie Dorian gesagt hatte, bequem.
    Dr. Keller ging zu den beiden Fenstern und zog die Vorhänge vor. Ein Halbdunkel ließ alle Konturen im Raum verschwimmen, es wirkte beruhigend. Sassner lachte Professor Dorian an, der vor ihm auf einem Stuhl Platz nahm.
    »Ich bin weder ein spleeniger Filmstar noch ein verklemmter Manager oder ein von Minderwertigkeitskomplexen geplagter Politiker«, sagte Sassner etwas belustigt. »Das dürften ja wohl die Kunden solcher psychoanalytischer Sitzungen sein? Aber wenn es Ihnen Spaß macht, Professor … fragen Sie!«
    »Ich weiß, Sie sind ein völlig normaler Mensch.« Dorian beugte sich vor. Dr. Keller kam mit einer Spritze, die Sassner ablehnend musterte.
    »Muß das sein? Ich habe eine Abneigung gegen Injektionen.«
    »Es muß sein, mein Lieber.«
    »Dann los.« Sassner hielt seinen Arm hin. Dr. Keller stach ein, Sassner spürte kaum den Einstich und wunderte sich, daß er nicht müde wurde wie nach der Spritze von Dr. Hannsmann. Er stellte nur ein interessantes Phänomen fest … die Augen Professor Dorians hatten plötzlich die Kraft, seinen Blick festzunageln. Wie zwei blaue, kalt leuchtende Sterne waren sie vor ihm.
    »Wie fühlen Sie sich?« fragte Dorian. Seine Stimme war sanft und einschmeichelnd. Es war Sassner, als spüre er körperlich, daß ein Ton streicheln kann.
    »Gut, Professor.«
    »Wir machen jetzt eine Entspannungsübung. Wir müssen ruhig, ganz ruhig werden. Und Sie müssen mithelfen, denn davon hängt alles ab. Entspannen Sie sich … sehen Sie mich an … ja, so ist es richtig … Ihre Arme und Beine sind völlig locker … alle Muskeln entkrampft … Sie liegen da und spüren es kaum … Sie sind fast schwerelos … Nun schließen Sie die Augen …«
    Die Stimme des Professors wurde monoton, einschläfernd

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