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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horace Walpole
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Herrn auf einer Kreuzfahrt begleitete, ein christliches Schiff den Corsaren überwand. Der Hauptmann, dem ich mich entdeckte, war so großmüthig, mich in Sicilien an Land zu setzen; aber ach! ich fand meinen Vater nicht. Sein Gut lag am Ufer des Meeres. Die nemlichen Räuber, die mich und meine Mutter wegführten, hatten es verwüstet; das Schloß war bis auf den Grund abgebrannt. Mein Vater verkaufte bey seiner Zurückkunft, was ihm übrig geblieben war, und begab sich in ein Kloster des Königreichs Neapel, in welches, konnte mir niemand nachweisen. Verlassen und freundlos, arm an Hofnung je das Entzücken einer väterlichen Umarmung zu genießen, ergrif ich die erste Gelegenheit, nach Neapel zu segeln. Von dorther wandert' ich, seit sechs Tagen in dieser Provinz, und nährte mich von meiner Hände Arbeit. Bis gestern Morgen glaubt' ich, der Himmel habe mir kein andres Loos beschieden, als Seelenruhe und Zufriedenheit in Armuth. Dies, gnädiger Herr, ist Theodors Geschichte. Ich bin über Hoffen gesegnet, daß ich meinen Vater finde; ich bin über Verdienst unglücklich, daß ich mir Ihrer Hoheit Mißfallen zugezogen. Er schwieg. Unter seinen Zuhörern erhob sich ein freundliches Geflüster des Beyfalls. Das ist nicht alles, sprach Friedrich. Meine Ehre befiehlt mir hinzu zu setzen, was er verschweigt. Seine Bescheidenheit fordert mich auf, gerecht zu seyn. Er ist einer der tapfersten jungen Männer, auf christlichem Grund und Boden. Er ist heftig; aber wie kurze Zeit ich ihn auch kenne, verbürg' ich seine Wahrhaftigkeit. Wäre das, was er erzählt, nicht wahr, er würd' es nicht sagen. Junger Mann, ich ehre diese Freimühigkeit, die Ihrer Geburt geziemt. Sie haben mich eben beleidigt: aber das edle Blut Ihrer Adern mag wohl aufsprudeln, wenn es so neulich erst seine Quelle entdeckt hat. Kommen Sie, mein Fürst, (er wandte sich gegen Manfred) kann ich ihm verzeihen, so mögen Sie es noch viel leichter. Es ist des Jünglings Schuld nicht, daß Sie ihn für ein Gespenst hielten. Dieser herbe Stich erbitterte Manfreds Seele. Vermögen, antwortete er hochherzig, Wesen aus einer andern Welt meine Sinnen mit Schauder zu erfüllen, so steht das in keines lebenden Mannes Macht. Mir würde des Knaben Arm – Mein Gemahl, unterbrach ihn Hippolite, Ihr Gast bedarf Erholung. Wollen wir ihn nicht seiner Ruhe überlassen? So sprach sie, ergrif Manfreds Hand, nahm Abschied von Friedrich, und führte die Gesellschaft fort. Dem Fürsten that es nicht leid, eine Unterredung abzubrechen, welche die Aeußerung seiner geheimsten Gefühle in Anregung brachte. Er ließ sich in sein Gemach zurückführen, und erlaubte Theodoren, seinem Vater ins Kloster zu folgen. Doch muste er versprechen, am nächsten Morgen zur Burg zurück zu kehren; und der junge Mann ließ sich diese Bedingung gern gefallen. Matilde und Isabelle waren mit ihren eignen Gedanken zu beschäftigt, zu wenig eine mit der andern zufrieden, als daß sie gewünscht haben solten, diesen Abend länger zusammen zu bleiben. Jede ging in ihr Zimmer. Sie schieden mit mehr Ausdrücken der Höflichkeit und weniger Zuneigung von einander, als seit ihrer Kindheit unter ihnen obgewaltet hatten.
    Waren sie ohne Herzlichkeit von einander gegangen, so suchten sie sich desto ungeduldiger auf, sobald der Morgen graute. Ihre Seelen befanden sich in einer Stimmung, die keinen Schlaf zuließ, und jeder fielen tausend Fragen ein, die sie der andern gern noch über Nacht vorgelegt hätte. Matilde überlegte, Theodor habe Isabellen zweymal aus einer so kritischen Lage gerettet, daß mehr als Zufall dabey obzuwalten scheine. Freilich waren seine Augen in Friedrichs Zimmer einzig auf Matilden gerichtet gewesen; aber das hatte er vielleicht gethan, um seinem und Isabellens Vater seine Neigung zu verbergen. Es wäre gut, das aufzuklären. Sie wünschte die Wahrheit zu erfahren, um ihrer Freundin kein Unrecht zu thun, und eine Leidenschaft gegen Isabellens Liebhaber zu nähren. So flüsterte Eifersucht ihr zu, und lieh eine Entschuldigung von der Freundschaft, um ihre Neugier zu rechtfertigen.
    Isabelle blieb nicht minder schlaflos. Ihr Argwohn war besser gegründet. Denn Theodors Zunge und Augen hatten ihr gesagt, sein Herz sey gefesselt. Aber vielleicht erwiederte Matilde seine Neigung nicht? Sie schien immer unempfindlich gegen die Liebe. Ihr Tichten und Trachten ging zum Himmel. Warum sprach ich ihr dagegen? fragte Isabelle sich selbst. Jetzt leid' ich für meine Großmuth. Aber wo fanden sie

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