Das Schloss von Otranto
Anmerkungen eines Bauern Sohns; er vergißt die Achtung, die er Ihnen schuldig ist; er war nie gewohnt – Hippolite bekümmert, daß sich Heftigkeit ins Spiel mische, mißbilligte Theodors Dreistigkeit, doch mit einem Blick, der seinem Eifer Gerechtigkeit wiederfahren ließ, und fragte Friedrich, um das Gespräch zu verändern, wo er ihren Gemahl verlassen habe? Der Markgraf wollte antworten, als man draussen ein Geräusch vernahm. Da man aufstand, nach der Ursache zu fragen, traten Manfred, Geronimo, und ein Theil des Gefolges, die von dem, was vorgegangen war, etwas unbestimmtes vernommen hatten, in das Zimmer. Manfred ging eilig auf Friedrichs Lager zu, sein Beyleid über dessen Unfall zu bezeugen, und sich nach den Umständen des Gefechtes zu erkundigen, fuhr aber mit einem Ausbruch des Schreckens und Entsetzens zurück, und rief: Wer bist du, fürchterliches Gespenst? Ist meine Stunde gekommen? – Theurester, gütigster Gemahl! schrie Hippolite, und schloß ihn in ihre Arme, was sehn Sie? Worauf starren Ihre Augen? – Wie? sprach Manfred athemlos, siehst du nichts, Hippolite? Ist dies scheußliche Schreckenbild mir allein gesendet? Warum mir? Ich habe dich nicht – Um Gottes Barmherzigkeit willen! sprach Hippolite. Besinnen Sie sich, mein Fürst! Fassen Sie sich! Hier ist niemand als wir, Ihre Freunde. Ist das nicht Alfonso? rief Manfred. Siehst du ihn nicht? Ist es ein bloßes Traumbild meines Gehirns? Dies, mein Gebieter? antwortete Hippolite. Dies ist Theodor. Der unglückliche Jüngling – Theodor! sprach Manfred traurend, und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Theodor oder eine Traumgestalt, er hat Manfreds Seele aus ihren Fugen gerissen. Wie kommt er hieher? Wer kleidete ihn in Waffen? Er ging, glaub' ich, Isabellen zu suchen, antwortete Hippolite. Isabellen! rief Manfred mit erneuerter Wuth. Ja, ja, daran ist kein Zweifel! Aber wie entrann er aus dem Gefängnisse, worin ich ihn zurückließ? Setzte Isabelle ihn in Freiheit, oder dieser alte pfäffische Heuchler? Ist ein Vater strafbar, gnädiger Herr, fragte Theodor, der sein Kind zu retten wünscht? Geronimo erstaunte, sich ohne Grund von seinem eignen Sohn gleichsam angeklagt zu hören, und wuste nicht was er denken sollte. Er konnte nicht begreifen wie Theodor entronnen, wie er bewafnet, und mit Friedrich zusammengekommen sey. Dennoch wollte er nicht wagen, nach dem zu fragen, was Manfreds Wuth gegen seinen Sohn vielleicht vermehren würde. Geronimo's Schweigen überzeugte Manfred, er habe Theodors Befreyung bewirkt. Alter undankbarer Mann! sprach er zu dem Mönch, lohnst du so meine Wohlthaten und Hippolitens? Ist es dir nicht genug, den innigsten Wunsch meines Herzens zu bestreiten? bewafnest du auch deinen Bastart, und bringst ihn in meine eigne Burg mir Hohn zu sprechen? Gnädiger Herr, sagte Theodor, Sie thun meinem Vater Unrecht. Weder er noch ich sind im Stande, einem Gedanken gegen Ihren Frieden Raum zu geben. Sprech' ich Ihrer Hoheit Hohn, wenn ich mich Ihr übergebe? fügte er hinzu, und legte sein Schwerd ehrfurchtsvoll zu Manfreds Füßen. Hier ist meine Brust, durchbohren Sie die, gnädiger Herr, wenn Sie glauben, daß ein rebellischer Gedanke darin wohnt. Mein Herz hegt keine andre Empfindung, als Verehrung gegen Sie und die Ihrigen. Der Anstand und das Feuer, mit denen Theodor diese Worte sprach, nahmen jeden Anwesenden zu seinem Vortheil ein. Selbst Manfred war gerührt; daß er aber Alfonso so ähnlich sah, mischte geheimes Grausen in seine Bewunderung. Steh auf, sprach er, ich verlange deinen Tod nicht, aber entdecke mir deine Geschichte, und wie du mit diesem verrätherischen Greise zusammenhängst. Gnädiger Herr, sprach Geronimo eifrig – Schweig, Betrüger! gebot ihm Manfred. Ihm soll nicht eingeblasen werden! Auch bedarf ich keines Beystandes, gnädiger Herr, sprach Theodor. Meine Geschichte ist sehr kurz. Ich war fünf Jahr alt, als Seeräuber meine Mutter und mich von der Küste Siciliens nach Algier entführten. Meine Mutter starb in weniger als Jahresfrist vor Gram. – Geronimo's Augen entstürzten Thränen, tausend marternde Gefühle standen auf seinem Gesicht. Ehe sie starb, fuhr Theodor fort, band sie einen pergamentenen Zettel um meinen bloßen Arm, welcher besagte, ich sey der Sohn des Grafen Falconara. – Es ist wahr! seufzte Geronimo. Ich bin der unglückliche Vater! – Kann ein Pfaff niemals schweigen? sagte Manfred. Weiter! Ich blieb in der Sclaverey, sprach Theodor; bis vor zwey Jahren, da ich meinen
Weitere Kostenlose Bücher