Das Schloss von Otranto
erleichtert. Er wandte also nicht viel gegen den Antrag ein, und stellte sich nur zum Schein, als könne er nicht zusagen, bis Hippolite ihre Beystimmung zur Ehescheidung gegeben habe. Dies nahm Manfred über sich. Entzückt über diesen glücklichen Erfolg, und ungeduldig, sich in den Fall zu setzen, wo er Söhne erwarten könne, eilte er in das Zimmer seiner Gemahlin, entschlossen, ihr Gefälligkeit abzudringen. Unwillig erfuhr er, sie sey ins Kloster gegangen. Sein Gewissen gab ihm ein, Isabelle habe sie wahrscheinlich von seinem Vorsatz unterrichtet. Es fiel ihm bey, sie möchte sich vielleicht ins Kloster begeben, um dort zu bleiben, bis sie ihrer Scheidung Hindernisse in den Weg legen könne. Geronimo war ihm immer verdächtig gewesen; daher besorgte er, der Klosterbruder werde nicht nur seinen Absichten widerstehn, sondern habe auch Hippoliten den Entschluß eingeflößt, sich an heilige Stäte zu verfügen. Ungeduldig, dies Räthsel zu lösen, und jenen Wirkungen entgegen zu arbeiten, eilte Manfred ins Kloster, und kam grade an, als der Mönch die Fürstin aufs eifrigste ermahnte, der Ehescheidung niemals Raum zu geben.
Was suchen Sie hier, Fürstin? sprach Manfred. Warum konnten Sie nicht warten, bis ich vom Markgrafen zurückkam? Ich ging hieher, versetzte Hippolite, Ihrer Hoheit Rathschlüssen Segen zu erflehen. Meine Rathschläge bedürfen keiner pfäffischen Vermittelung, sprach Manfred. Giebt es denn unter allen Menschenkindern keinen Vertrauten für Sie, als diesen grauen Verräther? Sie lästern, gnädiger Herr, sprach Geronimo. Sie treten zum Altar, um die Diener des Altars zu verhöhnen. Aber Manfreds ruchlose Plane liegen am Tage. Der Himmel kennt sie, und diese tugendhafte Fürstin. Zornige Blicke schrecken mich nicht, gnädiger Herr. Die Kirche verachtet Ihre Drohungen. Der Kirche Donner sprechen lauter als Manfreds Wuth. Wagen Sie es, Ihr verfluchtes Vorhaben der Ehescheidung weiter zu betreiben, bis der heilige Vater in Rom darüber entschieden hat, so werfe ich seinen Bannstrahl auf Ihr Haupt. Vermeßner Rebell! sprach Manfred, und gewann es über sich, den Schauder zu verbergen, womit ihn die Worte des ehrwürdigen Geistlichen erfüllten; darfst du dich erfrechen, deinen rechtmäßigen Fürsten zu bedrohn? Sie sind kein rechtmäßiger Fürst, sagte Geronimo, Sie sind kein Fürst! Gehn Sie, Ihre Ansprüche gegen den Markgrafen zu bewähren, und ist das geschehn, – Es ist geschehn, versetzte Manfred. Friedrich erwählt Matilden zur Gemahlin, und ist zufrieden, seine Ansprüche aufzugeben, wenn ich männliche Nachkommenschaft erhalte. – Da er diese Worte sprach, ließ die Bildsäule Alfonso's drey Tropfen Bluts aus ihrer Nase fallen. Manfred erblaßte. Die Fürstin sank auf ihre Knie. Sehn Sie, sprach der Mönch; erkennen Sie an diesem wunderbaren Zeichen, daß Alfonso's Blut sich mit dem Blute Manfreds nie vermischen will. O mein Gemahl, sprach Hippolite, lassen Sie uns dem Himmel unterworfen seyn. Nicht, daß Ihre immer gehorsame Gattin sich gegen Ihr Ansehn empört. Sie will nichts, als was Sie wollen und die Kirche. Dieser ehrwürdige Richterstuhl entscheide über uns. Wir dürfen ja die Bande, die uns vereinigen, nicht auflösen. Billigt die Kirche die Auflösung unsrer Ehe, so geschehe sie. Ich habe nur wenig kummervolle Jahre zu leben. Wo kann ich sie so gut verbringen, als am Fuß dieses Altars, als in Gebeten für Ihr Heil und Matildens? – Aber bis dahin dürfen Sie nicht hier bleiben, sagte Manfred. Folgen Sie mir in die Burg. Dort werd' ich an die gehörigen Mittel denken, eine Ehescheidung zu bewirken. Der pfäffische Zwischenträger kommt dort nicht hin! Mein gastfreyes Dach soll keinen Verräther beschützen. Und deiner Wohlehrwürden Sprößling, fuhr er fort, verbann' ich aus meinen Landen. Er ist, meyn' ich doch, keine heilige Person, und steht nicht unter dem Schutz der Kirche. Wer auch Isabellens Gemahl wird, es ist nie der Sohn, der dem Bruder Falconara über Nacht aufgeschossen ist. Die sind über Nacht aufgeschossen, antwortete der Mönch, die man unversehens auf dem Sitze rechtmäßiger Fürsten gewahr wird; aber sie verwelken, wie eine Blume auf dem Felde, und ihre Stäte kennet sie nicht mehr. Manfred warf einen verächtlichen Blick auf den Klosterbruder, und führte Hippoliten hinaus; aber an der Kirchthüre raunte er einem seiner Diener ins Ohr, sich in der Nachbarschaft des Klosters zu verstecken, und ihm augenblicklich Nachricht zu bringen, wenn jemand aus der
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