Das Schloß
wollte und konnte Pepi nicht nachahmen und darum war es berechtigt, daß sie sich so schmückte, um sich ganz zur Geltung zu bringen, gar am Beginn. Hätte sie es nur mit stärkern Mitteln tun können, sie wäre trotz aller Schlauheit Friedas, trotz aller Torheit K.’s, Siegerin geblieben. Es fing ja auch sehr gut an. Die paar Handgriffe und Kenntnisse die nötig waren, hatte sie schon vorher in Erfahrung gebracht. Kaum war sie im Ausschank, war sie dort schon eingelebt. Niemand vermißte bei der Arbeit Frieda. Erst am zweiten Tag erkundigten sich manche Gäste, wo denn eigentlich Frieda sei. Es geschah kein Fehler, der Wirt war zufrieden, den ersten Tag war er in seiner Angst immerfort im Ausschank gewesen, später kam er nur noch hie und da, schließlich überließ er, da die Kassa stimmte – die Eingänge waren durchschnittlich sogar etwas größer als zu Friedas Zeit – Pepi schon alles. Sie führte Neuerungen ein. Frieda hatte, nicht aus Fleiß, sondern aus Geiz, aus Herrschsucht, aus Angst, jemandem etwas von ihren Rechten abzutreten, auch die Knechte, zum Teil wenigstens, besonders wenn jemand zusah, beaufsichtigt; Pepi dagegen wies diese Arbeit völlig den Kellerburschen zu, die dafür ja auch viel besser taugen. Dadurch erübrigte sie mehr Zeit für die Herrenzimmer, die Gäste wurden schnell bedient, trotzdem konnte sie mit jedem noch paar Worte sprechen, nicht wie Frieda, die sich angeblich gänzlich für Klamm aufbewahrte und jedes Wort, jede Annäherung eines andern als eine Kränkung Klamms ansah. Das war freilich auch klug, denn wenn sie einmal jemanden an sich heranließ war es eine unerhörte Gunst. Pepi aber haßt solche Künste, auch sind sie am Anfang nicht brauchbar. Pepi war zu jedem freundlich und jeder vergalt es ihr mit Freundlichkeit. Alle waren sichtlich froh über die Änderung; wenn sich die abgearbeiteten Herren endlich für ein Weilchen zum Bier setzen dürfen, kann man sie durch ein Wort, durch einen Blick, durch ein Zucken der Achseln förmlich verwandeln. So eifrig fuhren alle Hände durch Pepis Locken, daß sie wohl zehnmal im Tag ihre Frisur erneuern mußte, der Verführung dieser Locken und Maschen widersteht keiner, nicht einmal der sonst so gedankenlose K. So verflogen aufregende, arbeitsvolle aber erfolgreiche Tage. Wären sie nicht so schnell verflogen, wären ihrer doch ein wenig mehr gewesen! Vier Tage sind zu wenig, wenn man sich auch bis zur Erschöpfung anstrengt, vielleicht hätte schon der fünfte Tag genügt, aber vier Tage waren zu wenig. Pepi hatte zwar schon in vier Tagen Gönner und Freunde erworben, hätte sie allen Blicken trauen dürfen, schwamm sie ja, wenn sie mit den Bierkrügen daher kam, in einem Meer von Freundschaft, ein Schreiber namens Bratmeier ist vernarrt in sie, hat ihr dieses Kettchen und Anhängsel verehrt und in das Anhängsel sein Bild gegeben, was allerdings eine Keckheit war – dieses und anderes war geschehn, aber es waren doch nur vier Tage, in vier Tagen kann, wenn Pepi sich dafür einsetzt, Frieda fast, aber doch nicht ganz vergessen werden, und sie wäre doch vergessen worden, vielleicht noch früher, hätte sie nicht vorsorglich durch ihren großen Skandal sich im Mund der Leute erhalten, sie war den Leuten dadurch neu geworden, nur aus Neugierde hätten sie sie gerne wieder gesehn; was ihnen öde bis zum Überdruß geworden war, hatte durch des sonst gänzlich gleichgültigen K. Verdienst wieder einen Reiz für sie, Pepi hätten sie dafür freilich nicht hingegeben, solange sie dastand und durch ihre Gegenwart wirkte, aber es sind meist ältere Herren, schwerfällig in ihren Gewohnheiten, ehe sie sich an ein neues Ausschankmädchen gewöhnen, dauert es, und sei der Tausch noch so vorteilhaft doch paar Tage, gegen den eigenen Willen der Herren dauert es paar Tage, vielleicht nur fünf Tage, aber vier reichen nicht aus, Pepi galt trotz allem noch immer nur als die Provisorische. Und dann das vielleicht größte Unglück, in diesen vier Tagen kam Klamm, trotzdem er während der ersten zwei Tage im Dorfe war, in das Gastzimmer nicht herunter. Wäre er gekommen, das wäre Pepis entscheidende Erprobung gewesen, eine Erprobung übrigens die sie am wenigsten fürchtete, auf die sie sich eher freute. Sie wäre – an solche Dinge rührt man freilich am besten gar nicht mit Worten – Klamms Geliebte nicht geworden und hätte sich auch nicht zu einer solchen hinaufgelogen, aber sie hätte zumindest so nett wie Frieda das Bierglas auf
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