Das Schloß
es also nicht ablehnen sollen?« fragte K. »Nein«, sagte der Wirt, »das hätten Sie nicht tun sollen.« Da K. schwieg, fügte er hinzu, sei es um K. zu trösten, sei es um schneller fortzukommen: »Nun, nun, es muß aber deshalb nicht gleich Schwefel vom Himmel regnen.« »Nein«, sagte K., »danach sieht das Wetter nicht aus.« Und sie gingen lachend auseinander.
10 Auf der Straße
K. trat auf die wild umwehte Freitreppe hinaus und blickte in die Finsternis. Ein böses, böses Wetter. Irgendwie im Zusammenhang damit fiel ihm ein, wie sich die Wirtin bemüht hatte ihn dem Protokoll gefügig zu machen, wie er aber standgehalten hatte. Es war freilich keine offene Bemühung, im Geheimen hatte sie ihn gleichzeitig vom Protokoll fortgezerrt, schließlich wußte man nicht ob man standgehalten oder nachgegeben hatte. Eine intrigante Natur, scheinbar sinnlos arbeitend wie der Wind, nach fernen fremden Aufträgen, in die man nie Einsicht bekam.
Kaum hatte er paar Schritte auf der Landstraße gemacht, als er in der Ferne zwei schwankende Lichter sah; dieses Zeichen des Lebens freute ihn und er eilte auf sie zu, die ihm auch ihrerseits entgegenschwebten. Er wußte nicht warum er so sehr enttäuscht war, als er die Gehilfen erkannte, sie kamen doch ihm entgegen, wahrscheinlich von Frieda geschickt, und die Laternen, die ihn von der Finsternis befreiten, in der es ringsum gegen ihn lärmte, waren wohl sein Eigentum, trotzdem war er enttäuscht, er hatte Fremde erwartet, nicht diese alten Bekannten, die ihm eine Last waren. Aber es waren nicht nur die Gehilfen, aus dem Dunkel zwischen ihnen trat Barnabas hervor. »Barnabas«, rief K. und streckte ihm die Hand entgegen, »kommst Du zu mir?« Die Überraschung des Wiedersehns machte zunächst allen Ärger vergessen, den Barnabas K. einmal verursacht hatte. »Zu Dir«, sagte Barnabas unverändert freundlich wie einst, »mit einem Brief von Klamm.« »Ein Brief von Klamm!« sagte K. den Kopf zurückwerfend und nahm ihn eilig aus des Barnabas Hand. »Leuchtet!« sagte er zu den Gehilfen die sich rechts und links eng an ihn drückten und die Laternen hoben. K. mußte den großen Briefbogen zum Lesen ganz klein zusammenfalten, um ihn vor dem Wind zu schützen. Dann las er: »Dem Landvermesser im Brückenhof! Die landvermesserischen Arbeiten, die Sie bisher ausgeführt haben, finden meine Anerkennung. Auch die Arbeiten der Gehilfen sind lobenswert; Sie wissen sie gut zu Arbeit anzuhalten. Lassen Sie nicht nach in Ihrem Eifer! Führen Sie die Arbeiten zu einem guten Ende! Eine Unterbrechung würde mich erbittern. Im übrigen seien Sie getrost, die Entlohnungsfrage wird nächstens entschieden werden. Ich behalte Sie im Auge.« K. sah vom Brief erst auf, als die viel langsamer als er lesenden Gehilfen zur Feier der guten Nachrichten dreimal laut Hurra riefen und die Laternen schwenkten. »Seid ruhig«, sagte er und zu Barnabas: »Es ist ein Mißverständnis.« Barnabas verstand ihn nicht. »Es ist ein Mißverständnis«, wiederholte K. und die Müdigkeit des Nachmittags kam wieder, der Weg ins Schulhaus schien ihm noch so weit und hinter Barnabas stand dessen ganze Familie auf und die Gehilfen drückten sich noch immer an ihn, so daß er sie mit dem Elbogen wegstieß; wie hatte Frieda sie ihm entgegenschicken können, da er doch befohlen hatte, sie sollten bei ihr bleiben. Den Nachhauseweg hätte er auch allein gefunden und leichter allein als in dieser Gesellschaft. Nun hatte überdies der eine ein Tuch um den Hals geschlungen, dessen freie Enden im Wind flatterten und einigemal gegen das Gesicht K.’s geschlagen hatten, der andere Gehilfe hatte allerdings immer gleich das Tuch von K.’s Gesicht mit seinen langen spitzen immerfort spielenden Fingern weggenommen, damit aber die Sache nicht besser gemacht. Beide schienen sogar an dem Hin und Her Gefallen gefunden zu haben, wie sie überhaupt der Wind und die Unruhe der Nacht begeisterte. »Fort!« schrie K., »wenn Ihr mir schon entgegengekommen seid, warum habt Ihr nicht meinen Stock mitgebracht? Womit soll ich Euch denn nachhause treiben?« Sie duckten sich hinter Barnabas, aber so verängstigt waren sie nicht, daß sie nicht doch ihre Laternen rechts und links auf die Achseln ihres Beschützers gestellt hätten, er schüttelte sie freilich gleich ab. »Barnabas«, sagte K. und es legte sich ihm schwer aufs Herz, daß ihn Barnabas sichtlich nicht verstand, daß in ruhigen Zeiten seine Jacke schön glänzte, wenn es aber Ernst
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