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Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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täuschen, selbst wenn Du Dich anstrengen würdest, Deine Absichten zu verbergen. ‚Aber er verbirgt ja nichts›, das sagte sie immer wieder und dann sagte sie noch: ‚Streng Dich doch an, ihm bei beliebiger Gelegenheit wirklich zuzuhören, nicht nur oberflächlich, nein wirklich zuzuhören.› Nichts weiter als dieses habe sie getan und dabei hinsichtlich meiner folgendes etwa herausgehört: Du hast Dich an mich herangemacht – sie gebrauchte dieses schmähliche Wort – nur deshalb, weil ich Dir zufällig in den Weg kam, Dir nicht gerade mißfiel und weil Du ein Ausschankmädchen, sehr irriger Weise, für das vorbestimmte Opfer jedes die Hand ausstreckenden Gastes hältst. Außerdem wolltest Du, wie die Wirtin vom Herrenhofwirt erfahren hat, aus irgendwelchen Gründen damals im Herrenhof übernachten und das war allerdings überhaupt nicht anders als durch mich zu erlangen. Das alles wäre nun genügender Anlaß gewesen Dich zu meinem Liebhaber für jene Nacht zu machen, damit aber mehr daraus wurde brauchte es auch mehr und dieses Mehr war Klamm. Die Wirtin behauptet nicht, zu wissen was Du von Klamm willst, sie behauptet nur, daß Du, ehe Du mich kanntest ebenso heftig zu Klamm strebtest wie nachher. Der Unterschied habe nur darin bestanden daß Du früher hoffnungslos warst, jetzt aber in mir ein zuverlässiges Mittel zu haben glaubtest, wirklich und bald und sogar mit Überlegenheit zu Klamm vorzudringen. Wie erschrak ich – aber das war nur erst flüchtig, ohne tieferen Grund – als Du heute einmal sagtest, ehe Du mich kanntest, wärest Du hier in die Irre gegangen. Es sind vielleicht die gleichen Worte, welche die Wirtin gebrauchte, auch sie sagt, daß Du erst seitdem Du mich kanntest zielbewußt geworden bist. Das sei daher gekommen, daß Du glaubtest in mir eine Geliebte Klamms erobert zu haben und dadurch ein Pfand zu besitzen, das nur zum höchsten Preise ausgelöst werden könne. Über diesen Preis mit Klamm zu verhandeln sei Dein einziges Streben. Da Dir an mir nichts, am Preise alles liege, seist Du hinsichtlich meiner zu jedem Entgegenkommen bereit, hinsichtlich des Preises hartnäckig. Deshalb ist es Dir gleichgültig, daß ich die Stelle im Herrenhof verliere, gleichgiltig, daß ich auch den Brückenhof verlassen muß, gleichgültig, daß ich die schwere Schuldienerarbeit werde leisten müssen, Du hast keine Zärtlichkeit, ja nicht einmal Zeit mehr für mich, Du überläßt mich den Gehilfen, Eifersucht kennst Du nicht, mein einziger Wert für Dich ist, daß ich Klamms Geliebte war, in Deiner Unwissenheit strengst Du Dich an, mich Klamm nicht vergessen zu lassen, damit ich am Ende nicht zu sehr widerstrebe, wenn der entscheidende Zeitpunkt gekommen ist, dennoch kämpfst Du auch gegen die Wirtin, der allein Du es zutraust, daß sie mich Dir entreißen könnte, darum treibst Du den Streit mit ihr auf die Spitze, um den Brückenhof mit mir verlassen zu müssen; daß ich, soweit es nur an mir liegt, unter allen Umständen Dein Besitz bin, daran zweifelst Du nicht. Die Unterredung mit Klamm stellst Du Dir als ein Geschäft vor, baar gegen baar. Du rechnest mit allen Möglichkeiten; vorausgesetzt daß Du den Preis erreichst, bist Du bereit alles zu tun; will mich Klamm, wirst Du mich ihm geben, will er daß Du bei mir bleibst, wirst Du bleiben, will er daß Du mich verstößt, wirst Du mich verstoßen, aber Du bist auch bereit Komödie zu spielen, wird es vorteilhaft sein, so wirst Du vorgeben mich zu lieben, seine Gleichgültigkeit wirst Du dadurch zu bekämpfen suchen, daß Du Deine Nichtigkeit hervorhebst und ihn durch die Tatsache Deiner Nachfolgerschaft beschämst, oder daß Du meine Liebesgeständnisse hinsichtlich seiner Person, die ich ja wirklich gemacht habe, ihm übermittelst und ihn bittest, er möge mich wieder aufnehmen, unter Zahlung des Preises allerdings; und hilft nichts anderes, dann wirst Du im Namen des Ehepaares K. einfach betteln. Wenn Du aber dann, so schloß die Wirtin, sehen wirst, daß Du Dich in allem getäuscht hast, in Deinen Annahmen und in Deinen Hoffnungen, in Deiner Vorstellung von Klamm und seinen Beziehungen zu mir, dann wird meine Hölle beginnen, denn dann werde ich erst recht Dein einziger Besitz sein, auf den Du angewiesen bleibst, aber zugleich ein Besitz, der sich als wertlos erwiesen hat und den Du entsprechend behandeln wirst, da Du kein anderes Gefühl für mich hast als das des Besitzers.«
    Gespannt, mit zusammengezogenem Mund hatte K. zugehört,

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