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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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es kostete sie Mühe, ihren Teil zur Unterhaltung beizusteuern – ihre Tage bestanden aus wiederholten kurzen Schlafphasen, Essen, Stillen und Windelwechseln, und daraus ergab sich nicht allzu viel Stoff für Anekdoten oder witzige Beobachtungen. Sie konnte ihn nach Sachen fragen, die sie in der Zeitung gelesen hatte – hatte er von dem Feuer in der Eisfabrik gehört? Glaubte er auch, dass es fünfundzwanzigtausend Dollar kosten würde, eine neue zu bauen? Hatte er gehört, dass Henry Ford ein Automobil entwickelt hatte, dass über neunzig Meilen die Stunde fuhr? Sie wählte diese Themen im Voraus, um nicht zu dumm und desinteressiert zu wirken, aber wenn Alan dann versuchte, mit ihr darüber zu sprechen, fiel es ihr schwer, sich zu konzentrieren. Selbst wenn die Tür oben geschlossen war, hörte sie manchmal einen oder beide Jungs schreien, und das Vorderteil ihres Kleides war nass von Milch und sie konnte Alan nicht einmal mehr hören.
    Er tat ihr leid. Vor der Geburt der Zwillinge waren sie zusammen auf Partys und Tanzveranstaltungen gegangen. Jetzt fühlte sie sich wie ein wandelnder Schandfleck: ihr Körper immer noch zu unförmig, um sich in ein Korsett quetschen zu lassen, ihre Brüste groß und schwer von Milch. Und eigentlich wollte sie nicht lange von den Zwillingen getrennt sein. Aber Gäste zum Dinner einzuladen schien auch zu anstrengend – und peinlich, da sie nach wie vor erschöpft und potenziell leck war. Sie fühlte sich nur wohl, wenn Alans Familie zu Besuch kam, in deren Augen sie anscheinend nichts falsch machen konnte.
    Alan fand es lächerlich, wenn sie sich bei ihm entschuldigte, und sagte, dass es dafür keinen Grund gab. Natürlich brauchte sie Zeit, um sich zu erholen.
    »Du wärst fast gestorben«, erinnerte er sie und nahm einen Bissen von seinem glasierten Pfannkuchen, einem Lieblingsdessert von Helgi. »Und ich bin wirklich nicht unzufrieden. Wir sind seit einem Jahr verheiratet und haben zwei gesunde Söhne. Du bist ihnen eine fabelhafte Mutter.« Er lächelte sie an. »Ich habe keinen Grund zur Klage.«
    Sie schnitt ihren Pfannkuchen an und blickte zu Alan. Er war immer noch für das Gericht gekleidet und trug sogar sein Sakko, obwohl er seine Krawatte abgenommen und den obersten Hemdknopf aufgemacht hatte. Seine Haut schimmerte im Licht der Tischkerzen. Ihr Blick wanderte zu seinen Händen.
    »Danke«, sagte sie. »Aber ich wollte dir sagen …« Sie schluckte und sah auf ihren Teller. »Ich wollte dir sagen, dass ich mich schon darauf freue, wenn ich mich vollständig erholt habe und dir wieder eine richtige Ehefrau sein kann.«
    So. Sie hatte es gesagt, in so schlichten Worten wie nur möglich. Sie wusste nicht, was sie sonst tun sollte. Seit sie ihm erzählt hatte, dass sie schwanger war, war er nicht mehr in ihr Bett gekommen. Sie hatte angenommen, dass das allgemein üblich war und dass es dem Kind in irgendeiner Weise schaden könnte, wenn es während der Schwangerschaft zu Intimitäten kam, und es dem Arzt peinlich gewesen war, sie darauf aufmerksam zu machen. Und Alan, rücksichtsvoll, wie er war, dachte vielleicht, dass sie immer noch zu müde oder angegriffen war. Aber als sie ihn jetzt im Kerzenlicht betrachtete, wäre sie, obwohl Helgi noch in der Küche aufräumte, am liebsten zu ihm gegangen, um sich auf seinen Schoß zu setzen und ihre Arme um seine breiten Schultern zu legen und ihre Nase an seinen Hals zu drücken und den Pfefferminzduft und den Geruch warmer Haut einzuatmen. Sie wollte nicht, dass er ewig Rücksicht nahm.
    Sie hörte, wie er seinen Löffel hinlegte. Als sie aufblickte, war sein Lächeln wie weggewischt. Er wandte sich zu ihr, sodass seine Knie unter dem Tisch ihre streiften.
    »Cora«, sagte er und langte über die Tischkante, um ihre Hand zu nehmen. »Ich fürchte, ich habe dir etwas zu sagen.«
    Sie hielt den Atem an. Seine Hand lag warm an ihrer.
    »Wir können keine Kinder mehr bekommen. Zumindest sollten wir es nicht. Ich wollte es dir nicht sagen, solange es dir noch nicht gut geht, aber was der Arzt gesagt hat, war eindeutig.« Er starrte sie an. »Was bei der Geburt der Zwillinge passiert ist, könnte durchaus wieder passieren, und er kann nicht dafür garantieren, dass du noch einmal Glück hast.«
    Sie sah in die Kerzenflamme. Er sagte ihr nichts, was sie nicht schon selbst vermutet hatte. Aber sie hatte den Gedanken verdrängt – sie hatte immer von einer großen Familie mit Alan geträumt, als Wiedergutmachung für die Jahre des

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