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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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der Rückkehr der Spitzhacke. »Wir verlieren sie«, sagte der Arzt leise, aber sie hörte es, und trotzdem wollte sie sich einfach nur ausruhen, nicht mehr kämpfen müssen, dem Lauf der Natur folgen und ihren Kopf aufs Getreide betten. Aber Hände packten sie und rüttelten sie wach. »Atme das Gift nicht ein«, sagte Mutter Kaufmann. »Cora? Liebes? Du kannst es nicht sehen oder riechen, aber es wird dich töten.« Sie waren beide bei ihr, packten sie mit ihren Händen und schüttelten sie, obwohl sie sie nicht sehen konnte, nicht einmal, als sie sie zur Leiter des Silos schubsten und zerrten. »Weiter!«, sagte Mr. Kaufmann und versetzte ihr einen nicht allzu sanften Schubs. »Los, geh schon!« Sie konnte nicht umkehren. Sie musste weiter nach oben schauen, auf den blauen Himmel über dem Silo, und danach langen. Sie konnte hören, wie die beiden sie drängten, die glitschigen Sprossen der Leiter hinaufzusteigen, immer weiter, und die glückliche Frau und sehr gute Mutter zu werden, die sie bestimmt sein würde.
    Sie hatten bereits eine ältere Schwedin, die an den Waschtagen half, aber nach der Geburt der Zwillinge bat Alan Helgi, jeden Tag zu kommen, um auch die Hausarbeit und das Kochen zu übernehmen. Daher verbrachte Cora auf Anraten ihres Arztes die ersten Monate ihrer Mutterschaft im Bett, um sich zu erholen, auf jeder Seite ein Stubenwagen in Reichweite fürs Stillen. Trotz Coras anhaltend geschwächtem Zustand hatte Alans Mutter sich entschieden gegen eine Amme ausgesprochen, weil die meisten Ammen ledige Mütter und Immigrantinnen waren, wie sie sagte, und niemand sagen konnte, welche nicht erkennbaren Schäden oder Untugenden Babys mitsamt der Milch aufnahmen. Wenn die ältere Mrs. Carlisle Dinge wie diese sagte, fragte Cora sich, ob sie Coras eigene anrüchige Herkunft schlicht und einfach vergessen hatte. Ihre Schwiegermutter war immer nett und erwähnte nie, dass Cora möglicherweise selbst ein uneheliches Kind war. Aber Cora wusste, dass sie den Gedanken im Hinterkopf hatte.
    Deshalb bemühte sich Cora, bevor sie sich genügend erholt hatte, um wieder Treppen steigen zu können, zu beweisen, dass sie nicht nur ausreichend, sondern hervorragend geeignet war, ihre gierigen Jungs zu füttern, die es beide ein wenig übel zu nehmen schienen, dass sie vorzeitig aus dem Schoß ihrer Mutter vertrieben worden waren, und so dünn und ausgehungert waren. Sie sang ihnen Black Is the Color of My True Love’s Hair vor und bewunderte Howards helles Haar und festen Griff und dass Earle mit seinen ernsten Augen Alan schon jetzt ähnelte. Zwillinge. Eine Überraschung, aber eine, die sie zum Lachen brachte, sei es auch nur vor Erschöpfung. In Alans Familie gab es keine Zwillinge. Vielleicht gab es auf ihrer Seite welche.
    Alan übernahm das Einkaufen. Fast jeden Tag ging er auf dem Heimweg von der Arbeit zum Lebensmittelladen und zum Bäcker und zum Gemüsestand und kaufte, was Helgi für die Gerichte, auf die Cora Appetit hatte, brauchte. Er brachte regelmäßig Kalbsleber mit, die laut Arzt ihr Blut erneuern und ihre Eisenwerte erhöhen sollte, obwohl Cora sie nicht besonders gern aß. Er kaufte ihr Romane und bastelte einen kleinen Bücherständer, damit sie beim Stillen lesen konnte. Das Grammofon wurde nach oben geschleppt und neben ihr Bett gestellt, und Alan kaufte Schallplatten, von denen er annahm, dass sie ihr und den Babys gefallen könnten. Abends brachte er ihr das Essen nach oben und setzte sich mit ihr an den Tisch in der Ecke des Zimmers und hielt beide Jungs, damit sie in Ruhe essen konnte. Die Vaterschaft tat ihm gut. Er wirkte so glücklich, wenn er strahlend die kleinen Gesichter der Jungs betrachtete, oder, wenn einer oder beide zu schreien anfingen, mit ihnen im Zimmer herumging und ihnen mit seiner tiefen, geduldigen Stimme versicherte, dass alles gut werden würde, dass ihre Mutter viel durchgemacht hätte und sie ihr ein wenig Ruhe gönnen sollten.
    Sowie sie imstande war aufzustehen und nach unten zu gehen, ohne dass ihr schwindelig wurde, aßen sie und Alan wieder im Esszimmer und ließen die Zwillinge oben schlafen, wobei die schwere Tür zu Coras Zimmer für diese halbe Stunde geschlossen blieb, damit sie, wie Alan sagte, nicht hörte, wenn einer von ihnen aufwachte und anfing zu schreien. Cora fand es schön, dass er auf diese ungestörte Zeit zu zweit bestand und dass er immer versuchte, sie mit Anekdoten über streitende Sekretärinnen und angriffslustige Richter zu erheitern. Aber

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