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Das schoenste Maedchen der Welt

Das schoenste Maedchen der Welt

Titel: Das schoenste Maedchen der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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Christine.
    „Selbstverständlich.“
    Christine machte vor ihr einen Knicks, was ich noch nie bei ihr gesehen hatte, und küßte die Hand des hageren Fräuleins.
    „Aber Fräulein Christine!“ sagte das Fräulein und wurde ordentlich rot dabei, „was fällt Ihnen denn ein?“
    „Ich bin ja so froh! Ihr Mittel gegen Schnupfen —“
    „Hat es doch noch geholfen?“
    „Ja“, schwindelte Christine.
    Das hagere Fräulein schloß sie gerührt in die Arme.
    „Ich wußte es ja! Meine Mittel stammen von meiner Mutter und helfen stets. Kommen Sie nur immer zu mir, wenn Sie etwas auf dem Herzen haben!“
    Ich begleitete Christine zu ihren zukünftigen Schwiegereltern, die ich gut kannte.
    „Guten Tag, Justus!“
    Christine reichte ihm die Hand.
    Ich war damit nicht einverstanden.
    „Dein Versprechen, Christine!“
    Christine errötete. Es stand ihr herrlich.
    „Aber Onkel Hanns! Doch nicht ihn!“
    „Ihn vor allen!“
    „Ich habe ihn noch nie geküßt.“
    „Dann wird es höchste Zeit!“
    Justus wußte nicht, wie ihm geschah.
    Es schien ihm gut zu munden.
    Christine verweilte länger, als es mir bei der offenen Tür für meine Gesundheit zuträglich war.
    In dieser Minute erschien die Mutter.
    „Justus!“ rief sie erschrocken.
    Ehe sie weitersprechen konnte, hing Christine an ihrem Hals.
    „Ich bin ja so glücklich — so glücklich!“ jubelte sie.
    „Und ich hatte keine Ahnung —“
    „Sind Sie mir sehr böse, Frau —“
    „Sag ruhig Mutter, Christine“, antwortete die Mutter gerührt und holte ein Taschentuch hervor. Mütter müssen nun einmal weinen, wenn sie glücklich sind.

    *

    Als ich mit Christine in der Dämmerung heimging, drückte sie mir dankbar die Hand. Ich wehrte ab. Ich kam mir wieder einmal unsagbar alt vor. Und sehr mit der Würde des Onkels belastet.
    „Schon gut, Christine, schon gut!“
    Es klang abweisender, als ich wollte.
    Christine blieb stehen.
    „Jetzt sind alle nett zu mir, Onkel Hanns, nur du nicht!“
    Ich wischte mir den Reif aus dem Bart.
    „Mich hast du ja auch noch nicht geküßt“, sagte ich.

Schellfisch

    Eine Einladung ist ein Geschenk des Geschickes. So dachte auch Dill, als er eines Tages Drollig traf. Er traf ihn gegen die Mittagsstunde.
    „Was gibt es denn heute bei euch zu Mittag?“ fragte er.
    Drollig dachte nach.
    „Heute? Welcher Tag ist heute?“
    „Mittwoch.“
    „Mittwoch gibt es Schellfisch.“
    „Schellfisch!“
    Dill jauchzte dies in höchster Seligkeit.
    „Schellfisch! Schellfisch! Schellfisch esse ich für mein Leben gern!“
    „Meine Frau macht jeden Mittwoch Schellfisch.“
    „Wie ich dich beneide!“
    „Warum?“
    „Schellfisch! Schellfisch!“

    *

    Drollig blieb nichts anderes übrig, als Dill einzuladen, zum Mittagessen zu seiner Frau zum Schellfisch mitzukommen. Der Schellfisch kam auf den Tisch. Es war ein herrlicher Vierpfünder, weiß wie Schnee und mürbe wie frische Nuß.
    Dill seufzte in höchster Wonne:
    „Schellfisch! Schellfisch!“
    „Bitte, Dill — bediene dich!“
    Dill bediente sich. Es reichte für drei.
    Dadurch reichte der Schellfisch kaum für zwei.
    Dill kaute und schmauste. Zwischen den besten Bissen rief er:
    „Ach, jeden Mittwoch müßte man Schellfisch essen!“
    „Essen Sie ihn so gern?“
    „Am liebsten jeden Mittwoch.“
    Drolligs Frau blieb nichts anderes übrig, als zu antworten:
    „Dann kommen Sie doch jeden Mittwoch zu uns.“
    Dill kam. Er kam jeden Mittwoch zu Drolligs . Zum Mittagessen und zum Schellfisch. Pünktlich wie eine Uhr stellte er sich ein. Jeden Mittwoch. Nun schon seit sechs Wochen.
    „Das geht doch nicht so weiter!“ meinte Frau Drollig.
    „Was geht nicht weiter?“
    „Dein Freund, der Dill! Jeden Mittwoch kommt er! Er sagt nicht Danke und nicht Meff ! Er kommt zum Essen und geht nach dem Essen. Was das kostet! Ich will einfach nicht mehr!“
    Drollig sann auf Abhilfe. Dann sagte er:
    „Vergiß doch nächsten Mittwoch einfach den Schellfisch.“
    „Vergessen?“
    „Ja. Koch etwas anderes. Koch etwas, was Dill nicht so gern ißt.“
    „Und Dill?“
    „Er wird es schon merken.“

    *

    Dill merkte es. Als er am nächsten Mittwoch kam, gab es keinen Schellfisch. Sondern Kraut mit Knödeln.
    „Sei meiner Frau nicht böse, Dill“, bat Drollig.
    „Böse? Warum böse?“
    „Sie hat es heute vergessen.“
    „Was?“
    „Den Schellfisch.“
    Dill stand starr.
    „Was? Wie? Es gibt heute keinen Schellfisch?“
    „Nein.“
    Da seufzte Dill erlöst auf und

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