Das schoenste Maedchen der Welt
sagte:
„Gott sei Dank! Ich habe nämlich den ewigen Schellfisch längst satt. Er wächst mir schon zum Halse heraus. Wenn es heute bei euch wieder Schellfisch gegeben hätte, wäre ich nicht mehr zum Essen gekommen. So aber will ich auch weiterhin gern jeden Mittwoch euer Gast sein.“
Suppengrünes
Diese Geschichte — das sei vorausgeschickt, sonst würde sie niemand glauben — spielt vor dem Kriege...
Savarine kam mit leeren Händen.
„Peter, ich brauche Wirtschaftsgeld!“
„Wirtschaftsgeld?“
„Ja, Peter.“
„Am Zwanzigsten?“
Savarine , die Herzige, seufzte:
„Das Leben ist ja so teuer, Peter! Du hast keine Ahnung, was alles kostet! Der Fleischer, der Bäcker, die Butterfrau — der Kaffee, der Tee, der Zucker, das Salz — das Gemüse, das Obst — und essen willst du doch, Peter, gut essen sogar!“
„Darum gebe ich dir auch so viel Wirtschaftsgeld, Savarine !“
Savarine lächelte:
„Viel schon, Peter, aber nicht zu viel — glaub mir, ich bin ein sparsames Kind und ein ordentliches Kind, ich schreibe alles in meinem Wirtschaftsbuch auf, und wenn du es nicht glaubst, brauchst du nur im Wirtschaftsbuch nachzusehen.“
*
Und Peter sah im Wirtschaftsbuch nach. Er sah nicht nach, weil er ein häßlicher Geizkragen oder ein verknöcherter Pedant oder ein unangenehmer Patron war, er sah nach, weil in den vier Monaten seiner Ehe seine junge Frau immer weniger mit dem reichlich bemessenen Wirtschaftsgeld auskam, weil er da fünf Mark zulegen mußte, dort mit zehn Mark ein Loch stopfen und zum Schluß immer noch eine Rechnung beim Fleischer oder Milchmann, der ja so gern stundet, bezahlen mußte. Peter gönnte Savarine gern den Besuch beim Konditor, obgleich sie schwur, nie zu naschen. Peter freute sich, Savarine immer nett frisiert zu sehen, trotzdem sie nie Geld zum Friseur trug, wie sie hoch und heilig versicherte, und es war immer noch die Frisur von damals, erklärte siè mit großen Augen, wenn Peter die Allzufrischfrisierte prüfend betrachtete — nein, Peter gönnte seiner jungen Frau diese angenehm men Dinge von Herzen und wußte auch, daß dies alles vom ersparten Wirtschaftsgeld geschah, aber die Kirche muß im Dorfe bleiben, sagte er sich, und war auch neugierig, ob es ihm gelingen möchte, Savarine aut den Schlich zu kommen.
„Hier, bitte — nun prüfe, Peter!“
Savarine setzte sich ganz ernsthaft in einen Stuhl, Peter gegenüber. Sie war zwar ein wenig blaß, als sie ihm das Buch hinüberreichte, und es war eine feier => liehe Zeremonie, als der Ehegatte zum erstenmal in der Ehe einen Rechenschaftsbericht verlangte. Und Peter las: „Suppengrünes, Petersilie, Fleisch, Brot, Kaffee — Suppengrünes, Petersilie, Schellfisch, Semmeln, Senf — Suppengrünes, Petersilie, Makkaroni, Schinken, Grieß, Zucker und fünf Pfennige Trinkgeld für den Zeitungsmann.“
„Das mußte ich tun, Peter“, sagte Savarine , „er bringt immer die Zeitung so pünktlich, das ist doch keine unnütze Ausgabe, Peterle, oder ja?“
„Nein“, sagte Peter, „das nenne ich nicht verschwenderisch gehandelt.“
Dann las er weiter. Er las die Ausgaben jeden Tages, er multiplizierte, er addierte, und siehe, es stimmte. Er fand auch keine unnützen Dinge und konnte sich erinnern, wann es den Schweinebraten gegeben und wann die neuen sauren Gurken. Nur eine Sache fiel ihm auf. Jeder Tag begann:
„Suppengrünes, Petersilie — Suppengrünes achtzig Pfennige, Petersilie sechzig Pfennige“ — und am nächsten Tage wieder: „Suppengrünes, Petersilie —“
Und Peter fragte:
„Sag, Liebes, wozu braucht man Suppengrün?“
„Zur Suppe, Liebster!“
„Wir essen doch nie Suppe, Liebste —“
„Wir essen nie Suppe, Liebster?“
„Nein.“
„Ach?“
Savarine sah unschuldig vor sich hin.
„Wozu hast du also das Suppengrün gekauft?“
„Es wäre doch möglich gewesen —“
„Was wäre möglich gewesen?“
„Daß du einmal Appetit auf Suppe bekommen hättest, Peter! Und dann hätte ich kein Suppengrün Im Hause gehabt und hätte dir deinen Lieblingswunsch nicht erfüllen können, Peter!“
„Suppe ist nicht mein Lieblingswunsch, Savarine .“
„Nein?“
„Nein!“
Die Sache mit dem Suppengrün stimmte nicht. Peter lächelte, aber er zeigte sein Lächeln nicht. Sondern er schritt ernst, wie es sich für einen Ehemann geziemt, der seiner Frau auf den Schlich gekommen ist, aus dem Hause. Denn Strafe muß sein, auch für die reizendste, geliebteste und wunderschönste
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