Das schoenste Maedchen der Welt
Ruck an.
Auf der Straße vor ihm lag ein Kopf, ein Männerkopf.
„Nanu?“ dachte Rumms , „nanu?“
Da fing auch schon der Kopf zu reden an.
„Wo wollen Sie hin, Herr?“
„Nach Hohenkogel .“
„Unmöglich!“
„Für mich ist kein Weg unmöglich!“
Der Kopf auf der Straße lächelte bitter:
„Das sagte ich auch, Herr! Mir war kein Berg zu steil, keine Gasse zu eng, kein Graben zu tief und kein Weg zu schlecht! Ich wollte auch nach Hohenkogel . Vor einer Stunde brach ich auf. Jetzt stecke ich bis zum Kopf im Schlamm!“
Rumms rief entsetzt:
„Was? Bis zum Kopf?“
Der andere seufzte:
„Wenn es nur so tief wäre! Aber ich bin geritten und sitze noch immer auf meinem Pferd.“
Das Rätsel
Der junge Mann blieb vor ihr stehen.
Er zog seinen Hut.
„Sie heißen Hermine!“ sagte er streng.
„Entschuldigen Sie —“
„Heißen Sie Hermine? Ja oder nein?“
„Ich heiße Hermine. Aber ich kenne Sie doch gar nicht!“
Der junge Mann sah ihr tief in die Augen.
„Ich kenne Sie auch nicht. Sie sehen mich heute zum ersten Male. Dennoch weiß ich, daß Sie Hermine heißen“, sagte er visionär und richtete seinen ausgestreckten Zeigefinger auf sie.
„Woher wissen Sie denn das?“
„Ich weiß noch viel mehr“, fuhr der junge Mann eindringlich fort, „ich weiß, daß Sie verheiratet sind, eine Dreizimmerwohnung mit einem Garten haben, in dem Wühlmäuse erst vor kurzem Ihren selbstgepflanzten Salat vernichteten, daß Ihr Mann Bruno heißt und Ihre Ehe zu Ihrem Kummer bis heute kinderlos blieb. Stimmt das?“
Hermine stand überwältigt. Ihre Arme hingen ihr hilflos am Körper.
„Das ist unheimlich! Alles stimmt genau.“
„Sie hatten vorgestern große Wäsche und hängten siebenundsechzig Wäschestücke im Hofe auf.“
„Ach! Sie wohnen in der Nachbarschaft?“
Der junge Mann zog seine Brieftasche.
„Keineswegs. Ich war noch nie in dieser Stadt. Ich bin erst heute früh aus Bukarest hier angekommen. Da ist mein Paß mit dem Grenzstempel. Hier ist die Fahrkarte. Vor vier Stunden war ich noch im Ausland.“
„Aber woher wissen Sie dann alles?“
„Mein großes Geheimnis!“ fuhr der junge Mann energisch fort. „Ich weiß noch viel mehr: Ihr Mann ist städtischer Beamter, er arbeitet im gleichen Büro mit einem Herrn Flemming zusammen. Herr Flemming ist verheiratet, seine Frau ist blond und hat sich kürzlich einen neuen Hut gekauft, der ihr überhaupt nicht steht. Außerdem hat sie sich ein Kleid vom vorigen Winter umarbeiten lassen.“
„Sie kennen sicher Frau Flemming?“
„Ich schwöre, ich habe Frau Flemming noch nie gesehen! Aber kommen wir zu Ihnen zurück: Sie sind seit acht Jahren verheiratet, Sie hätten damals eine viel bessere Partie machen können, aber Sie entschlossen sich zu Bruno wegen der Pension als Beamter. Ihr Mann geht jeden Sonnabend kegeln und ist das letztemal erst früh um zwei Uhr heimgekommen. Weiter: Eine Schwester von Ihnen will sich mit einem Mann verheiraten, von dem man nichts Genaues weiß. Ihr Mann hat eine Auskunft über ihn eingezogen, die aber noch nicht eingetroffen ist. Ihre Frau Mutter hat Ihnen vor drei Tagen einen Brief geschrieben, in dem sie ankündigte, daß sie acht Tage zu Besuch kommt. Daraufhin hatten Sie einen Streit mit Ihrem Mann, dem Sie vorwarfen, daß Sie vor drei Jahren seinen Bruder auch vier Wochen durchgefüttert hätten, als er seine Stellung wegen Unregelmäßigkeiten beim Gaswerk verlor. Stimmt das?“
Hermine zitterte am ganzen Körper.
„Herr, das grenzt an Zauberei!“
„Ich bin auch ein Zauberer!“
„Mein Gott!“ seufzte Hermine erschüttert.
Der junge Mann lächelte zum ersten Male.
„Sie können daran teilhaben, meine Dame. Ich will mein Können nicht für mich behalten. Wenn Sie wollen, weihe ich Sie gern für die Kleinigkeit von zwanzig Mark in mein Geheimnis ein.“
„Ich werde dann auch in der Lage sein, das Leben unbekannter Menschen bis in die intimsten Dinge zu wissen?“
„Bestimmt, meine Dame.“
Hermine nestelte an ihrer Handtasche und zog einen Zwanzigmarkschein heraus. Sie überreichte ihn dem jungen Mann.
„Und wie muß ich es machen?“
Der junge Mann sagte leise:
„Genau wie ich. In der Straßenbahn fahren. Ich habe nämlich vor zehn Minuten in der Straßenbahn hinter Ihnen gestanden und genau zugehört, was Sie Ihrer Freundin erzählten.“
Der Musikliebhaber
Der Herr im Kaffeehaus drehte sich ärgerlich um.
Er schaute und schaute, woher es käme.
Endlich
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