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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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einer Militärmaschine nach Bosnien mitzufliegen.
    »Das ist höchst
riskant, Sie sollten noch warten.«
    »Ich kann nicht mehr
warten.«
    Ich war entschlossen,
das Niemandsland zu durchqueren, um diese andere Front zu erreichen. Dann ein
Anruf von Gojko. Seine Stimme verkrustet, zigarettenverqualmt. Es ist ein
früher Septembermorgen. Diego gehe es gut, er schlafe bei ihm, im Wohnblock.
Telefonieren sei äußerst schwierig, fast unmöglich. Er habe es eilig, rufe aus
dem Bunker des Fernsehsenders an, von einem Satellitentelefon aus, ein Freund
erweise ihm einen Gefallen.
    »Wie geht es dir,
euch?«
    »Wir halten durch.«
    In den
Fernsehnachrichten heißt es, die Stadt sei vollkommen zerstört, fast jedes
Gebäude getroffen. Gojko antwortet: »Nein, wir stehen noch.«
    Ich erkundige mich
nach Sebina. Er sagt, sie könne nicht mehr trainieren.
    »Schick sie nach
Italien.«
    »Es ist jetzt so gut
wie unmöglich herauszukommen.«
    Wieder gehe ich zum
Außenministerium. Ich habe mich mit einem Beamten dort angefreundet, einem
jungen Burschen mit großer Krawatte, grell und optimistisch wie die eines
Immobilienmaklers.
    »Schreiben Sie mir
Namen und Vornamen des Mädchens auf.«
    Mit dem Stift in der
Hand halte ich inne. Mein Kopf ist voller Wasser, auf dem nichts mehr schwimmt.
    »Erinnern Sie sich
noch an die Adresse?«
    »Es ist eine breite
Straße, in Novo Sarajevo …«
    Der junge Mann sieht
mich weinen.
    »Möchten Sie
vielleicht einen Kaffee?«
    Es ist Anfang
September, das Fernsehen berichtet, auf den Berghängen des Zec vor den Toren
Sarajevos sei ein Militärflugzeug abgestürzt, eine G.222 der italienischen
Luftwaffe in einer Friedensmission. Es transportierte eine Ladung Decken für den
Winter. Eine Tragfläche war von einer Rakete durchschlagen worden. Junge
Ehefrauen warten betroffen vor ihrem Fernseher auf das Ergebnis der Suchaktion.
Die Helden sind menschliche Fetzen auf diesen zweitausend Meter hohen,
unwegsamen Gipfeln, sie aber hoffen. Sie drücken ihre Kinder an sich. Kinder,
die neugierig all die Leute bestaunen, die Journalisten, die heute an ihre
Wohnungstür klopfen, an die sonst nie jemand klopft und durch die ihr Vater in
seiner Uniform hinausgegangen ist, allein wie immer.
    In der Nacht muss ich
an diese Witwen denken, an ihre großen Betten, auf Raten gekauft und halb leer.
Sie werden es wie ich machen, sie werden still im Dunkeln liegen. Sie werden
sich die Tränen abwischen, um den Kissenbezug nicht zu verschmieren.
    Ich muss an diese
Kinder denken, an den Arm, den sie nie wieder für diese eine Bewegung heben
werden. Sie werden ihn nie wieder hochstrecken, um nach der Hand ihres Vaters
zu greifen.
    Auf dem
Militärstützpunkt in Pisa sind die in das Trikoloretuch des Todes gehüllten
Särge angekommen. Die Luftbrücke ist unterbrochen. Die Märtyrerstadt ist vom
Rest der Welt abgeschnitten, ist in der Gewalt ihrer Peiniger.
    Die Stimme des
Beamten am Telefon ist kurz angebunden. Er hat keine Zeit für mich.
    »Die humanitären
Rettungsflüge sind ausgesetzt, Signora.«
    »Aber ich muss
dahin.«
    »Da ist die Hölle
los.«
    »In dieser Hölle ist
mein Mann.«
    »Das tut mir leid.«
    Mein
Durchhaltevermögen setzt sich aus kleinen Häppchen zusammen, wenn man sich
langsam bewegt, bleibt das Gleichgewicht erhalten. Man darf nur nichts
verschieben. So vergisst uns das Böse vielleicht und lässt uns aus. Mitten in
der Nacht wache ich auf, ich sitze im Bett und laufe. Ich habe geträumt, dass
das Telefon klingelt, dazu die Stimme des Beamten. Signora, es tut mir leid, Ihr Mann ist ein
Idiot, manche Leute sind aber auch selber schuld. Möchten Sie vielleicht einen
Kaffee?
    Auch im Büro starre
ich das Telefon an. Gleich ,
sage ich mir. Gleich
rufen die vom Außenministerium an und geben mir Bescheid . Ich hebe den Hörer ab, um zu sehen,
ob die Leitung frei ist. Dann beruhige ich mich, Viola kommt mit ihrem
überflüssigen Lächeln zu mir. Wenn etwas passiert wäre, hätte ich es längst erfahren.
Dort seien jede Menge Journalisten und freiwillige Helfer, Leute, die hin und
zurück fahren und nicht sterben. Allerdings kenne ich ihn nur zu gut, seine
Angewohnheit, in die Randgebiete zu gehen, zu den kleinen Pfützen. Genau dieses
aus dem Zentrum verdrängte Zentrum zieht ihn an. Ich habe Angst, dass er ohne
Deckung ist.
    Auf dem Bildschirm
erscheinen die Bilder der Gefangenenlager in Bosnien, mindestens fünf hat man
entdeckt. Das schrecklichste ist das in der Nähe der alten

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