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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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Zukunft, solle all die verrufenen Legenden und
drogensüchtigen Musiker sausen lassen. Einmal machte er im Zoo ein Bild von ihr
in einem leeren Käfig. Da sprang ihn eine Sehnsucht an, ein offenkundiger
Hunger. Er hörte auf zu fotografieren und sagte zu ihr Komm aus dem Käfig, na mach schon .
    Ich
liebe meine Frau .
Sie lachte, Das klingt
wie eine Strafe, du siehst niedergedrückt aus .
    Dieses Mädchen hat
ganz Bosnien in den Augen, seine Melancholie, seinen verrückten Humor und sogar
das Rauschen mancher Flüsse, wenn sie in ihre natürlichen Becken hinabstürzen
und Ohrfeigen Gottes zu sein scheinen.
    Der Joint ist
aufgeraucht und hat einen starken Nachgeschmack im Mund hinterlassen. Diego
lächelt, steht auf und hängt sich an den Wasserhahn. Er denkt an mich, die
allein ist in den dunklen Straßen. Er folgt meinen Schritten, meinem Rücken. Möchte
mir auf die Schulter tippen. Möchte kleine, enge Torerohosen haben und seinen
grünen Kinderstuhl. Sich mitten auf die Straße setzen und zu mir sagen Da bin ich, willst du mich?
    Hast du
sie gefickt?
    Nein,
ich hab’s nicht hingekriegt.
    Nicht
so wichtig.
    Ich bin
kein Stier.
    Ich
weiß.
    Der
Stier bist du, ich bin dein Staub.
    Von der Straße dringt
ein Getöse wie von umfallenden Kisten. Ein köstlicher Duft zieht von der Treppe
herauf, in der Küche wird wohl schon für das Frühstück gebrutzelt. Sie sagt Geh runter und hole ein paar Pfannkuchen, ich
habe Hunger.
    Barfuß hüpft Diego
die Treppe hinunter, das Hemd über der Brust offen, über die einige Schauer
laufen. Er ist high, sein Blut sanft, er fühlt sich leichter. Er spürt seinen
Körper wieder, schon eine ganze Weile hat er ihn nicht mehr gespürt. Es sind
nur zwei Treppenabsätze, eine Handvoll Augenblicke.
    Er kommt nicht dazu,
zu erfassen, was vor sich geht, im Frühstücksraum liegen alle Tassen auf dem
Boden, die Tische sind umgeworfen, Schatten bewegen sich im Dunkeln, versetzen
Fußtritte, brüllen herum. Es ist nur ein einziger Blick, nur ein einziger Weg
der Augen. Die Haustür steht offen, von draußen kommt noch mehr Gebrüll, dann
das dumpfe Rattern einer MP -Salve, so nahe, dass er glaubt, sie
hätten ihn gesehen und würden nun auf ihn schießen. Ein Loch der Stille, dann
erneut Schreie, erneut Schussgarben, das plötzliche Gackern aufgeschreckter
Hühner, dann eine weitere Erschütterung, wie von Dosen, die herunterfallen und
wegrollen.
    Diego steht im
Halbdunkel, er ist heruntergekommen, um ein paar Pfannkuchen zu holen, hin zu
dem süßen Duft, er war drauf und dran, mit einem Mädchen zu schlafen. Der, der
hier in die Dunkelheit späht, ist viel zu weit weg von seinem dummen, zu
steifen Körper. Er begreift nicht, was los ist, nimmt an, es handele sich um
Einbrecher. Er geht ein paar Schritte in Richtung Küche. Auf den Bauch der
Pensionswirtin ist ein Gewehr gerichtet, verschüttetes Öl läuft in einer Lache
über den schwarzen Fußboden, noch brutzelnd, wie Säure. Da sieht er die Tarnanzüge
und die Sturmmasken. Das ist der Krieg, jetzt ist er da . Dies ist der letzte klare Gedanke,
den er fassen kann.
    Es ist wie ein
gebrochener Staudamm, metallschweres Wasser, das alles überschwemmt. Dann ist
da nur noch Instinkt, sollten sie ihn fragen, wie er heißt und warum er hier
ist, könnte er nicht antworten. Er weicht zurück, ohne sich umzudrehen, und
stolpert die Stufen hoch. Seine Blicke durchschneiden die Dunkelheit wie ein
Nachtsichtgerät. Beim Hinaufgehen tastet er sich an der Wand entlang wie ein
schutzlos im Freien gebliebener Krebs. Er verschwindet im ersten Loch, das er
findet … hinter einem Plastikvorhang wie der einer Dusche, dazu da, die Besenkammer
zu verbergen.
    Vorläufig scheint ihm
dieses Stück Plastik das Leben zu retten, er hat inzwischen den ersten Toten
gesehen. Ein Mann liegt rückwärts auf der Treppe, ein alter Mann in wollenen
Hosen, Diego hat den jungen Mann, der dem Greis ins Genick schoss, gesehen, als
er seine Sturmmaske abnahm, um einen der noch warmen Pfannkuchen zu essen. Der
Alte hatte die Arme gehoben und gesagt Mein Sohn, mein Sohn .
    Die Besenkammer liegt
auf einem Treppenabsatz, nur wenige Stufen unterhalb des Ganges. Durch einen
Schlitz im Vorhang kann Diego die angelehnte Tür sehen. Nur wenige Schritte und
er wäre bei Aska, doch er kann sich nicht rühren, die Brücke ist zerstört, die
wenigen Stufen sind wie schweres Wasser, eine Überschwemmung, die ihn
zurückwirft.
    Aska wartet auf die
Pfannkuchen, wahrscheinlich hat sie nichts

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