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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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so als wären sie schon müde.
    Als wäre dies eine
Art Ritual, das sich wiederholt, eine satanische Messe, ein trauriges
Teufelsmahl.
    Als Kind hatte Aska
auf dem Land den Beschneider gesehen, den Mann, der den Tieren die Hoden
entfernte. Er war klein, hatte einen Klappstuhl und ein Köfferchen bei sich und
trug eine Weste wie ein Landarzt. Er beugte sich unter die Tiere und
verstümmelte sie. Aus den erschütterten Körpern stieg ein ergreifendes Muhen.
Nie verzog dieser Beschneider auch nur eine Miene. Am Ende des Tages kassierte
er sein Geld und ging weg, mit seinem traurigen Gesicht, mit seinem
verschwitzten, schmutzigen Nacken und mit seinem vom Hodenfrikassee noch
fettigen Mund, das die Frauen gekocht hatten und von dem er einen Teller
gegessen hatte.
    Die Männer hier
hatten die gleiche grausame Besonnenheit und die gleiche traurige
Unvermeidlichkeit in ihren Bewegungen. Wo haben sie geübt? Auf welchen Körpern?
    Sie spürt, dass ihre
Beine nass werden, und stellt sich vor, auf den Boden zu sinken und zusammen
mit diesem Urin zu zerfließen. Nur das wünscht sie sich, zu verschwinden, sich
zu verflüssigen, unter das Bett zu rieseln und im Holzboden zu versickern. Vor kurzem
war sie noch ein freies Mädchen. Auf der Stirn hat sie das Friedenszeichen,
einer der Männer hat darauf gespuckt, der Speichel lief ihr in die Augen. Sie
fragt sich, wo der Frieden geblieben ist. Noch vor kurzem war sie ein Mädchen,
das mutiger war als die anderen, jetzt ist sie ein Loch, ein nur von Angst
bewohnter Krater. Wie ist es möglich, dass das, was sie in diesem Augenblick
sieht, ihr passiert? Die Panik hat den verbrannten Geschmack der Magensäfte.
Als wären sämtliche Organe zum Schutz vor dem Hinterhalt zur Kehle hochgetrieben
worden. Unten spürt sie nichts, als hätten sie ihr die Lenden örtlich betäubt,
die Hände, die sie packen, und die Finger, die sich in ihr Fleisch pressen,
scheinen einen weit entfernten Körper zu greifen.
    Sie haben sie auf dem
Bett umgedreht, auf dem sie vor kurzem noch gespielt hat, dort kempelte sie mit
Diegos Füßen. Die Patronengurte fallen auf sie, zusammen mit dem Geruch nach
Eisen und Tod.
    Diego hört Aska nicht
mehr Trompete spielen. Er hat sich zwischen die Besen gequetscht, und einer,
der härter ist als die anderen, ein Reisigbesen, zerkratzt ihm die Wange. Es
riecht muffig, nach schmutzigem, abgenutztem Stroh. Er sieht, wie sie hinfällt
und in den heruntergerutschten Strumpfhosen humpelt wie in einem Sack. Er muss
raus aus diesem Besenversteck, sich auf die finsteren Gestalten in den
Tarnuniformen stürzen und ihnen die Masken vom Kopf reißen. Doch er weiß
bereits, dass er nicht herauskommen wird. Vielleicht kommt er nicht einmal
lebend aus dieser Nacht heraus, doch mit Sicherheit schafft er es nicht, sich
aus diesem Mauerloch zu lösen. Er fragt sich, ob das sein Tod ist, sein Sarg.
Ob sie auf ihn schießen werden, ohne auch nur den Vorhang beiseite zu schieben,
wie im Film.
    Er ist es gewohnt,
sich zu verstecken.
    Wenn sein Vater seine
Mutter verprügelte, gelang es Diego, zu verschwinden, er glitt in einen Winkel
und hielt sich mit den Ellbogen die Ohren zu. Er gab keinen Mucks von sich. Er
machte unter sich, ohne es zu merken. Er sah sich die kleine, gelbe Pfütze auf
dem Fußboden an. Träumte sich weg, dachte an etwas Schönes . Er kam erst wieder heraus, wenn
alles in Ordnung war, wenn seine Mutter wieder in der Küche stand und Eier
schaumig schlug. Er lächelte sie an und gab ihr so zu verstehen, sie müsse sich
nicht schlecht fühlen oder schämen, denn er habe nichts gesehen, nur etwas
Schönes.
    Jetzt weiß er, was
dieses Schöne ist, es ist Askas Mund, vor kurzem, als er ihn küsste, er war
quellfrisch. Er hatte sich verschämt zurückgezogen, weil er dieses Stückchen
weißes Fleisch von ihr gesehen hatte, wo die Brüste ansteigen, mit ihrer Kerbe wie
bei eingeschnittenem Brot, und er kam sich vor wie damals, als kleiner Junge,
wenn er in einen Traum schlüpfte, der ihm gefiel, und er sich das Betttuch über
den Kopf zog, um ihm entgegenzugehen.
    Er sieht einen
Stiefel auf dem Bett und ein weißes, wie ein Hühnerflügel abgespreiztes Bein.
Er denkt an ein Foto. Sieht den Schnappschuss, das weiße Bein und den schwarzen
Stiefel. Das Lamm und den Wolf.
    Jetzt weiß er, dass
er nicht mehr heraus kann, er ist ein Zeuge. Sie würden ihn nicht laufenlassen.
    Sein Herz klopft, wie
eine Hand an einer Tür, die niemand aufmacht. Es ist die Tür des Mutes, die
sich in

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