Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
weil ich sie nicht mehr halten konnte. Auf den ersten Blick wirkt sie in der Tat sanft, aber dahinter verbirgt sich ein ungestümes Temperament.«
»Aye, das ist bei vielen weiblichen Wesen so.« Moray gesellte sich zu ihr und streckte die Hand aus, um die Stute zu streicheln. »Sie hat Glück, dass ich heute noch nicht los muss, denn die unebenen Wege durch die Highlands mit einer Last wie mir auf dem Rücken wären sicher kein Vergnügen für sie.«
»Sie müssen also warten, bis Rory den Wallach zurückbringt?«
»Nein, ich breche überhaupt nicht auf.« Er ließ die Hand sinken und stützte sich mit beiden Ellbogen auf einen Balken, so dass sein schwarzer Umhang Sophias Ärmel berührte. »Die anderen sind der Ansicht, es sei das Beste, wenn ich in Slains bleibe.«
Sophia seufzte erleichtert auf, obwohl Moray alles andere als erfreut über die Entscheidung wirkte.
Da Sophia keine Ahnung hatte, ob sie offiziell etwas von dem auf ihn ausgesetzten Kopfgeld wissen durfte, sagte sie nur: »Das ist bestimmt sicherer.«
»Aye. Was mich daran erinnert, dass Sie mir noch nicht verraten haben, wessen Sicherheit das Gebet zuvor galt.«
Sie konnte ihn nicht anlügen, brachte aber auch kein Wort heraus. Da stupste die Stute sie an, und Sophia fand ihre Stimme wieder.
»Die Countess sucht sicher schon nach mir«, sagte sie.
Dann trat sie so unvermittelt einen Schritt zurück, dass Hugo den Kopf hob, und floh aus dem Stall, die Blicke des Mastiff, der Stute und Morays auf sich gerichtet.
Zehn
Der Regen prasselte so heftig vom Himmel, dass die Scheibenwischer uns keine klare Sicht mehr verschaffen konnten. Graham, der den Wagen auf einem Rastplatz abgestellt hatte, drehte sich zu mir.
»Tut mir leid«, sagte er. »Eine besonders schöne Tour ist das bei diesem Wetter nicht. Bei Regen sieht alles gleich aus.«
»Kein Problem, Sie können ja nichts fürs Wetter.«
»Sollen wir warten, bis es zu schütten aufhört?«, fragte er zweifelnd.
Ich hatte mich auf diesen Morgen gefreut und die Minuten gezählt, bis er mich im Cottage abholte und zu seinem zerbeulten Vauxhall brachte, auf dessen Rücksitz mich Angus mit einem Schwanzwedeln begrüßte. Doch schon kurz nach unserem Aufbruch hatte der Himmel seine Schleusen geöffnet. Es war klar, dass wir unseren kleinen Ausflug beenden mussten. Ich bemühte mich, meine Enttäuschung zu verbergen.
Graham schaltete die Scheibenwischer auf höchste Geschwindigkeit und lenkte den Wagen zurück auf die schmale Straße. »Wissen Sie was? Freunde von mir haben nicht weit von hier eine Farm. Wir könnten bei ihnen warten, bis der Regen nachlässt.«
Als wir die Zufahrt zu der Farm erreichten, erhob sich Angus schwanzwedelnd von seiner Decke auf dem Rücksitz.
Die Zufahrt war von tiefen, schlammigen Furchen durchzogen und endete in einem viereckigen Hof mit Schuppen und Scheunen sowie einem niedrigen, weiß getünchten Farmhaus mit leuchtend blauer Tür.
»Bleiben Sie erst mal noch sitzen«, sagte Graham und stellte den Jackenkragen auf, »ich seh nach, ob sie überhaupt zu Hause sind.« Dann stieg er aus, ging zur Tür, neben der sich eine Regenrinne befand, aus der das Wasser nur so plätscherte, und klopfte. Als niemand öffnete, lief er achselzuckend über den Hof und durch das offene Tor des nächstgelegenen Stalls.
Angus schätzte es tatsächlich nicht, allein gelassen zu werden. Als er Graham verschwinden sah, begann der Spaniel, am hinteren Fenster zu kratzen und laut und vernehmlich zu heulen. Lange hielt ich das nicht aus. »Ganz ruhig«, sagte ich und ergriff seine Leine, »wir gehen zu ihm.«
Ich hatte keine Kopfbedeckung, aber zum Glück Stiefel, für die ich jetzt dankbar war, weil wir im Hof durch fast knöcheltiefen Matsch mussten. Angus zerrte so ungeduldig an seiner Leine, dass wir ziemlich schnell in die Scheune gelangten.
Drinnen war es deutlich wärmer, und in der Luft hingen der Staub der Streu sowie der Geruch von Stroh und Mist. Nach allem, was ich in der Nacht geschrieben hatte, wunderte es mich nicht, in dem Pferdestall eine Stute vorzufinden, die mich mit großen Augen betrachtete und mich merkwürdig an das Tier in meiner Geschichte erinnerte.
Ich liebte Pferde und baute sie immer wieder in meine Romane ein. Die Stute drückte ihr Maul gegen meine ausgestreckte Hand, damit ich ihre weichen Nüstern streichelte.
»Das ist Tammie«, hörte ich Graham sagen. »Sehen Sie sich vor, er hat noch jede Frau um den Finger gewickelt.«
»Er?«, fragte
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