Das schottische Vermächtnis: Roman (German Edition)
umsichtig in Worten und Taten, eigensinnig und temperamentvoll wie seine Mutter, also das genaue Gegenteil von Colonel Hooke, dessen gesundheitlicher Zustand sich seit seiner Ankunft in Slains nicht verbessert hatte.
Als der Earl of Erroll ihn darauf ansprach, erklärte der Colonel: »Die Reise hat mich sehr angestrengt. Seit unserem Aufbruch von Versailles bin ich angeschlagen.«
Das war das erste Mal, dass der Hof des französischen Königs offen erwähnt wurde, und Colonel Hooke, der seinen Lapsus erst jetzt bemerkte, sah hastig hinüber zu Sophia. Doch der Earl of Erroll ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Sie haben beide Majestäten, den König von Frankreich und unseren King James, bei bester Gesundheit und in guter Stimmung verlassen?«, fragte er.
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, dann ermahnte die Countess ihn: »Charles …«
»Ja, Mutter?« Nun sah auch er Sophia an. »Sie gehört doch zur Familie.«
»Ja, natürlich, aber …«, erwiderte die Countess.
»Nun, sie sieht nicht aus, als wäre sie dumm. Oder?«, fragte er Sophia.
Nach kurzem Zögern hob sie das Kinn und schüttelte mutig den Kopf.
»Und hast du dir schon eine Meinung darüber gebildet, warum sich diese Gentlemen in Slains aufhalten?«
Sophia spürte den Blick von Mr. Moray auf sich. »Meines Erachtens sind sie aus Frankreich hierhergekommen, um mit den Jakobiten gemeinsame Sache zu machen, Mylord.«
Dem jungen Earl schien ihre Unverblümtheit zu gefallen. »Sehen Sie?«, sagte er an die anderen gewandt und fragte dann Sophia: »Würdest du uns an Spitzel von Queen Anne verraten?«
»Nein«, antwortete sie mit fester Stimme.
»Das hatte ich mir gedacht.« Damit schien die Sache für ihn erledigt zu sein. »Ich glaube, wir können in Gegenwart dieser jungen Dame offen sprechen.«
Colonel Hooke wirkte nicht überzeugt, doch Mr. Moray lächelte anerkennend.
»Es freut mich zu hören, dass es dem jungen König gut geht«, sagte der Earl, nachdem der Colonel ihm von dessen Leben in Saint-Germain erzählt hatte. »Dieses Land braucht ihn dringend.«
Hooke nickte. »Das weiß er. Seiner Meinung nach ist für Schottland die Zeit gekommen, sich zu erheben.«
»Das dachte er, soweit ich mich erinnere, schon vor zwei Jahren, als wir dieses Abenteuer begannen. Aber vielleicht war sein Zögern gar nicht so schlecht, denn in den letzten Monaten sind viele dazugekommen, die ihn unterstützen wollen, weil sie glauben, mit dem Schwert in der Hand mehr zu gewinnen als durch die Union mit den Engländern.«
»Stimmt es, dass die Presbyterianer im Westen sich unserer Sache möglicherweise anschließen?«
»Solche Gerüchte habe ich gehört, ja. Sie wollten ihren Zorn über die Union demonstrieren, indem sie mit ihren Truppen, den am besten bewaffneten und geeintesten in diesem Land, nach Edinburgh marschieren, um das Parlament aufzulösen.«
Nun meldete sich Mr. Moray, der sich bislang im Hintergrund gehalten hatte, zu Wort. »Wenn sie das bereits getan hätten, wäre die Union verhindert worden.«
»Ja, höchstwahrscheinlich. Besonders«, fügte der Earl hinzu, »weil nicht weniger als vier Adelige der Shires Angus und Perth das Gleiche vorhatten.«
»Beim Blut Christi! Warum haben sie es nicht getan?«, fluchte Mr. Moray.
Der junge Earl warf seiner Mutter einen kurzen Blick zu, bevor er antwortete: »Sie wurden von einem Mann, den sie wertschätzten, davon abgebracht.«
»Von wem?«
»Vom Duke of Hamilton.«
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Colonel Hooke.
»Doch«, bekräftigte der Earl. »Außerdem sagt Ihr Freund, der Duke, der in den vergangenen zwei Monaten Ihr Eintreffen augenscheinlich so ungeduldig erwartet hat, jetzt, da Sie sich tatsächlich auf schottischem Boden befinden, allen, Sie seien zu spät dran, der König habe uns vergessen, wir brauchten uns keine Hoffnungen auf seine Rückkehr mehr zu machen.«
»Sie lügen.«
Als der Earl die Hand auf sein Schwert legte, trat die Countess zwischen die beiden Männer.
»Seit Ihrem letzten Besuch in Slains hat sich viel verändert, Colonel«, erklärte sie.
»Es scheint so.« Hooke wandte sich mit düsterer Miene ab.
»Ich weiß um Ihre lange Bekanntschaft mit dem Duke, Colonel«, sagte der Earl, »doch seine Reden haben viele verärgert, und seine geheimen Absprachen mit Queen Annes Vertretern in Schottland erhöhen noch das Misstrauen unserer Freunde. Der Duke of Athol, den Sie als ehrlichen Mann kennen, hat seine Intrige entdeckt und den Duke of
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