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Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition)

Titel: Das schwarze Buch der Geheimnisse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.E. Higgins
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stand).Das war der Augenblick, in dem ich mich immer abwandte, nicht zuletzt deshalb, weil dann die günstigste Zeit für mich gekommen war. Wenn alle wie gebannt auf die entsetzliche Szene schauten, die sich vor ihren Augen abspielte, schob ich mich unauffällig zwischen den Leuten hindurch und nahm mit, was ich ergattern konnte. Ich hörte, wie die Falltür aufklappte und wie der Balken ächzte, wenn das Gewicht herabfiel. Und während die Menge noch johlte, schlich ich mich davon, bevor jemand den Verlust seines Geldbeutels bemerken konnte.
    Polly saugte gierig jedes Wort auf. »Eines Tages gehe ich dorthin«, verkündete sie mit glänzenden Augen. Und ich konnte sagen, was ich wollte, sie ließ sich ihren Entschluss nicht ausreden.
    Obwohl ich Polly vieles erzählte, sagte ich ihr nichts von Ma und Pa. Ich sagte ihr nicht, wie sie mich bestohlen und geschlagen hatten oder warum ich wirklich die Stadt verlassen hatte. Und mit keinem Wort sprach ich davon, was sie mir hatten antun wollen und dass mich dieses Erlebnis nachts in meinen Träumen verfolgte. Das Gesicht meines Vaters stand immer noch drohend über mir, und seine Hände lagen um meinen Hals … oder waren es meine, die um seinen Hals lagen?
    Ich konnte Ma und Pa nie verzeihen, was sie getan hatten, und trotzdem war ich ihnen in gewisser Weise auch dankbar. Mit Taschendieben ging man streng ins Gericht, egal wie alt sie waren. Hätten Ma und Pa mich also nicht aus der Stadt vertrieben, so hätte sich früher oder später ganz sicher die Schlinge um meinen Hals gelegt, und mein lebloser Körper hätte an einem dieser Galgen gebaumelt.

Kapitel 21

    Stirling Oliphaunt
    D ie Tage vergingen, und immer mehr Dorfleute profitierten von Joes Hilfe, die nicht nur in seiner großzügigen Bezahlung für ihre verpfändeten Sachen, sondern auch in seinem mitternächtlichen Handel bestand. Obwohl niemand über die glückliche Wendung seines persönlichen Schicksals sprach, war deutlich zu spüren, dass etwas vor sich ging. Ohne Zweifel war Joe der frische Wind, den das Dorf seit Langem so dringend ersehnt hatte. Der ganze Ort schien irgendwie heller, so als hätten sogar die Häuser tief aufgeseufzt und sich dann entspannt zurückgelehnt, um das Licht hereinzulassen. Als eines Morgens für ein, zwei Minuten die Wolken aufrissen und dazwischen ein Stück blauer Himmel zu sehen war, blieben die Leute auf der Straße stehen.
    »Ein Wunder«, erklärte Ruby Sourdough. Der blaue Himmel verschwand, doch dieser eine Moment hatte genügt, um zu wissen: Es gibt ihn tatsächlich.
    Ob es nun ein Wunder war oder nicht, der einzige Mensch im Dorf, der zu einer solchen Feststellung berufen war, lag noch im Bett und verpasste das historische Ereignis.
    Das war Stirling Oliphaunt, der Pfarrer.
    Schon seit zwanzig Jahren betrachtete sich Stirling Oliphaunt jeden Morgen im Spiegel (sein Morgen begann gewöhnlich um die Mittagszeit) und beglückwünschte sich zu seinem Posten in Pagus Parvus. Eine bessere Stelle konnte sich ein Mann seines Charakters kaum wünschen – und sein Charakter war der eines faulen, oberflächlichen Menschen, dessen angeblicher Glaube an eine höhere Macht ihm ein leichtes Leben ermöglichte. Als er vor zwei Jahrzehnten ins Dorf gekommen war, war er eine Weile an der Kirchentür stehen geblieben und hatte den Blick aus seinen fettgepolsterten Augen bedächtig hangabwärts über die Häuser wandern lassen.
    Auf einen solchen Ort habe ich schon lange gewartet, hatte er gedacht. Dieser Berg muss eine Steigung von vierzig Prozent haben, wenn nicht mehr.
    Zu jener Zeit waren die Dorfleute noch eher dazu bereit, dem Wort Gottes zu lauschen, deshalb sah sich Stirling – sehr zu seiner Enttäuschung – gezwungen, fast acht Monate lang jeden Sonntag zu predigen. Seine monotone Stimme und die immer gleichen Themen (der Teufel, die Dunkle Seite, Hölle, Pech und Schwefel und alles, was damit zusammenhing) garantierten, dass er zu einer allmählich schwindenden Zuhörerschaft sprach. Zuletzt schwand sie auf null, ganz nach Stirlings Wunsch. Von da an verbrachte er seine Tage ruhig und beschaulich, erfreute sich an edlen Weinen und gutem Essen auf Kosten der Kirche und tat im Großen und Ganzen, was ihm gefiel – und das war wenig. Er dachte auch an Gott. Es mussteeinen Gott geben, denn wie sonst konnte ein Mensch mit einem so glücklichen Schicksal gesegnet sein?
    Nun war Stirling mehr als leicht irritiert durch die Ereignisse der vergangenen Wochen. Von seiner

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