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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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vorbeikommen würde.«
    Er hört Schritte, die sich der Tür nähern. »Sind Sie der nette Mann, der mir die Blumen geschenkt hat?«
    »Das bin ich.«
    Ein Schloss klickt, und der Türgriff dreht sich. Die Tür geht einen Spaltbreit auf. Der Streifen eines leicht olivbraunen Gesichts und ein einzelnes Auge leuchten aus dem Dunkel. »Sie sind’s ja wirklich. Kommen Sie schnell rein. Schnell! « Sie tritt zurück und öffnet die Tür eben weit genug, dass er sich hindurchzwängen kann. Sobald er drinnen ist, knallt sie die Tür zu und sperrt wieder ab.
    Das wie glutflüssig wirkende Licht, das die Ränder der Vorhänge und Jalousien umgibt, verstärkt die Dunkelheit im Inneren des langen Wohnwagens. Über dem Ausguss brennt eine schwache Lampe, und eine weitere, ebenso schwache beleuchtet einen kleinen Tisch, der ansonsten nur von einer Flasche Kaffeebrandy, einem fettfingerverschmierten Glas, das mit dem Bild einer Comicfigur verziert ist, und einem Sammelalbum eingenommen wird. Der Lichtkreis der Lampe ist groß genug, um den niedrigen, mit Stoff bezogenen Sessel neben dem Tisch
noch zur Hälfte zu beleuchten. Tansy Freneau stößt sich von der Tür ab und macht leichtfüßig zwei zierliche Schritte auf Jack zu. Sie legt den Kopf ein wenig schief und faltet die Hände unter dem Kinn. Jack ist bestürzt über den erwartungsvollen, leicht glasigen Ausdruck ihrer Augen. Selbst bei großzügigster, umfassendster Definition von Zurechnungsfähigkeit ist diese Frau nicht bei Verstand. Er hat keine Ahnung, was er ihr sagen soll.
    »Möchten Sie nicht … Platz nehmen?« Mit einer einladenden Handbewegung deutet sie auf einen Holzstuhl mit hoher Lehne.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Warum sollte ich etwas dagegen haben? Ich werde mich in meinen Sessel setzen, warum sollten Sie also nicht den Stuhl bekommen?«
    »Danke«, sagt Jack. Er nimmt Platz und beobachtet, wie Tansy zur Tür zurückgleitet, um das Schloss zu kontrollieren. Nachdem sie sich davon überzeugt hat, dass die Tür abgesperrt ist, bedenkt sie ihn mit einem strahlenden Lächeln, patscht barfuß zu ihrem Sessel zurück und bewegt sich dabei fast mit der Grazie einer Ballerina. Als sie sich in den Sessel sinken lässt, sagt er: »Haben Sie Angst, dass jemand hierher kommen könnte, Tansy? Gibt es jemanden, der ausgesperrt bleiben soll?«
    »O ja«, sagt sie, beugt sich nach vorn und runzelt in einer übertriebenen Zurschaustellung kleinmädchenhafter Ernsthaftigkeit die Stirn. »Aber das ist kein Jemand , es ist ein Ding . Und ich lasse es nie, nie wieder in mein Haus, niemals mehr. Aber Sie lasse ich rein, weil Sie ein sehr netter Mann sind und mir diese schönen Blumen geschenkt haben. Und Sie sehen auch sehr gut aus.«
    »Ist Gorg das Ding, das Sie nicht reinlassen wollen, Tansy? Haben Sie Angst vor Gorg?«
    »Ja«, sagt sie steif. »Möchten Sie eine Tasse Tee?«
    »Nein danke.«
    »Nun, ich werde etwas Tee trinken. Das ist sehr, sehr guter Tee. Er schmeckt irgendwie fast wie Kaffee.« Sie zieht die Augenbrauen hoch und wirft ihm einen lebhaften, fragenden Blick zu. Er schüttelt den Kopf. Ohne aufzustehen, kippt sich
Tansy zwei Finger hoch Brandy in ihr Glas und stellt die Flasche dann auf den Tisch zurück. Die Comicfigur auf dem Glas, das sieht Jack jetzt, ist Scooby-Doo. Tansy nimmt einen kleinen Schluck. »Lecker. Haben Sie eine Freundin? Sonst könnte ich doch Ihre Freundin sein, besonders wenn Sie mir noch mehr von diesen schönen Blumen schenken. Ich habe sie in eine Vase getan.« Sie spricht das Wort aus, als würde sie den französischen Akzent einer Bostoner Matrone parodieren: Vahhhs . »Sehen Sie?«
    Auf der Küchentheke lassen die Maiglöckchen in einem halb mit Wasser gefüllten Glaskrug die Köpfe hängen. Außerhalb der Territorien ist ihre Lebensdauer sehr begrenzt. Die hiesige Welt, vermutet Jack, vergiftet sie schneller, als sie den Gifthauch abwehren können. Jedes Quentchen Gutheit, das sie an ihre Umgebung abgeben, schwächt ihre Lebenskraft. Tansy, das erkennt er jetzt, verdankt ihr Überleben der in den Blumen noch wirksamen Kraft der Territorien – wenn sie verwelkt sind, wird ihre schützende Kleinmädchenrolle zu Staub zerfallen und ihr Wahn sie möglicherweise verschlingen. Dieser Wahn stammt von Gorg; darauf würde er sein Leben verwetten.
    »Ich habe zwar schon einen Freund, aber der zählt nicht. Er heißt Lester. Beezer und seine Freunde nennen ihn immer Stinky Cheese, obwohl ich nicht weiß, warum. Lester stinkt

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