Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
Vom Netzwerk:
ich verabscheue, dann ist’s dieser Versteigerungskram. [Fred, der Spence Hovdahl gut kennt, bezweifelt sehr, dass er wirklich »Kram« gesagt hat.] Und am liebsten wäre ich ganz weit weg gewesen statt ausgerechnet dort im Hühnerstall. Er ist ziemlich baufällig und marode, und ich hätte ihn nie betreten, wenn ich das Bienengesumme nicht gehört hätte. Ich dachte zuerst, dass dort drinnen vielleicht ein ganzer Stock ist. Bienen haben mich schon immer interessiert, deshalb war ich neugierig. Gott steh mir bei, und wie neugierig ich war. Ich hoffe, dass ich mein Leben lang nie wieder so neugierig sein werde.«
    Im Hühnerstall entdeckte er schließlich die Leiche des siebenjährigen
John Wesley Irkenham. Der Tote war zerstückelt, die Leichenteile hingen an Ketten von den verrottenden Dachbalken des Hühnerstalls herab. Obwohl Polizeichef Dale Gilbertson dazu keinen Kommentar abgeben wollte, bestätigen verlässliche Quellen bei der Polizei in La Riviere, dass Oberschenkel, Rumpf und Gesäßbacken Bissspuren aufwiesen …
    Okay, das genügt Fred, ihm reicht’s jetzt. Er faltet die Zeitung rasch zusammen und lässt sie über die Arbeitsplatte bis vor die Kaffeemaschine segeln. Solches Zeug hat in seiner Kindheit weiß Gott nie so ausführlich in der Zeitung gestanden. Und wozu »der Fisherman«, um Himmels willen? Wozu mussten sie heute jedem Monster sofort einen griffigen Spitznamen anhängen, einen Kerl wie dieses Ungeheuer zum »Psychopathen des Monats« machen?
    Natürlich waren solche Dinge nie passiert, als er in Tylers Alter gewesen war, aber das Prinzip … das gottverdammte Prinzip der Sache …
    Fred, der jetzt mit den Zehenübungen fertig ist, nimmt sich vor, demnächst mit Tyler zu reden. Das wird schwieriger werden als das Gespräch darüber, warum Tylers kleines Ding jetzt manchmal steif wird, aber es ist absolut notwendig. Bei der Clique bleiben , wird Fred sagen. Du musst jetzt unbedingt mit deinen Kumpels zusammenbleiben, Ty. In nächster Zeit keine Herumstreunerei auf eigene Faust mehr, okay?
    Andererseits erscheint Fred die Vorstellung, Ty könnte tatsächlich ermordet werden, ganz weit weg: Das ist der Stoff von Doku-Dramas im Fernsehen oder eines Wes-Craven-Films. Nennen wir ihn einfach Scream 4: Der Fisherman. Hat es nicht sogar mal einen Film dieser Art gegeben? Mit einem Kerl, der in Ölzeug herumlief und Teenager mit einem Bootshaken ermordete? Schon möglich, aber nicht kleine Kinder, nicht Babys wie Amy St. Pierre und Johnny Irkenham. O Gott, die Welt ging geradezu vor seinen Augen in Trümmer!
    Leichenteile, die in einem maroden Hühnerstall an Ketten hängen, das ist der Teil, der Fred wirklich zusetzt. Kann das wirklich sein? Ist das hier möglich, genau hier und jetzt im Tom-Sawyer-und-Becky-Thatcher-Land?

    Okay, Schluss damit. Es wird Zeit, laufen zu gehen.
    Vielleicht wäre es gut, wenn die Zeitung heute Morgen irgendwie verloren gegangen ist, denkt Fred, indem er sie von der Arbeitsplatte nimmt und zusammenfaltet, bis sie wie ein dickes Taschenbuch aussieht (aber ein Teil der Schlagzeile schreit ihn trotzdem anklagend an: FISHERMAN IM RAUM F…). Vielleicht ist die Zeitung einfach – wie, weiß ich nicht – geradewegs in die alte Mülltonne neben dem Haus gewandert.
    Ja, gute Idee. Judy ist in letzter Zeit sowieso so seltsam, Wendell Greens Schauergeschichten über den Fisherman würden da nicht gerade nützlich sein. ( Bissspuren an Rumpf und Oberschenkeln, denkt Fred, während er durchs morgenstille Haus zur Haustür gleitet, und wenn Sie schon dabei sind, Kellner, lassen Sie mir ein schönes rohes Stück Hintern abschneiden.) Sie liest die Presseberichte geradezu zwanghaft, ohne sie zu kommentieren, und Fred gefällt es ganz und gar nicht, wie ihr Blick dabei immer umherirrt; ihm gefallen auch die anderen Tics nicht, die sie sich in letzter Zeit angewöhnt hat – zum Beispiel die zwanghafte Berührung ihrer Oberlippe mit der Zunge … Und manchmal, vor allem in den letzten zwei, drei Tagen, hat er gesehen, wie ihre hoch gestreckte Zungenspitze die Rinne in der Mitte der Oberlippe dicht unter der Nase berührt, was Fred nie für möglich gehalten hätte, wenn er’s nicht gestern Abend wieder gesehen hätte, während sie die Lokalnachrichten las. Sie geht früher zu Bett als er und redet manchmal im Schlaf – merkwürdige, undeutliche Wörter, die nicht englisch klingen. Spricht er mit ihr, gibt sie manchmal keine Antwort, sondern starrt einfach nur ins Leere: Sie hat dann

Weitere Kostenlose Bücher