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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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wie üblich geräuschvoll zu arbeiten beginnt. Knurr, mahl, brumm, ein Ungeheuer genießt einen netten kleinen Imbiss. Grrr. In ihm bebt das unter Strom stehende Kabel und sprüht Funken, während es zuckt, aber er ist zu einem Zombie geworden und nimmt die innerlichen Stromstöße kaum wahr. Alles in allem würde Jack Sawyer in diesem Augenblick am liebsten …
    When the red, red …
    Aus irgendeinem Grund hat er seine Mutter lange, allzu lange nicht mehr angerufen. Er weiß nicht, warum er’s nicht getan hat, aber es wird Zeit, dass er’s bald mal wieder tut. Rotkehle mir keine Rotkehlchen. Die Stimme von Lily Cavanaugh Sawyer, der Königin der B-Movies, einst seine einzige Gefährtin in einem von Entzücken erfüllten, transzendenten, rigoros vergessenen Hotelzimmer in New Hampshire, ist genau die Stimme, die Jack jetzt unbedingt hören muss. Lily Cavanaugh ist der einzige Mensch der Welt, bei dem er sich über den
lächerlichen Kuddelmuddel aussprechen kann, in den er hier geraten ist. Trotz dem nebulösen, unwillkommenen Bewusstsein, dass er die Grenzen strikter Vernunft überschreitet und damit die eigene ungewisse Rationalität noch mehr in Frage stellt, tritt er an die Küchentheke, greift nach dem Handy und tippt die Nummer des hübschen Villenanwesens am Roxbury Drive, Beverly Hills, Kalifornien, ein.
    Das Telefon in seinem einstmaligen Zuhause klingelt fünf, sechs, sieben Mal. Ein Mann nimmt ab und sagt mit aufgebrachter, nicht ganz nüchterner, schlaftrunkener Stimme: »Kimberley … Worum zum Teufel es auch geht … ich hoffe um Ihretwillen … dass es wirklich, wirklich wichtig ist.«
    Jack drückt die END-Taste und klappt das Handy zu. O Gott verdammter Mist hol’s der Teufel. In Beverly Hills, Westwood, Hancock Park oder wohin auch diese Nummer jetzt eine Verbindung herstellt, ist es kurz nach fünf Uhr morgens. Er hat vergessen, dass seine Mutter tot ist. Verdammter Mist hol’s der Teufel o Gott, ist denn das zu fassen?
    Jacks Kummer, der sich unterschwellig zugespitzt hat, erhebt sich erneut, um ihn, als wär’s zum ersten Mal, zack!, mitten ins Herz zu stoßen. Gleichzeitig kommt ihm die Idee, er könnte auch nur für eine Sekunde vergessen haben, dass seine Mutter tot ist, aus Gott weiß welchen Gründen ungeheuer und unwiderstehlich komisch vor. Kann man sich noch lächerlicher benehmen? Die Narrenpritsche ist ihm auf den Hinterkopf geknallt, und ohne zu wissen, ob er in Schluchzen oder einen Lachanfall ausbrechen wird, verspürt Jack einen kurzen Schwindel und lehnt sich deshalb an die Küchentheke.
    Überkandidelter Knallkopf, glaubt er seine Mutter sagen zu hören. So hatte Lily den damals vor kurzem gestorbenen Partner ihres verstorbenen Mannes charakterisiert, nachdem ihre misstrauischen Buchprüfer entdeckt hatten, dass der Partner – Morgan Sloat – drei Viertel der Erträge des erstaunlich umfangreichen Immobilienbesitzes von Sawyer & Sloat in die eigene Tasche gesteckt hatte. Seit Phil Sawyer bei einem so genannten Jagdunfall umgekommen war, hatte Sloat der Familie seines ehemaligen Partners jedes Jahr Millionen Dollar, viele Millionen, gestohlen. Lily leitete den Geldstrom in die
richtigen Kanäle zurück, verkaufte die halbe Firma an neue Partner und sicherte ihrem Sohn damit ein ungeheures Vermögen, dessen Erträge mittlerweile zum größten Teil an Jacks private Stiftung gehen, die es wiederum für wohltätige Zwecke ausgibt. Lily hatte Sloat mit weit kräftigeren Ausdrücken als überkandidelter Knallkopf belegt, aber diese Worte scheint ihre Stimme jetzt in seinem Innenohr zu sagen.
    Irgendwann im Mai wohl, redet Jack sich ein, hat er das Rotkehlchenei – vermutlich bei einem geistesabwesenden Spaziergang über die Wiese – gefunden und zur Aufbewahrung in den Kühlschrank gelegt. Um es sicher aufzubewahren. Schließlich wies es einen delikaten Blauton, einen schönen Blauton auf, um Dr. Evinrude zu zitieren. Er hatte es so lange sicher aufbewahrt, dass er es ganz vergessen hatte. Weshalb, das erkennt er dankbar, sein Wachtraum ihn mit einem Wirbelsturm aus roten Federn eingedeckt hat!
    Nichts geschieht ohne Grund, so verborgen der Grund auch sein mag; bleib locker und entspann dich lange genug, um kein überkandidelter Knallkopf zu sein, dann zeigt der Grund sich vielleicht von selbst.
    Jack beugt sich über den Ausguss und taucht sein Gesicht zwecks innerlicher und äußerlicher Erfrischung in eine doppelte Hand voll kaltes Wasser. Der reinigende Schock wäscht vorerst

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