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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Einzahler schon wieder verschwunden. Andere brachen über Nacht zusammen, das Resultat war das gleiche. Wer überlebte, lernte das Bankgeschäft gleichsam
en passant,
denn Erfahrung hatte man im einstigen kommunistischen Staat nur wenig.
    Außerdem war das Bankgeschäft kein sicherer Broterwerb. In zehn Jahren waren mehr als vierhundert Bankiers ermordet worden, die meisten von ihnen, weil sie sich geweigert hatten, Gangstern unsichere Kredite zu gewähren oder auf illegale Weise mit ihnen zusammenzuarbeiten.
    Ende der neunziger Jahre waren etwa vierhundert halbwegs verläßliche Banken übriggeblieben, mit den angesehensten fünfzig Instituten wickelte der Westen seine Geschäfte ab.
    Das Bankwesen konzentrierte sich auf St. Petersburg und Moskau, vor allem aber auf Moskau. Ironischerweise hatten die Banken, ähnlich wie das organisierte Verbrechen, so oft fusioniert, bis die sogenannten Top ten achtzig Prozent aller Geschäfte abwickelten. In einigen Fällen aber waren die Investitionssummen derart hoch, daß ein Unternehmen nur durch ein Konsortium von zwei oder drei Banken finanziert werden konnte.
    Zu den bedeutendsten Banken zählten im Winter 1999 die Most Bank, die Smolenski-Bank und – die größte von allen – die Moskowski-Bundesbank.
    In der ersten Dezemberwoche wandte sich Jason Monk an das Hauptgeschäftsbüro der Moskowski-Bundesbank. Die Sicherheitsvorkehrungen erinnerten an Fort Knox.
    Aufgrund der Gefahr für Leib und Leben beschäftigten die Vorsitzenden der größeren Banken private Sicherheitsdienste, gegen deren Aufwand der Personenschutz eines amerikanischen Präsidenten vergleichsweise lächerlich wirkte. Mindestens drei dieser Vorsitzenden hatten ihre Familien nach London, Paris oder Wien evakuiert und flogen in privaten Jets zu ihren Moskauer Büros. Wenn sie sich in Rußland aufhielten, belief sich die Zahl ihrer persönlichen Bewacher auf über hundert Personen. Weitere Tausende beschützten die Filialen der Bank.
    Ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Moskowski-Bundesbank, das nicht mindestens Tage zuvor angemeldet war, galt schlichtweg als unvorstellbar. Doch Monk schaffte es. Er brachte etwas mit, das als gleichermaßen unvorstellbar galt.
    Nach einer Leibesvisitation und einer Durchsuchung seiner Aktenmappe im untersten Stockwerk des Wolkenkratzers durfte er in Begleitung bis in die Vorstandsetage drei Stockwerke unterhalb der persönlichen Suite des Vorsitzenden hinauffahren.
    Dort wurde der von ihm vorgezeigte Brief aufmerksam von einem gewandten jungen Russen studiert, der perfekt englisch zu sprechen schien. Er bat Monk zu warten und verschwand durch eine solide Holztür, die sich nur durch einen einzutippenden Code öffnen ließ. Die Minuten schleppten sich dahin. Zwei bewaffnete Wachposten ließen Monk nicht aus den Augen. Zur Überraschung der Empfangsdame kehrte der persönliche Sekretär des Vorsitzenden zurück und bat Monk, ihm zu folgen. Hinter der Tür wurde er noch einmal durchsucht und von einem elektronischen Scanner abgetastet, wofür der gewandte Russe sich entschuldigte.
    »Ich verstehe schon«, sagte Monk. »Die Zeiten sind hart.«
    Zwei Stockwerke höher wurde er in ein weiteres Wartezimmer geführt und dann in das Privatbüro von Leonid Grigorjewitsch Bernstein vorgelassen.
    Der mitgebrachte Brief lag auf der Schreibtischunterlage. Der Bankier war untersetzt, breitschultrig, sein Haar grau und gewellt, die Blicke scharf und fragend, der Anzug elegant, aschgrau und aus der Savile Row. Der Bankier erhob sich und streckte seine Hand aus. Dann deutete er auf dnen Sessel. Monk fiel auf, daß sich der gewandte Russe mit der Beule unter der linken Achselhöhle im Hintergrund des Zimmers aufhielt. Er mochte ja in Oxford studiert haben, aber Bernstein hatte offenbar auch dafür gesorgt, daß seine Ausbildung auf dem Schießstand in Quantico vervollständigt worden war.
    Der Bankier deutete auf den Brief. »Nun, wie stehen die Dinge in London? Sind Sie gerade erst angekommen, Mr. Monk?«
    »Vor einigen Tagen«, sagte Monk.
    Der Brief war auf überaus edlem, cremeweißem Büttenpapier geschrieben und trug im Kopf das Emblem der fünf gespaltenen Pfeile, die an die fünf Söhne von Mayer Amschel Rothschild aus Frankfurt erinnern sollten. Das Papier war echt. Nur die Unterschrift von Sir Evelyn de Rothschild am Ende des Briefes war gefälscht. Doch es gibt wohl kaum einen Bankier, der einen persönlichen Boten von N. M. Rothschild & Söhne aus der St. Swithin's Lane aus

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