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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Beste?«
    »Ganz genau. Sehr ehrgeizig, aber kein Anspruch, der aufrechtzuerhalten wäre.«
    »Sie erwähnten noch einen Amerikaner, Dr. Probyn.«
    »Nun, das ist eine seltsame Geschichte. Vor der Revolution hatte Nikolaus II. einen Onkel, genannt Großfürst Paul, der jüngste Bruder seines Vaters.
    Als die Bolschewiken kamen, ermordeten sie den Zaren, seinen Bruder und diesen Onkel Paul. Doch Paul hatte einen Sohn, einen Vetter des Zaren. Durch Zufall war dieser lebhafte junge Mann, Großfürst Dmitri, in die Ermordung von Rasputin verwickelt worden und befand sich zu dem Zeitpunkt, als die Bolschewiken losschlugen, im Exil in Sibirien. Das hat ihm das Leben gerettet. Er floh nach Shanghai und landete schließlich in Amerika. «
    »Nie davon gehört«, sagte Irvine. »Fahren Sie fort. «
    »Nun, Dmitri lebte, heiratete und hatte einen Sohn namens Paul, der als Major der US-Armee in Korea gedient hat. Dieser Major heiratete ebenfalls und hatte zwei Söhne.«
    »Sieht mir nach einer ziemlich direkten Erbfolge aus. Wollen Sie damit behaupten, der wahre Zar ist ein Amerikaner?« fragte Irvine.
    »Manche behaupten das, aber die täuschen sich«, sagte Probyn. Sehen Sie, Dmitri heiratete eine bürgerliche Amerikanerin, ebenso wie sein Sohn Paul. Und nach Erlaß Nr. 188 des Herrscherhauses darf niemand unterhalb seines Standes heiraten, falls er nicht will, daß seine Nachkommenschaft den Anspruch auf sein Erbe verliert. Dieser Erlaß wurde später recht locker gehandhabt, das galt allerdings nicht für Großfürsten. Dmitri war demnach eine Ehe zur linken Hand eingegangen. Sein Sohn, der in Korea gedient hat, konnte die Anwartschaft daher ebensowenig geerbt haben wie einer der beiden Enkel aus einer weiteren morganatischen Ehe. «
    »Sie kommen also nicht in Frage.«
    »Leider nicht. Allerdings haben sie auch nie irgendwelches Interesse in dieser Richtung gezeigt. Ich glaube, sie leben heute in Kalifornien.«
    »Wer bleibt also übrig? «
    »Der letzte, der mit der reinsten Abstammung. Und das ist Prinz Semjon Romanow.«
    »Ist er mit dem ermordeten
Zaren
verwandt? Keine Töchter, keine Ehen zur linken Hand?«
    »Genau, aber dazu muß ich weit ausholen. Sie müssen an vier Zaren zurückdenken. Nikolaus II. folgte seinem Vater Alexander III. Er wiederum war der Sohn von Alexander II., dessen Vater Nikolaus I. war. Nikolaus I. nun hatte einen jüngeren Sohn, den Großfürsten Nikolaus, der natürlich niemals Zar geworden ist. Sein Sohn hieß Peter, dessen Sohn hieß Kyrill, und dessen Sohn wiederum ist Semjon.«
    »Vom ermordeten Zaren müssen wir also drei Generationen zum Urgroßvater zurückgehen und dann die Nebenlinie des jüngeren Sohnes nehmen, um schließlich vier Generationen später zu Semjon zu gelangen.«
    »Genau.«
    »Scheint mir ziemlich weit hergeholt, Dr. Probyn.«
    »Stimmt, ein weiter Weg, aber so ist das nun mal mit Stammbäumen. Technisch gesprochen kommt Semjon der direkten Nachkommenschaft am nächsten, Doch das ist reine Theorie. Es gibt da einige praktische Schwierigkeiten.«
    »Und die wären?«
    »Zum einen ist er über siebzig. Selbst wenn man ihn also wieder auf den Thron setzen wollte, würde er es nicht mehr lange machen. Zum anderen hat er keine Kinder, seine Linie würde also mit ihm aussterben, und Rußland stünde wieder da, wo es jetzt steht. Zum dritten hat er wiederholt geäußert, daß er kein Interesse am Zarenthron habe und ihn auch dann ausschlüge, wenn er ihm angeboten werden sollte.«
    »Bringt uns nicht viel weiter«, gab Sir Nigel zu.
    »Es kommt noch schlimmer. Er ist eine Art Lebemann, begeistert sich für schnelle Autos, die Riviera und junge Frauen, gewöhnlich für die Zimmermädchen. An diesen Vorlieben sind bereits drei Ehen zerbrochen. Das Schlimmste allerdings ist, wie mir zugeflüstert wurde, daß er beim Backgammon betrügt.«
    »Gütiger Himmel!« Sir Nigel war zutiefst schockiert. Bei Schäkereien mit dem Personal konnte man ein Auge zudrücken, aber Betrügereien beim Backgammon.
    »Wo wohnt er?«
    »Auf einer Apfelplantage in der Normandie. Züchtet Äpfel, um daraus Calvados zu machen.«
    Sir Nigel blickte nachdenklich drein. Dr. Probyn betrachtete ihn mitfühlend.
    »Könnte man es als legale Verzichtserklärung deuten, wenn Semjon öffentlich verlauten ließ, daß er bei einer Wiedereinführung des Zarentums keine Rolle spielen wolle?«
    Dr. Probyn blies die Wangen auf. »Ich glaube, schon. Es sei denn, die Restauration findet tatsächlich statt, denn dann

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