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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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verschwanden jedenfalls spurlos. Außerdem legte er eine interne CIA-Personalliste vor, auf der sein Name farbig gekennzeichnet war, um zu beweisen, daß er wirklich der Mann war, der er zu sein behauptete. Dann verließ er die Botschaft und ging zum zweitenmal an den FBI-Kameras vorbei, die den Vorhof überwachten. Ihre Videoaufnahmen wurden niemals abgespielt.
    Zwei Tage später erhielt er seine fünfzigtausend Dollar. Das war erst der Anfang. Der schändlichste Verräter der amerikanischen Geschichte seit Benedict Arnold – und vermutlich einschließlich B. A. – hatte seine Arbeit erst begonnen.
    Spätere Analytiker würden über zwei Rätsel nachgrübeln. Erstens: Wie hatte ein so völlig unzulänglicher, unfähiger, saufender Taugenichts jemals vom einfachen Agenten in diese erstaunliche Vertrauensstellung aufsteigen können? Und zweitens: Wie hatte Ames, obwohl die CIA-Führungsspitze schon im Dezember 1985 insgeheim wußte, daß es irgendwo in ihren Reihen einen Verräter gab, noch weitere – und für die CIA katastrophale – acht Jahre unenttarnt bleiben können?
    Die Antwort auf die zweite Frage hat fast ein Dutzend Facetten. Unfähigkeit, Lethargie und Überheblichkeit innerhalb der CIA, Glück für den Verräter, eine geschickte Desinformationskampagne des KGB zum Schutz seines Maulwurfs, mehr Lethargie, Unentschlossenheit und Trägheit in Langley, Ablenkungsmanöver, noch einmal Glück für den Verräter und schließlich die Erinnerung an James Angleton.
    Angleton hatte einst die Spionageabwehr der Agency geleitet, war zu einer Sagengestalt aufgestiegen und hatte geistig umnachtet als Paranoiker geendet. Dieser seltsame Mann ohne Humor oder Privatleben war der Überzeugung gewesen, in Langley gebe es einen KGB-Maulwurf mit dem Decknamen Sascha. Bei seiner fanatischen Jagd auf diesen imaginären Verräter hatte er die Karriere eines loyalen Mitarbeiters nach dem anderen abgewürgt, bis er die Hauptabteilung Beschaffung schließlich in die Knie gezwungen hatte. Die ihn überlebt hatten und sich 1985 in hohen Stellungen befanden, schreckten davor zurück, das zu tun, was Angleton getan hatte – rigoros nach dem echten Maulwurf zu fahnden.
    Was die erste Frage betrifft, läßt sie sich mit zwei Worten beantworten: Ken Mulgrew.
    In den zwanzig Dienstjahren, bevor Ames zum Verräter wurde, war er dreimal außerhalb von Langley im Einsatz. In der Türkei hielt der dortige CIA-Resident ihn für völlig untauglich; der Veteran Dewey Clarridge haßte und verabscheute ihn vom ersten Augenblick an.
    In der New Yorker Außenstelle brachte ihm ein glücklicher Zufall Pluspunkte ein. Obwohl Arkadi Schwetschenko, der Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen, schon vor Ames' Ankunft für die CIA gearbeitet hatte und sein Überlaufen zu den Amerikanern im April 1978 von einem anderen CIA-Agenten bewerkstelligt wurde, »führte« Ames den Ukrainer in der Zwischenzeit. Schon damals entwickelte er sich zu einem Gewohnheitstrinker.
    Sein dritter Auslandseinsatz in Mexiko wurde ein Fiasko. Er war ständig betrunken, beleidigte Kollegen und Außenstehende, betrank sich sinnlos und wurde von der mexikanischen Polizei nach Hause gebracht, verstieß gegen alle nur denkbaren Dienstvorschriften und schaffte es nicht, jemanden anzuwerben. Seine Zeit verbrachte er hauptsächlich mit tagelangen Saufgelagen mit dem Russen Igor Schurygin, dem Leiter der KGB-Spionageabwehr in der sowjetischen Botschaft. Möglicherweise kam der erste Hinweis, der Amerikaner mit dem krassen Webfehler könnte vielleicht angeworben werden, von Schurygin.
    Von seinen beiden Auslandseinsätzen brachte Ames erschreckend schlechte Beurteilungen heim. Bei einer breitgefächerten Leistungsbewertung belegte er unter zweihundert CIA-Mitarbeitern den hundertachtundneunzigsten Platz.
    Normalerweise hätte eine Karriere dieser Art niemals nach ganz oben führen können. Anfang der achtziger Jahre hielten alle führenden Männer – Carey Jordan, Dewey Clarridge, Milton Bearden, Gus Hathaway und Paul Redmond – Ames für untauglich. Nicht jedoch Ken Mulgrew, der sein Freund und Beschützer wurde.
    Er war der Mann, der seine schaurigen Beurteilungen und Leistungsbewertungen säuberte, Ames den Weg ebnete und ihm Beförderungen sicherte. Als sein Vorgesetzter wischte er alle Einwände vom Tisch und brachte Ames in der Zeit, in der er die Abteilung Personalplanung leitete, im Referat Spionageabwehr unter.
    Vor allem waren sie Saufkumpane, zwei

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