Das Schwarze Weib
betraut, lief mit Patz um die Wette, sie auszurichten, und konnte nicht umhin, unterwegs mindestens ein dutzendmal Rad zu schlagen.
Franz, der feinfühlig sich bis jetzt zurückgehalten hatte, kam mit einem schönen Blumenstrauß, und beiden schoß das Blut in die Wangen, als sie sich nach jener Feuerprobe zum ersten Male wiedersahen. Ammerie, die bei dem Besuch zugegen war und die zwei doch gern allein lassen wollte, gebrauchte dazu einen so täppischen, unglaubwürdigen Vorwand, daß sie sich selber kaum das Lachen verbeißen konnte, wie sie so schnell entwich, als wäre sie aus dem Zimmer Hals über Kopf hinausgeworfen worden.
Nun kniete Franz an Trudis Lager nieder. Beide umschlangen sich so fest, wie es Trudis verbundene Schulter erlaubte, und küßten sich nach Herzenslust. Endlich sagte Trudi mit ihrem innigsten Ton: »Franz, ich danke dir!«
»Danken? wofür denn?« sprach er. »Wenn Hammichel das Haus in Brand gesteckt hätte, so würd ich ihm danken, daß er mit dem ruchlosen Streich mir dazu verholfen hätte, dich auf meine Arme nehmen und tragen zu dürfen. Trudi, das war bis heute die glücklichste Stunde meines Lebens. Nun gehörst du mir und ich dir, nicht wahr?«
»In alle Ewigkeit!« gab sie ihm liebetrunken zur Antwort.
Viel Worte wechselten sie nicht, hielten sich bei den Händen gefaßt und blickten sich nur tief in die Augen hinein.
Auf Trudis Lippen schwebte die Frage: Warum bist du so lange nicht hergekommen? Doch ehe sie sie aussprechen konnte, trat Ammerie wieder ins Zimmer. Franz wollte sich sofort erheben, aber Ammerie sagte: »Bleib' nur ruhig liegen, wo du liegst! ich setze mich ans Fenster, zähle die Blätter an den Bäumen und seh mich nicht um. Mutter hat mich wieder heraufgeschickt; ich sollte Trudi nicht allein lassen, weil sie irgend etwas verlangen könnte,« fügte sie fast schmollend hinzu. »Trudi, verlangst du was?«
»Nein!« erwiderte diese lachend, »nichts anderes, als was ich jetzt hier habe und halte.«
Die beiden flüsterten noch eine Weile miteinander, dann verabschiedete sich Franz mit dem Versprechen, bald einmal wiederzukommen. –
Während auf dem Abtshofe Friede und Freude waltete, sah es bei Steineckers ganz anders aus. Jakobine wollte vor Neid und Bosheit bersten. Damit war das Maß ihres Unglücks voll, daß sich die Würzburgische mit Ruhm bedeckt, weil sie dem dummen Jungen, dem Schneckenkaschper, blindlings nachgelaufen war, und daß Franz die Fürwitzige auf seinen Armen aus Rauch und Flammen getragen, sie selber aber mit roher Gewalt von sich gestoßen und zu Boden geschleudert hatte. Jetzt war das Spiel für sie verloren, wenn nicht die Wirkung des einzigen Mittels, an das sie sich noch mit der letzten Hoffnung einer Verzweifelnden wie der Ertrinkende an einen Strohhalm klammerte, zu ihrem Heile ausschlug. Das war das Einschreiten von Hammichels einflußreichem Freunde in Kaiserslautern. Nun mußte sie vor allen Dingen den Alten sprechen und ihm für seine schleunige Vermittlung zahlen, was er forderte. Seiner habhaft zu werden war jetzt ihr ganzes Dichten und Trachten.
Wieder anders als da und dort standen die Dinge auf dem Gersbacherhofe. Frau Agnete ging in berechtigtem Mutterstolz erhobenen Hauptes einher und nickte dem in ihren Augen heldenhaften Sohne zuweilen mit einem Lächeln zu, das wohl heißen sollte: Laß mich nur machen! ich weiß, was ich weiß. Selbst der Bauer hatte Franz auf die Schulter geschlagen und gesagt: »Alles, was recht ist, das war brav, Junge, was du da bei dem Feuer getan hast, das gefällt mir!« Und das war schon viel, sehr viel aus dem Munde des mit Anerkennung äußerst Sparsamen. Es wollte den Seinen überhaupt so scheinen, als wären seine Stimmung im allgemeinen und seine Gesinnung gegen Franz im besonderen andere geworden, ja, als wäre sein Widerstand gegen dessen Herzenswunsch ins Wanken geraten, vielleicht innerlich schon gebrochen. Wenn nun auch diese Annahme wohl nicht ganz auf einer Täuschung ihrerseits beruhte, war Florian Gersbacher doch, sich eine Umkehr zur Nachgiebigkeit deutlicher merken zu lassen oder sie gar einzugestehen, zu halsstarrig und bockbeinig.
Franz hatte selber einen Wandel im Benehmen seines Vaters empfunden und sich zu seinen Gunsten ausgelegt, bald aber sollte ihm ein greifbarer Beweis für dessen veränderte Auffassung der Verhältnisse zukommen.
Sein Bruder Steffen zog ihn eines Tages sehr vergnügt beiseite und begann: »Du, Franz, ich habe eine gute Nachricht für dich.
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