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Das Schwarze Weib

Titel: Das Schwarze Weib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julius Wolff
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gedeihen.
    Die Pfälzer, auch die in Wachenheim, sahen der Ernte vertrauensvoll entgegen. In den Weinbergen schwollen die Trauben, auf den Feldern wogten die Ähren, und an den Bäumen bogen sich die Zweige mit den dicht hängenden Früchten. Was noch an Arbeit getan werden konnte und mußte, geschah Tag für Tag, und nach Feierabend herrschte Ruh' und Zufriedenheit in den Häusern, und in den Straußwirtschaften gab es oft ein lautes, lustiges Dischkurieren und ein dauerhaftes Trinken.
    Unter diesem und jenem Dache freilich schlug auch ein Herz in Angst und Qual und schickte Wunsch und Gebet zum Himmel um Stillung eines Leids oder Erfüllung eines heißen Begehrens. In zweien der reichsten Bauernhöfe nisteten Sorgen, von denen die nächsten Nachbarn nichts wußten und nicht einmal alle Insassen etwas erfuhren.
    Wer war im Abtshofe, außer Ammerie, in Trudis marternde Zweifel eingeweiht? wer vollends ahnte Christophs stumm und einsam getragene Pein über Trudis herannahendes trauriges Schicksal? Und im Gersbacherhofe preßte Franzens Brust der harte Willenszwang seines Vaters wie mit eisernen Klammern. Auch davon drang keine Kunde nach außen; nur seine Mutter und sein Bruder Steffen blickten ihm ins Herz hinein und erkannten den eigentlichen, tiefuntersten Grund seines verhaltenen Grames.
    Die beiden, Franz und Trudi, wußten selber einer vom andern nichts. Sie sehnten sich nach einander, trafen sich jedoch nicht, sahen sich nicht, konnten sich nicht gegenseitig aussprechen. Jeder schleppte das, was in ihm bohrte, an ihm zehrte, durch endlos lange Tage und halb schlummerlose Nächte wie eine ihn zu Boden drückende Last von Jammer und Elend, an deren Verwandlung in himmelhoch hebende Freude er nicht mehr glaubte.
    Aber der Mensch denkt und Gott lenkt. Dieser alte Spruch, der schon manchem von Not und Furcht gebeugten Erdenkinde zum Troste gereicht, aber auch vielen zu ihrem Schrecken gezeigt hat, daß menschliches Hoffen und Planen eitel und nichtig ist, sollte auch den zwei Liebenden seine Wahrheit erweisen.
    Es trat ein Ereignis ein, das die Lage der Dinge im Handumdrehen veränderte.
    Eines Nachts, in der Morgendämmerung, wurden die Bewohner Wachenheims durch Feuerlärm aus dem Schlafe geschreckt. Niklas, der Türmer, stieß mit Macht in sein Horn und läutete Sturm. Männer, Frauen und Mädchen fuhren aus den Betten und stürzten, notdürftig bekleidet, auf die Gasse. Viele hatten sich mit Eimern versehen, andere Äxte, Hacken und Hauen ergriffen oder schafften Leitern herbei. Ihnen schloß sich eine große Anzahl Neugieriger an, zu denen auch Trudi, Ammerie und, diese zwei ängstlich meidend, Jakobine gehörten. Alles schrie wie toll durcheinander und fragte: wo ist's? wo brennt's? Bald wußten sie's, bei Merten Fachendag war's.
    Bei Fachendag? wo Hammichel wohnte? Hat der etwa nächtlicher Weile seinen berüchtigten Mischmasch gekocht und ist dabei unvorsichtig mit dem Feuer umgegangen? dachten manche, aber sie eilten doch hin, um löschen zu helfen.
    Da sahen sie denn, daß nur ein einzeln stehendes Nebengebäude brannte, das als Schuppen und Stallung diente und unter dessen hohem Dache sich der Heuboden befand. Es war schon nicht mehr zu retten, und man versuchte dies auch gar nicht, obwohl sich Fachendag gebärdete, als ob ihm ein Vermögen damit zugrunde ginge.
    Dagegen war es nötig, das Wohnhaus zu schützen, damit es nicht durch hinüberfliegende Funken auch in Brand geriet und die Nachbarhäuser gefährdete. Dies taten nun unter Aufsicht des Bürgermeisters einige jüngere Männer, indem sie das strohgedeckte Haus von angelegten Leitern aus mit Wasser begossen und bespritzten. Die meisten der Herzugeströmten schauten müßig dem Umsichgreifen der Flammen zu und wurden sich darüber einig, daß das Feuer durch Selbstentzündung des noch feucht eingebrachten Heues entstanden sein müsse.
    Hammichel ließ sich nicht blicken, und auch Kaspar konnte keine Auskunft über ihn geben. Als aber die Sonne ihre ersten Strahlen über den Rhein auf die bewaldeten Höhen des Haardtgebirges warf, tauchte der Alte plötzlich auf. Er war bis jetzt in seinem sogenannten Laboratorium gewesen, um seine Büchsen, Flaschen und Schachteln mit ihrem mühsam gesammelten und zubereiteten Inhalt zu bergen. Nun die Gefahr für das Haus vorüber war, verließ er es und mischte sich kaltblütig zuschauend unter die Menge, die seiner nicht achtete.
    Auf einmal ergellten durchdringende tierische Jammerlaute, und – »Patz! mein

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