Das Schwarze Weib
in seiner Wut loshämmert.«
Dem Bürgermeister war fast leicht und wohl ums Herz, daß er sich endlich einmal einem anvertraut hatte, der ihm die Last tragen half. Alle für einen, für ihn würden sie einstehen, hatte Lutz gesagt. Und auf den war Verlaß, der brachte auch die anderen in Trab, seine Stimme wog viel im Rate, und er hatte das Zeug dazu, ganz Wachenheim in Aufruhr und Empörung zu hetzen.
Dreizehntes Kapitel.
Während der nächsten Tage hielt sich Hammichel still in seinem Losament, weil er sich nicht dem Gespött von Freund und Feind über die Verunstaltung seines Gesichtes aussetzen wollte, die jedem, der ihm begegnete, sofort auffallen mußte. Vor Merten Fachendag und Kaspar konnte er seine vertrackte Visage freilich nicht verbergen. Der Junge betrachtete seinen lieben Großvater verwundert, traute sich jedoch nicht, ihn zu fragen, von wem er denn so sonderbar gezeichnet wäre. Er dachte sich aber sein Teil, denn er wußte aus Erfahrung, auf welche Weise man zu einer dick aufgequollenen Backe kommen konnte. Fachendags Hohn dagegen mußte der Geschlagene über sich ergehen lassen, als ihn sein Hauswirt bei Tische hänselte: »Aber, Hammichel, was ist denn das mit dir? hast du dich etwa beim Kochen und Probieren deiner Mixturen krank gemacht, daß dir all dein bißchen Blut in den Kopf gestiegen ist? Siehst ja merkwürdig gedunsen aus; ich könnte mich beinahe um dich ängstigen.«
»Kümmere dich nicht um mein Aussehen!« schnauzte ihn Hammichel an. »Das Gesöff, das du kelterst, wäre ohne mein heilsames
mixtum compositum
so lebensgefährlich, daß man dran krepieren könnte. Im übrigen bin ich für dich noch lange schön genug.«
»Ja, meinetwegen kannst du vorn und hinten geschwollen sein, alte Giftkröte!« gab ihm Fachendag grob zurück. »Ich gönne dir deine Pausbacken und noch mehr das, wovon sie herrühren. Hast dich wohl mit Lutz Hebenstreit bei einer freundschaftlichen Unterredung auseinandergeeinigt? der hat so 'ne ähnliche Handschrift.«
»Scheinst sie ja gut zu kennen,« knurrte der also Gefoppte.
Anzüglichkeiten wie die, mit denen ihm Fachendag hier das kärgliche Mittagessen würzte, hätte Hammichel noch mehr herunterschlucken müssen, wenn er sich jetzt auf die Gasse hinausgewagt hätte. Darum blieb er zu Hause und benutzte die unfreiwillige Muße dazu, sich seine Pläne gegen Christoph Armbruster auszuspinnen.
Endlich war für ihn die Zeit und Gelegenheit zur Vergeltung gekommen, auf die er jahrelang gewartet hatte. Jetzt wollte er mit dem Bürgermeister abrechnen für den großen Schaden, den ihm dieser durch die Schmälerung seines Verdienstes beim Panschgewerbe zugefügt hatte. Seine beiden Versuche, ihm Geld abzupressen, waren fehlgeschlagen, aber sie waren ja nur ein kleines Vorspiel zur eigentlichen Hauptaktion gewesen. Und auch wenn sie gelungen wären, hätte das an seinem Racheplane nichts geändert, denn auch nach Empfang des geforderten Schweigegeldes würde er nicht geschwiegen haben, und den angebotenen Falscheid hätte er sich natürlich vorher bezahlen lassen und ihn nachher aus Furcht vor der schweren Strafe vielleicht doch nicht geschworen. Daß er zu dem Mißerfolg auch noch zwei Riesenohrfeigen hatte in den Kauf nehmen müssen, wurmte ihn gewaltig und spornte ihn, das Hereinbrechen des Unheils über die Armbruster'sche Familie nach Kräften zu beschleunigen.
Doch seltsam! Während er über der Art der Ausführung seiner Entschlüsse brütete, regte sich auch in dieser hartgesottenen Sünderseele noch eine Spur von Mitgefühl mit Trudi, die ihm nichts zuleide getan hatte. Diese Regung kam aus dem tief verborgenen Winkel seines Innern, wo noch ein Stück vom alten Spielmann wohnte. Spielleute sind meist gute Menschen, nicht klug wie die Schlangen, aber ohne Falsch wie die Tauben. Und Hammichel, der heute noch in den Spinnstuben und auf Kirchweihen Lieder der Liebe und Sehnsucht auf seiner Fiedel begleitete und in seinen jüngeren Jahren selber gesungen hatte, der wollte jetzt gegen ein holdes, anmutiges Mädchen, das in wahrer großer Liebe an einem braven Burschen hing, feindlich vorgehen, denn Trudi war es ja doch, die das unschuldige Opfer seines Verrates wurde. Allerdings, auch wenn er auf ihrer Seite gestanden hätte, ihr helfen, sie vor ihrem Schicksal bewahren hätte er auch beim besten Willen nicht gekonnt. Aber er wühlte und wirkte ja noch in anderer Weise gegen sie, dafür bestochen und bezahlt von Jakobinen, deren Liebe zu Franz – das
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