Das Schweigen der Laemmer
gemausert - er ist an der Spitze von je -
dermanns Liste der Meistgesuchten«, sagte er. »Trotzdem könnte er noch eine Weile draußen sein. Privat müssen Sie auf der Hut sein.«
Sie nickte.
»Jetzt ist er beschäftigt«, sagte Crawford, »aber wenn er nicht beschäftigt ist, wird er sich unterhalten. Über eins müssen wir uns im klaren sein: Sie wissen, daß er es Ihnen genauso antun würde wie jedem anderen auch.«
»Ich glaube nicht, daß er mich je aus dem Hinterhalt überfiele -
das wäre ihm zu rüde, und auf diese Art würde er keine Fragen stellen können. Klar würde er es tun, sobald ich ihn langweilte.« »Seien Sie auf der Hut, mehr sage ich ja nicht. Wenn Sie Ihren Posten verlassen, markieren Sie Ihre Dreierkarte - keine telefoni-schen Auskünfte über Ihren Aufenthaltsort ohne eindeutige Iden-tifikation. Ich möchte ein Spurenalarmgerät an Ihrem Telefon anbringen, wenn Sie nichts dagegen haben. Es wird privat sein, es sei denn, Sie drücken auf den Knopf.«
»Ich erwarte nicht, daß er mir folgt, Mr. Crawford.«
»Sie haben aber gehört, was ich gesagt habe.«
»Ja. Ich hab's gehört.«
»Nehmen Sie diese eidlichen Aussagen und überprüfen Sie sie.
Fügen Sie hinzu, was Sie mögen. Wir werden Ihre Unterschriften hier bezeugen, wenn Sie soweit sind. Starling, ich bin stolz auf Sie. Dito Brigham, dito der Chef.« Es klang steif, nicht, wie er es klingen lassen wollte.
Er ging zu seiner Bürotür. Sie entfernte sich von ihm, ging den verlassenen Gang hinunter. Es gelang ihm, ihr von seinem Berg des Kummers zuzurufen: »Starling, Ihr Vater sieht Sie.«
58. Kapitel
Jame Gumb war Wochen, nachdem er in sein endgültiges Loch gesenkt wurde, auf allen Titelseiten.
Mit den Unterlagen von Sacramento County beginnend, setzten Reporter seine Geschichte zusammen.
Seine Mutter war einen Monat mit ihm schwanger gewesen, als sie sich in der Miß -Sacramento-Wahl 1948 nicht plazierte. Das
›Jame‹ in seiner Geburtsurkunde war offensichtlich ein Schreib-fehler, den zu verbessern sich keiner bemühte.
Als es mit ihrer Schauspielerinnenkarriere nichts wurde, gab seine Mutter sich dem Alkohol hin; Gumb war zwei, als das Los Angeles County ihn zu einer Pflegestelle gab.
Mindestens zwei wissenschaftliche Journale erklärten, daß diese unglückliche Kindheit der Grund dafür sei, warum er Frauen in seinem Keller wegen ihrer Haut umbrachte. Die Worte verrückt und böse erscheinen in keinem der Artikel.
Der Film des Schönheitswettbewerbs, den Jame Gumb sich als Erwachsener anschaute, waren Originalfilmmeter von seiner Mutter, doch die Frau im Swimming-pool-Film war nicht seine Mutter, wie vergleichende Messungen ergaben.
Gumbs Großeltern holten ihn von einer unbefriedigenden Pfle -
gestelle weg, als er zehn war, und zwei Jahre später brachte er sie um.
Während seiner Jahre in der Nervenklinik erlernte Gumb im Rahmen der Berufsrehabilitation Tulare das Schneiderhandwerk.
Er bewies eindeutige Begabung für die Arbeit.
Gumbs beruflicher Werdegang wies Lücken auf und war un-vollständig. Reporter entdeckten mindestens zwei Restaurants, in denen er schwarz arbeitete, und er arbeitete sporadisch in der Be-kleidungsbranche. Es ist nicht bewiesen worden, daß er in dieser Periode tötete, doch Benjamin Raspail behauptete, daß er das tat.
Er arbeitete im Antiquitätenladen, wo die Schmetterlingsorna-mente gemacht wurden, als er Raspail kennenlernte, und er ließ sich einige Zeit von dem Musiker aushallen. Zu diesem Zeitpunkt entwickelte Gumb auch seine Manie für Nachtschwärmer und Schmetterlinge und die Wandlungen, die sie durchlaufen.
Nachdem Raspail ihn verließ, brachte Gumb Raspails nächsten Liebhaber, Klaus, um, köpfte und häutete ihn teilweise ab.
Später kam er im Osten bei Raspail vorbei. Raspail, stets von schlimmen Jungs entzückt, stellte ihn Dr. Lecter vor.
Dies wurde in der Woche nach Gumbs Tod bewiesen, als das FBI von Raspails nächsten Verwandten die Tonbänder von Raspails Therapiesitzungen mit Dr. Lecter beschlagnahmte.
Vor Jahren, als Dr. Lecter für geistesgestört erklärt wurde, hatte man die Bänder der Therapiesitzungen den Familien der Opfer übergeben, damit diese sie vernichteten. Raspails streitsüchtige Verwandten behielten die Aufnahmen jedoch, in der Hoffnung, sie zur Anfechtung von Raspails Testament zu verwenden. Sie hatten das Interesse an den frühen Bändern verloren, die nur Raspails langweilige Reminiszenzen über sein Schulleben enthielten.
Nach der
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