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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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zu tun gehabt.«
    Unwillkürlich grinste sie ebenfalls, trotz der jüngsten Bedrängnisse. »Und mein Gesicht – ich fürchte, es sieht furchtbar aus.«
    Er neigte den Kopf zur Seite und begutachtete sie. »Ihr Gesicht ist bezaubernd.« Er nickte zu den Jungen hin. »Sie passen gut zu meiner Truppe hier. Das sind meine Söhne – Jeremia, Hesekiel, Jesaja und Tom. Amos, mein Ältester, ist in der Schule.«
    »Hallo. Ich bin Miss Keene.« Der Name war ihr entschlüpft, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Aber wie hätte sie solche entzückenden, wenn auch schmutzigen Jungen, anlügen können?
    Mr Tugwell reichte ihr sein Taschentuch und tippte sich mit seinem breiten Finger an eine Stelle an der Wange.
    Errötend wischte sie über die gleiche Stelle an ihrer Wange. »Ich fürchte, ich bin gefallen und habe mich in einen schlimmen Zustand gebracht.«
    »Geht uns das nicht allen so?«, erwiderte er mit einem Zwinkern seiner freundlichen haselnussbraunen Augen. »Könnte das nicht jeder von sich sagen?«
    Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte, gab ihm das Taschentuch zurück und fragte: »Und wer ist das?«, als der Spaniel an ihren Röcken schnüffelte.
    »Das ist Harley«, informierte sie der kleine Tom.
    »Harley gefallen diese Wanderungen genauso gut wie uns«, erklärte Mr Tugwell. »Die Dame des Hauses meint, dass männliche Tiere viel Bewegung brauchen, damit sie nicht im Haus herumtoben.« Er grinste. »Das gilt auch für den Hund.«
    Sie lächelte. »Können Sie mir sagen, wie ich nach St. Aldwyns komme, Sir?«
    »Mit Vergnügen.« Der Pfarrer stopfte sich das Tuch wieder in die Tasche. »Wir wollen nach Arlington, was auf Ihrem Weg liegt. Dürfen wir Sie bis dahin begleiten?«
    »Gerne.« Sie überlegte einen Moment. »Vermutlich ist es meine vordringliche Aufgabe, mich um mein Aussehen zu kümmern. Gibt es irgendwo in Arlington eine Möglichkeit, Nadel und Faden und vielleicht ein Paar Handschuhe zu kaufen?«
    »Die gibt es im Laden von Eliza Ludlow. Miss Ludlow ist eine Bekannte von uns. Es wird uns ein Vergnügen sein, Sie vorzustellen.«
    »Danke, das ist sehr freundlich von Ihnen. Vielen Dank.«
    Begleitet von Mr Tugwell und seinen Jungen schritt Olivia über eine Steinbrücke in der Nähe der Dorfmühle und bog in die Hauptstraße ein. Sie passierten das Hotel Schwanen und eine Reihe von Weberhütten – erkennbar an den Steintrögen zum Waschen und Färben der Stoffe und dem flachen Mühlgraben, der daran vorbeifloss. Sie überquerten die gepflasterte Straße und näherten sich einer Ansammlung von Läden – es gab einen Krämer, einen Stoffhändler und das versprochene Damengeschäft, in dessen mehrteiligem Erkerfenster Hüte und Hauben ausgestellt waren.
    »Bitte wartet hier auf mich, Kinder«, wies Mr Tugwell die Jungen an. »Und haltet Harley dieses Mal von den Waren des Krämers fern, ja?«
    Der Pfarrer öffnete Olivia die Tür. Schnell strich sie ein paar Haarsträhnen an den Schläfen zurück und trat ins Innere, während die Glocke noch läutete.
    Der Laden war klein und ordentlich und roch angenehm. In den Regalen präsentierten sich Handschuhe, Schals, Strümpfe, Fächer und Pelzkragen. Eine Schneiderpuppe trug ein Spazierkleid aus weißem Battistmusselin mit Volant. Auf dem vorderen Ladentisch gab es Modemagazine und ein Kosmetik- und Parfumsortiment.
    Eine Frau in den Dreißigern, bekleidet mit einem attraktiven geschnürten Kleid aus gestreiftem Twill, stand an einer aufgeräumten Theke. Sie lächelte den Pfarrer strahlend an. »Mr Tugwell, was für eine angenehme Überraschung.«
    Die Warmherzigkeit in ihrem Blick verringerte sich nur minimal, als Olivia näher trat.
    »Guten Nachmittag, Miss Eliza.« Der Pfarrer verbeugte sich leicht. »Darf ich Ihnen vorstellen: Miss Keene aus …?«
    Olivia zauderte. »Aus … der Nähe von Cheltenham.«
    »Sie braucht Ihre Dienste.«
    »Aber gern.« Miss Ludlow wandte ihre freundlichen braunen Augen in Olivias Richtung.
    Mr Tugwell richtete sich auf. »Ich überlasse den Damen das Feld. Ich kenne mich mit diesen Finessen nicht aus und muss gestehen, dass ich auch nicht viel darüber wissen will.« Er lächelte Olivia an. »Aber Sie können Miss Ludlow voll und ganz vertrauen, das versichere ich Ihnen.«
    Die Frau errötete bei seinem Lob.
    Mr Tugwell strich sich nachdenklich über die Lippen. »Ich möchte nicht anmaßend sein, Miss Keene, aber es wird spät und St. Aldwyns ist noch einige Kilometer entfernt. Sie wären herzlich

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