Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
ihrer Mutter einen Blick zu. Es stand ihr nicht zu, ihn zurück nach Hause einzuladen.
    »Du gehst sicher zurück zu Lord Brightwell mit seinen Reichtümern und dem Titel«, fuhr er fort. »Und ich würde es dir nicht übelnehmen. Kein bisschen.«
    »Hör mir zu«, sagte Olivia. »Lord Brightwell ist ein sehr freundlicher und großzügiger Mann, aber er ist nicht mein Vater. Das ist dein Titel, ob du ihn annimmst oder nicht.«
    Er musterte sie. Er wollte ihr glauben, das spürte sie, aber er traute sich nicht recht.
    »Der Mann ist vielleicht ein Earl«, sprach Olivia weiter und versuchte zu grinsen, »aber er ist kein Fachmann in der Mathematik, das versichere ich dir. Genau genommen macht er ein ziemliches Kuddelmuddel daraus.« Langsam schüttelte sie den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. »Vor langer Zeit habe ich deine dunklen Haare und deine rechnerische Begabung geerbt. Du kannst mich jetzt nicht enterben.«
    Er hob die Mundwinkel zu einem bebenden Lächeln. »Niemals.«

     
    Edward marschierte vor dem Gefängnis auf und ab, als Olivia endlich heraustrat. Allein. Er betrachtete prüfend ihr Gesicht und war erleichtert, nur noch eine Spur der vorherigen Aufregung darin zu entdecken. Er atmete tief aus.
    »Sie kommen auch bald«, sagte sie mit einem unsicheren Lächeln. »Sie wollten sich erst noch allein unterhalten, wie Sie sich vorstellen können.«
    Er nickte, drückte ihre Hand und fragte sich, was wohl bei diesem Gespräch herauskommen würde.
    Ein paar Minuten später tauchten Simon und Dorothea Keene auf, nicht Arm in Arm, aber immerhin Seite an Seite.
    Edward trat vor und schüttelte Mr Keene die Hand. Olivia stellte die beiden Männer einander förmlich vor, obwohl sie sich unter ungünstigen Umständen bereits einmal begegnet waren.
    Simon Keene dankte Edward für seinen Beitrag zu seiner Befreiung und räusperte sich dann. »Die Sache ist die«, fing er verlegen an, »es wäre für keinen von uns klug, nach Withington zurückzukehren. Da wären wir Fitzpatrick zu nahe, verstehen Sie? Und natürlich habe ich dort keine Stelle mehr. Dorothea würde gern in die Schule zurückkehren –«
    »Nur für eine Weile«, stellte Mrs Keene schnell klar. »Ich denke, ich sollte bis zum Ende des Schuljahrs dort bleiben.«
    »Und ich denke, ich sollte ins Armenhaus zurückgehen«, erklärte Mr Keene, »um mit dem Pfarrer zu sprechen. Und später dann …« Er schaute kurz zu Dorothea und wieder weg. »Nun gut, das werden wir sehen.«
    Edward blickte zu Olivia, die mit tapferem Nicken ihr Verständnis ausdrückte. Er hoffte, dass sie nicht zu enttäuscht darüber war, dass es keine sofortige Versöhnung ihrer Eltern geben würde.
    Aber mit der wirklich weisen Beratung von Mr Tugwell – und viel Gebet und Geduld – würden sie bestimmt bald wieder zusammenfinden.
    Edward schickte den Kutscher erst nach St. Aldwyns, wo Mrs Keene ihren Mann zögernd anlächelte und Olivia mit dem Versprechen umarmte, sie bald zu besuchen.
    Dann brachten sie Mr Keene zum Armenhaus, wie er es gewünscht hatte. Aber als sie dort ankamen, eilte Charles Tugwell herbei und bestand darauf, dass Mr Keene ins Gästezimmer des Pfarrhauses zog. Eine Geschäftsfrau aus dem Dorf, eine Miss Ludlow, wie Edward glaubte, kam hinter dem Pfarrer her, lächelte und winkte Olivia zu.
    Als Olivia begann, sich mit ihr und Charles zu unterhalten, zog Edward Simon Keene beiseite.
    »Ich frage mich, Mr Keene, ob Sie die Stelle als Sekretär in Brightwell Court interessieren könnte?«
    Der Mann runzelte die Stirn. »So jemand wie mich wollen Sie doch bestimmt nicht in Ihrem Haus, nach allem, was passiert ist.«
    »Im Gegenteil«, erwiderte Edward. »Mein Vater hat unseren Angestellten Walters zum Verwalter befördert. Nun haben wir keinen Sekretär mehr. Und wie ich gehört habe, können Sie sehr gut mit Haushaltsbüchern umgehen, genau wie Ihre Tochter.«
    »Bieten Sie mir das ihr zuliebe an?«
    »Und wenn es so wäre?«
    »Ihr Vater kann unmöglich dafür sein.«
    »Mein Vater hat gegenwärtig dringendere Dinge im Kopf – er muss ein neues Testament aufsetzen, einen neuen Erben einlernen und sich um neue Mündel kümmern.«
    »Und was sagt Liv – Olivia dazu?
    »Warum fragen Sie sie nicht selbst?« Edward sah zu Olivia hinüber und ihm wurde warm ums Herz, als er sah, wie sie ihn und ihren Vater anlächelte.
    Simon Keene schaute ebenfalls zu ihr hin und langsam ging ein Lächeln über sein niedergeschlagenes Gesicht. »Vielleicht werde ich das

Weitere Kostenlose Bücher