Das Schweigen der Toten
dich in die Lage von Meister Tod. Weißt du noch, was ich dir darüber gesagt habe, wie Serienkiller ihre Opfer auswählen?»
Es war ein einziger zufälliger Blick, der darüber entscheiden konnte, erinnerte sich Kat. Aber wo in Perry Hollow hatte der Mörder seine Opfer entdeckt?
«Er hat sie zufällig gesehen», antwortete sie. «George Winnick, Troy Gunzelman und Amber Lefferts.»
Und James. Das konnte sie nicht vergessen, sosehr sie es sich auch wünschte. Gott sei Dank war er jetzt bei Lou van Sickle zu Hause in Sicherheit. Aber der Killer hatte auch ihn gesehen. Irgendwo. Irgendwann.
«Ich muss wissen, wo er sie gesehen hat.»
«Wo in Perry Hollow herrscht starker Verkehr?»
Nick machte nun schon einen sehr viel wacheren Eindruck. Er schaffte es sogar, sich ganz aufzurichten. Dabei rutschte das Album von seinem Schoß und fiel zu Boden.
Kat bückte sich, um es aufzuheben. «In der Main Street natürlich. Und dann wären da noch
Big Joe’s
, der Diner und
Shop and Save
.»
Sie legte das Buch aufs Bett zurück und sammelte die Zettel, Fotos und Zeitungsausschnitte ein, die herausgefallen waren. Die Ausschnitte stammten, wie sie sah, alle aus der
Gazette
. Einer dokumentierte den Leichenfund an der Old Mill Road, ein zweiter die Beisetzung von George Winnick.
Darunter lag ein Artikel über Arthur McNeils Selbstmord während der Trauerfeier für Troy Gunzelman. Auf einem Foto war das Bestattungsinstitut abgebildet, die viktorianische Villa unter blauem Himmel.
«McNeil’s», murmelte sie.
Auch das war während der vergangenen Monate ein Ort, an dem viel Kommen und Gehen herrschte. So viele grausige Morde. So viele Beisetzungen.
«Was ist mit den Beisetzungen von George und Troy», sagte sie. «Glaubst du, der Killer war dabei?»
«Gut möglich», antwortete Nick. «Es ist bekannt, dass Serienkiller gern dabei sind, wenn ihre Opfer unter die Erde gebracht werden.»
Kat erinnerte sich. Als George und Troy beerdigt worden waren, hatte praktisch die ganze Stadt Anteil genommen.
«Ich denke jetzt weniger an einen letzten Blick auf die Opfer, sondern vielmehr an den ersten.»
Nick schüttelte den Kopf. Er war sichtlich verwirrt. «Ich verstehe nicht ganz.»
«Alma Winnicks Bruder starb einen Monat vor ihrem Mann. Sie sagt, George habe sich bei der Trauerfeier als Erster ins Kondolenzbuch eingetragen.»
«Und war Troy Gunzelman nicht einer der Sargträger auf Georges Beerdigung?», fragte Nick.
«Ja, der erste.»
«Ich wette, auch er hat sich ins Kondolenzbuch eingetragen.»
«So wie Amber Lefferts bei Troys Beisetzung», fügte Kat hinzu. «Das habe ich selbst gesehen.»
Sie zählte zwei und zwei zusammen.
«Es war bei diesen Gelegenheiten», sagte sie. «Dort hat der Killer seine Opfer ausgewählt.»
Über die jeweiligen Kondolenzbücher war er wahrscheinlich an die Namen von George, Troy und Amber herangekommen. Anschließend hatte er sie beobachtet, monatelang, George in der Scheune, Troy in der Turnhalle und Amber Lefferts bei ihr zu Hause. Er hatte auf der Lauer gelegen und einen geeigneten Moment abgewartet, um ungestört zuschlagen zu können. Bei George war es die Scheune, nachdem er von seiner Frau weggelockt worden war, bei Troy der Nationalfeiertag, an dem sich sonst niemand in der Umkleide aufhielt, und bei Amber, als sie allein zu Hause war.
Nur eine Frage war noch unbeantwortet. Nick stellte sie.
«Aber wer sollte an all diesen Beerdigungen teilgenommen haben?»
Arthur McNeil natürlich. Doch der war tot. Er konnte Amber und Henry nicht entführt haben. Zwei andere Mitarbeiter des Bestattungsinstituts aber lebten noch.
«Robert McNeil und Deana Swan», sagte Kat.
Sie ging die Zeitungsausschnitte durch auf der Suche nach Artikeln über die Beisetzungen. Vielleicht enthielt einer davon eine Liste der Trauergäste oder ein Foto, auf dem sie zu sehen waren.
Sie verteilte die Ausschnitte auf der Bettdecke, wobei ihr die geschmacklose, fettgedruckte Schlagzeile MEISTER TOD HOLT NEUES OPFER ins Auge sprang. Darauf lag ein anderer Schnipsel, der den Anfangsbuchstaben verdeckte, sodass von MEISTER nur EISTER zu lesen war.
«Wonach suchst du?», fragte Nick.
Kat hob den Zeigefinger und führte ihn an die Lippen, um Nick zum Schweigen zu bringen. Dann legte sie den Zeigefinger auf das I von EISTER .
«Gütiger Himmel», murmelte sie. «Wie konnten wir das übersehen?»
Sie nahm den Schnipsel mit der Schlagzeile zur Hand und machte sich daran, ihn vorsichtig in Stücke zu reißen. Am
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