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Das Schweigen der Tukane

Das Schweigen der Tukane

Titel: Das Schweigen der Tukane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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abholen, um mit ihr unterzutauchen, wie Monika vermutete? Wenn ja, aus welchem Grund? Hatte sie etwas gesehen, kannte sie gar den Mörder? Oder war sie die Täterin?
    «Worüber denkst du nach? Man spürt ja förmlich, wie dein Hirn arbeitet.»
    «Wieso versteckt sich Nora?»
    «Weil sie den Mörder kennt und jetzt um ihr Leben fürchtet. Grauwilers Chauffeur wartet unten, soll ich ihn raufholen? Hast du gewonnen?» Nadine zeigte auf die Lottozahlen.
    «Nein, aber es ist sowieso etwas dazwischengekommen, wie du weisst.»
    «Was kostet ein Lottoschein?»
    «Kommt ganz darauf an, wie hoch dein Einsatz ist. Du kannst schon für drei Franken spielen.»
    «Und du?»
    «Immer für einundzwanzig.»
    «Zwei Mal in der Woche?»
    «Nicht immer.»
    «Blödsinn, natürlich spielst du zwei Mal in der Woche. Swiss Lotto, Euro Millions, dann Lotto in Deutschland und in Frankreich.»
    «In Frankreich spiele ich nicht.»
    «Gut. Das macht hundertsechsundzwanzig Franken in der Woche. Aufs Jahr hochgerechnet gibst du mehr als sechstausendfünfhundert Franken aus! Wahnsinn. Wie viel gewinnst du im Jahr?»
    «So darfst du nicht rechnen. Es könnte ja sein, dass ich den Jackpot knacke. Ferrari, der Millionär! Wie klingt das?»
    «Es hätte ja eine Igeldame sein können, sprach der Igel und sprang vom Kaktus.»
    «Hm!»
    «Was ist jetzt mit dem Chauffeur?»
    «Ja, hol ihn bitte. Danke, Nadine.»
    Max Gerber war um die sechzig. Ziemlich korpulent. Verlegen klammerte er sich an sein Béret.
    «Setzen Sie sich bitte, Herr Gerber.»
    «Eine schlimme Sache, Herr Kommissär. Eine schlimme Sache.»
    «Würden Sie uns bitte erzählen, was Sie gestern Morgen gesehen haben?»
    «Nicht viel. Nicht viel. Ich musste meinen Chef in der Kanzlei abholen. Das war schon ein wenig eigenartig. Eigenartig.»
    «Wieso?»
    «Der Chef war kein Frühaufsteher. Normalerweise holte ich ihn um neun Uhr zu Hause ab. Seine ersten Termine hatte er dann so gegen zehn.»
    «Und gestern bestellte er Sie nicht nach Hause, sondern ins Büro.»
    «Ja, ganz sonderbar. Ganz sonderbar. Seit Langem wieder einmal ging er in sein Büro. Wissen Sie, er ist nicht mehr oft dort, weil er ja keine Kunden mehr betreut. Und dann noch so früh am morgen. So früh.»
    «Wann rief er Sie an?»
    «Um halb sieben. Ich sass mit meiner Frau beim Tee. Ich trinke morgens immer eine Kanne Tee. Das gibt mir dann den Boden für den Tag. Dazu lese ich die Zeitung und bereite mich auf den Tag vor. Kaffee vertrage ich nicht. Zum Glück erreichte er mich noch daheim.»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Ursprünglich war geplant, dass ich ihn zu Hause abhole, Frau Kupfer. Er rief mich also an, um mir die Programmänderung mitzuteilen. Er meinte, ich solle ihn um halb acht in der Kanzlei aufladen. Das waren seine Worte. Aufladen. Ich wartete unten auf ihn. Als er nicht kam, bin ich mit dem Lift hochgefahren. Da bin ich ihm geradewegs in die Arme gelaufen.»
    «Waren noch andere Leute im Büro?»
    «Nein, er war ganz allein. Ganz allein. Es ist eine kleine Kanzlei, Herr Kommissär. Sie sind nur zu dritt: Herr Kuster, mein Chef und Frau Steiner. Uiuiui, der Chef war ziemlich schlecht gelaunt. Ich fragte, ob ich helfen könne, aber er verneinte. Die Akte, die er suche, liege wahrscheinlich in Bern. Dann bat er mich, ihn ins Gundeli zu fahren, was ich selbstverständlich tat.»
    «Haben Sie ihn schon öfters in die Lerchenstrasse gefahren?»
    «Nein, zum ersten Mal. Ich musste das Haus zuerst suchen. Dieser Umstand gab Anlass zu einer Grundsatzdiskussion. Der Chef meinte, ich solle mir endlich ein GPS zulegen, denn Zeit sei ja bekanntlich Geld. Er war an diesem Morgen sehr schlecht gelaunt. Sehr schlecht.»
    «Dann waren Sie so gegen acht dort.»
    «Kurz vor acht. Ich parkierte vor dem Haus und wartete.»
    «Wussten Sie, wen er aufsucht?»
    «Das … das ist mir jetzt aber peinlich … Der Chef ist bei einer Prostituierten gewesen. Hanspeter Sonderegger hat es mir im Vertrauen erzählt. Peinlich. Peinlich.»
    «Hat Ihnen Peter Grauwiler gesagt, wie lange es dauert?»
    «Nein, nur, dass ich warten soll. Das kam des Öfteren vor. Ich habe immer wieder Stunden lang vor Lokalen gewartet, ich lese dann eine Zeitung oder ein gutes Buch. Das Warten macht mir nichts aus.»
    «Aber Sie haben noch nie in der Lerchenstrasse auf Ihren Chef gewartet, richtig?», hakte Nadine nach.
    «Dort noch nie. Noch nie, Frau Kupfer. Aber das wundert mich auch nicht. Wenn der Chef dort seinen … seinen Vergnügungen nachging, wollte er

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