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Das Schweigen der Tukane

Das Schweigen der Tukane

Titel: Das Schweigen der Tukane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gold
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dem Parkplatz. Er beschwor mich erneut, mich zu stellen. Zum Schein willigte ich ein. Als Thuri zum Handy griff, um Nadine anzurufen, erschlug ich ihn.»
    «Womit?»
    «Mit einem Stein … einem von der Baustelle.»
    Ferrari wippte mit dem Stuhl hin und her. Diese Wendung kam unerwartet, obwohl einiges gegen Nora Schüpfer gesprochen hatte. Nadine stellte das Aufnahmegerät ab.
    «Es ist Ihnen klar, dass Sie wegen zweifachen Mordes vor Gericht gestellt werden? Und dass es nicht gut für Sie aussieht?»
    Sie nickte.
    «Nadine.»
    «Ja, Nora?»
    «Ich habe eine Bitte … Thomas, das ist der Vater von Julie. Ich war gestern bei ihm. Er wird keine Ansprüche auf Julie stellen. Nur, ich traue ihm nicht. Wenn er erfährt, dass Geld da ist, wird er plötzlich den fürsorglichen Vater mimen. Julie ist jetzt bei Rebecca, sie wird sich um meine Kleine kümmern. Was ist, wenn sie gegen Thomas nicht ankommt? Immerhin ist er ihr Vater. Nadine, ich habe solche Angst um meine Julie …» Tränen liefen über ihre Wangen.
    «Ich werde dafür sorgen, dass Thomas Lutz weder deine Kleine noch einen Franken von deinem Geld bekommt, Nora. Versprochen.»
    Schluchzend warf sie sich Nadine an den Hals.
    «Danke!»
    «Gratuliere, Herrschaften! Der Fall ist gelöst. Wunderbar. Ich werde morgen eine Pressekonferenz einberufen. Dann können wir jetzt wieder zur Tagesordnung übergehen. Ich habe zwar nur den letzten Teil des Verhörs mitgekriegt, aber das genügt. Eine kalte Frau! Es friert mich noch immer bei ihren Schilderungen. Vielleicht kommt sie im Fall Grauwiler mit Notwehr durch. Ich denke zwar nicht, der dritte Stich war einer zu viel. Und für den Mord an Arthur Koch kriegt sie lebenslänglich. Das arme Kind!»
    Nadine sass mürrisch am Tisch, während Ferrari mit seinem Kugelschreiber auf der Akte Grauwiler herumklopfte. Keiner der beiden sprach ein Wort.
    «Gute Arbeit, Herrschaften! Wirklich tadellos», wiederholte Borer sichtlich irritiert.
    «Warten Sie noch mit der Pressekonferenz, Herr Staatsanwalt.»
    «Wieso?»
    «Ich glaube Nora Schüpfer kein Wort!»
    Borer setzte sich mit offenem Mund auf den Stuhl, auf dem Nora Schüpfer noch vor einer Minute ihre Aussage gemacht hatte.
    «Hören Sie, Ferrari, der Fall ist gelöst! Was wollen Sie eigentlich noch mehr? Es war eine lückenlose und glaubwürdige Schilderung der beiden Tathergänge. Sie hat gestanden. Da», er zeigte auf das Aufnahmegerät, «spulen Sie zurück und hören Sie es sich an. Sie sind schon ein komischer Kauz. Sie fassen die Mörderin, was sage ich, die zweifache Mörderin, und sind trotzdem nicht zufrieden … Nun helfen Sie mir doch, Frau Kupfer!»
    «Francesco wird seine Gründe haben.»
    «Natürlich! Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel … Nun gut, Herrschaften, der Fall ist abgeschlossen und ich habe nicht vor, mir die halbe Nacht hier im Kommissariat um die Ohren zu schlagen. Morgen werde ich den Ersten Staatsanwalt orientieren. Gute Nacht!»
    Der Kommissär klopfte unbeirrt weiter mit dem Kugelschreiber auf die Akte.
    «Noch etwas, Ferrari», Borer steckte nochmals den Kopf durch die Tür, «falls sich wider Erwarten neue Erkenntnisse ergeben, informieren Sie mich, und zwar bevor ich die Pressekonferenz gebe. Damit wir uns richtig verstehen, nur wenn Sie Fakten, nichts als reine Fakten zu bieten haben. Keine Intuition, kein Bauchgefühl, ist das klar?»
    «Sicher, glasklar. Sollten wir neue Beweise haben, informieren wir Sie.»
    «Und wieso glaube ich Ihnen kein Wort, Ferrari?»
    «Vielleicht, weil Ihnen das Ihr Bauch zuflüstert.»
    «Was passt dir nicht, Francesco? Die Schilderungen klangen doch logisch.»
    «Ich weiss es nicht. Ich habe sie genau beobachtet. Es wirkte alles so …»
    «So einstudiert. Automatisch, wie ein gut laufendes Uhrwerk.»
    «Genau. Einstudiert ist das richtige Wort. Und dort, wo sie nicht sicher gewesen ist, wich sie uns aus.»
    «Stimmt. Beim dritten Stich zum Beispiel oder beim Freund, der Julie mit dem BMW abgeholt hat, und auch beim Mauerstein stockte sie. Zudem sprach sie nur von einer Million.»
    «Ob eine oder zwei Millionen spielt keine Rolle. Grauwiler musste so oder so aus der Bürgschaft rauskommen. Rufst du bitte Rebecca Haller an und fragst sie, ob Julie bei ihr ist, und überprüf bitte auch gleich, ob Grauwiler wirklich am Dienstagabend Nora angerufen hat. Danke.»
    Ferrari öffnete das Fenster. Ziemlich stickig in meinem kleinen Büro. Was gefällt mir nicht? Wo genau bin ich stutzig geworden? Jedes Detail

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