Das Schweigen der Tukane
Noldi.»
Nora Schüpfer rutschte nervös auf dem Stuhl hin und her.
«Möchten Sie einen Kaffee?»
«Nein, vielen Dank. Können wir es schnell hinter uns bringen? Bitte!»
Ferrari nickte. Nadine stellte das Aufnahmegerät auf den Tisch.
«Bist du damit einverstanden, dass wir das Gespräch aufnehmen?»
«Ja.»
Ferrari klärte sie über ihre Rechte auf.
«Sie können sich das sparen, Herr Ferrari. Machen wir es kurz. Ich möchte ein Geständnis ablegen: Ich habe Peter Grauwiler und meinen Freund Arthur Koch ermordet.»
Den letzten Satz sprach sie absolut emotionslos ins Mikrofon.
«Aus welchem Grund?»
«Es war eine Impulshandlung. Ich … ich versuchte, Grauwiler zu erpressen. Thuri hielt vor einigen Wochen um meine Hand an. Das war für mich die Erfüllung meiner Träume. Sie müssen wissen, Thuri war der erste Mann, dem es vollkommen egal gewesen ist, dass ich eine Prostituierte bin. Zuerst lehnte ich ab, aus Angst vor Enttäuschung. Schliesslich willigte ich ein, ich wollte meinen Traum leben. Und so begann ich meine Finanzen zu ordnen und kam auf die Idee …»
«Sie wollten nochmals einen letzten Coup landen.»
«Genau. Mein Gespartes reichte noch nicht für ein sorgenfreies Leben. Also begann ich, Peter zu erpressen.»
«Grauwiler war Kunde bei Ihnen?»
«Ja.»
«Und weshalb gerade Grauwiler? Markwalder ist um ein Vielfaches reicher.»
«Stimmt. Aber Peter stand in der Öffentlichkeit und war deshalb ein dankbares Opfer. Seinen Ruf wollte er nicht aufs Spiel setzen.»
«Haben Sie ihn schon früher erpresst?»
«Ja.»
«Und trotzdem ist er weiter zu Ihnen gekommen?»
«Ich verstehe die Frage nicht.»
«Trotzdem nahm er weiter Ihre Dienste in Anspruch?»
«Nein. Das schon nicht.»
«Gibt es andere Personen, die Sie erpressten?»
«Einige.»
«Ehemalige Kunden?»
«Wen denn sonst? Sicher keine, die noch zu mir kommen. Oder glauben Sie, dass jemand mit mir schläft, wenn er gleichzeitig von mir erpresst wird?» Sie verlor zum ersten Mal die Nerven.
«Weshalb brachten Sie Grauwiler um?»
«Es … es war Notwehr. Er wollte mich ermorden.»
«Können Sie uns bitte den Ablauf jenes Morgens schildern.»
«Peter rief mich am Dienstagabend an.»
Ferrari notierte sich, überprüfen, ob das stimmt.
«Er wolle am Mittwochmorgen, gegen acht, vorbeikommen, um mir das Geld zu bringen.»
«Wie viel wollten Sie von ihm?»
«Eine Million in bar. Er ist pünktlich erschienen, aber ohne Geld. Er könne so viel nicht auftreiben. Ich lachte ihn aus und stellte ihm ein Ultimatum. Wenn er bis Ende Woche das Geld nicht auftreibe, würde ich die Medien informieren. Da ist er vollkommen ausgerastet, er ging auf mich los. Zum Glück konnte ich nach dem Messer greifen, sonst wäre ich jetzt tot.»
«Wie viele Male stachen Sie zu?»
«Das … das weiss ich nicht mehr. Mehrmals.»
«Weshalb stachen Sie nochmals zu, als er schon auf dem Bett lag?»
«Weil … weil er meine Zukunft zerstörte, meinen Traum vom Glück. Mit seinem Geld hätte es für ein sorgenfreies Leben gereicht. Ich … ich bin dann weggerannt und verkroch mich im Haus von Bekannten, die in den Ferien sind.»
«Wo?»
«In einem Einfamilienhaus bei den Langen Erlen, im Surinam.»
«Wo ist Julie?»
«Jetzt wieder bei Rebecca. Ein Freund holte sie in meinem Auftrag in Bettingen ab und brachte sie zu mir.»
«Wusste Rebecca, dass Julie bei Ihnen ist?»
«Nein. Ich befürchtete, dass die Polizei das Telefon abhört, vielleicht auch Rebeccas Handy. Sie war vollkommen aufgelöst. Es tut mir sehr leid, dass ich sie in diese Sache mit hineingezogen habe.»
Wenn das mit dem Abhören so einfach wäre. Aber das konnte Nora nicht wissen.
«Wie heisst der Freund?»
«Das möchte ich nicht sagen. Ich will ihm keine Schwierigkeiten machen.»
«Wusste Thuri, wo du dich versteckst?», klinkte Nadine sich ins Verhör ein.
«Seit dem letzten Donnerstag. Wir trafen uns in den Langen Erlen. Ich beichtete ihm den Mord an Grauwiler und, dass ich mich mit Julie und Rebecca ins Ausland absetzen will. Ich flehte ihn an, mitzukommen, doch er wollte nicht. Thuri meinte, ich solle mich stellen. Es sei doch Notwehr gewesen. Vielleicht käme ich glimpflich davon. In der Zwischenzeit würde er für Julie sorgen. Ich bat um einen Tag Bedenkzeit.»
Die Tür öffnete sich leise, Staatsanwalt Borer huschte im Freizeitlook hinein. Er deutete Ferrari an, fortzufahren.
«Was ist am nächsten Tag passiert?»
«Ich traf Thuri am gleichen Ort wieder, dieses Mal auf
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