Das Schweigen der Tukane
lassen Sie es mich bitte wissen. Das ist kein Lippenbekenntnis, ich meine es aufrichtig. Peter war wirklich mein bester Freund und ein hochanständiger Mensch. Sein Andenken darf nicht besudelt werden.»
23. Kapitel
«Wieso belügt uns Remo Kuster?», wandte sich Nadine auf dem Parkplatz an den Kommissär.
«Tut er das? Hanspeter Sonderegger wirkte sehr souverän, Nadine. Eine Spur zu souverän für meinen Geschmack. Was ist, wenn er uns täuscht?»
Nadine ging gar nicht auf Ferraris Einwände ein.
«Und woher weiss Kuster von der Bürgschaft und von Grauwilers Bemühen, diese abzulösen?»
«Du verrennst dich, Nadine. Bestimmt hat ihm Grauwiler selbst davon erzählt.»
«Möglich. Das erklärt aber noch lange nicht, warum er behauptet, Grauwiler habe ihn gebeten, die Bürgschaft abzulösen? … Da fällt mir ein, Nora hat keinen Namen erwähnt, sie redete nur von ihm!»
Ferrari schaute seine Kollegin irritiert an.
«Erinnerst du dich nicht mehr, Francesco? Auf die Frage, ob Julie entführt worden sei, antwortete Nora mit Ja. Damit ihr bewusst werde, dass sie ihm hilflos ausgeliefert sei. Ihm … Nora sprach von Remo Kuster!»
«Jetzt hör aber auf.»
«Grauwiler und Kuster, das ist es! Oder weit schlimmer», flüsterte Nadine, «Emma und Kuster!»
«Das ist nicht dein Ernst?! Der Cognac ist dir aber wirklich nicht bekommen. Soll ich fahren?»
«Nein. Komm schon, lass dich auf das Gedankenspiel ein. Angenommen, Grauwiler war tatsächlich eine ehrliche Haut und kommt Kuster und Emma auf die Schliche. Die beiden fühlen sich in die Enge getrieben, haben Angst aufzufliegen und bringen Grauwiler um. Das Gleiche widerfährt auch Thuri. Als er wusste, dass die beiden die Drahtzieher und Mörder von Grauwiler sind, wurde er zur Hypothek und musste eliminiert werden.»
«Theoretisch möglich. Also gut, fahren wir ins Kommissariat und reden nochmals mit Nora.»
«Übrigens, Themawechsel, Paul hat …»
«Hör mir bloss mit eurem Paulchen auf», fiel ihr Ferrari ins Wort. «Das war ein starkes Stück.»
«Oho! Der Herr verteidigt sein Revier. Interessant.»
«Blödsinn.»
«Ich wollte nur sagen, der Vorfall mit dem Zettel unter meiner Windschutzscheibe ist geklärt. Es war einer von Pauls Mechanikern. Paul hat ihn schriftlich abgemahnt. Damit ist die Sache vom Tisch.»
«Hm!»
Ein weiterer Punkt für den Werkstattzwerg.
Nora Schüpfer war blass und wirkte nervös.
«Wir machen es kurz, Frau Schüpfer! Wir haben genug von Ihren Lügen. Jetzt sind Sie entschieden zu weit gegangen. Sie liessen uns im Glauben, dass Peter Grauwiler und Hanspeter Sonderegger Dealer sind. Bravo! Wir sind schön auf Sie reingefallen. Inzwischen wissen wir aber, dass Remo Kuster Ihr Lieferant war. Ist das korrekt?»
«Nein! Ich kenne keinen Remo Kuster.»
«Also doch Hanspeter Sonderegger?», setzte der Kommissär nach. «Grauwiler und Sonderegger.»
«Ja!»
Ein triumphierendes Lächeln umspielte Ferraris Lippen, denn damit löste sich Nadines neuste Theorie in Luft auf.
«Wieso beharrst du auf deiner Aussage? Du lügst!»
«Nein, es ist die Wahrheit, Nadine. Mein Gefühl sagt mir, dass Julie in Gefahr ist. In grosser Gefahr sogar. Ihr müsst Hanspeter aus dem Verkehr ziehen, und zwar so schnell wie möglich, bevor er Julie etwas antut. Bitte!»
«Wir lassen ihn sofort verhaften, wenn Sie schwören, die Wahrheit gesagt zu haben.»
«Ja, ich schwöre es!»
«Und nun, Frau Kommissärin?», schmunzelte Ferrari und reichte ihr einen Pappbecher mit Kaffee.
«Ist es an der Zeit, bei Remo Kuster und Emma Grauwiler Abbitte zu leisten, zumindest in Gedanken. Sonderegger ist der perfekte Schauspieler. Wahnsinn! Ich habe mich wie eine Anfängerin einlullen lassen. Jetzt im Nachhinein könnte ich mich ohrfeigen.»
«Kann ja mal vorkommen. Borer soll einen Haftbefehl ausstellen.»
«Den wir persönlich vollziehen. Diese Genugtuung lassen wir uns nicht entgehen!»
Staatsanwalt Borer kümmerte sich fürsorglich um seine Pflanzen.
«Wie bitte? Verstehe ich Sie richtig, Peter Grauwiler ein Dealer und Hanspeter Sonderegger, der Parteipräsident, sein Komplize? Und Sie vermuten weiter, dass Sonderegger auch hinter dem Mord an Arthur Koch steckt?»
«Sie giessen den Boden, Herr Staatsanwalt.»
«Wie? Ach, du meine Güte!»
Umständlich kramte Borer ein Päckchen Papiertaschentücher aus einer Schublade hervor und tupfte pedantisch das Wasser vom Fussboden auf.
«Sie sollten sich einen Schwamm kaufen. So einen, mit dem Sie das
Weitere Kostenlose Bücher