Das Schweigen des Glücks
legte den Schwamm weg – sie hatte gerade das Frühstücksgeschirr abgewaschen – und ging zur Haustür. Ihr war noch nicht ganz wohl bei der Sache. Als sie die Tür aufmachte, sah sie Kyle, der hinter Taylors Truck herlief. Kaum stieg Taylor aus dem Wagen, sprang Kyle ihm in die Arme, als wäre Taylor nie weg gewesen, und strahlte über das ganze Gesicht. Taylor drückte ihn lange an sich und setzte ihn in dem Moment ab, als Denise auf die beiden zukam.
»Hallo«, sagte er still.
Sie verschränkte die Arme. »Hallo, Taylor.«
»Tayas hia!«, sagte Kyle freudestrahlend und hängte sich an Taylors Bein. »Tayas hia!«
Denise lächelte dünn. »Das ist richtig, mein Süßer.«
»Ich hab auf dem Weg noch schnell ein paar Sachen eingekauft. Falls es in Ordnung ist, wenn ich ein bisschen bleibe.«
Kyle lachte und freute sich und war von Taylors Anwesenheit ganz entzückt. »Tayas hia«, sagte er noch einmal.
Daraufhin fuhr Denise sich nervös durchs Haar. »Ich glaube, ich kann nicht nein sagen«, antwortete sie ehrlich.
Taylor nahm eine Tüte mit Lebensmitteleinkäufen aus der Fahrerkabine und trug sie ins Haus. In der Tüte befanden sich die Zutaten für einen Eintopf: Rindfleisch, Kartoffeln, Mohrrüben, Sellerie und Zwiebeln. Denise und Taylor sprachen kurz miteinander, aber er spürte ihre Zurückhaltung und ging dann mit Kyle hinaus, der nicht von seiner Seite wich. Denise war froh, allein zu sein, und fing mit den Essensvorbereitungen an. Sie briet das Fleisch an, schälte die Kartoffeln, schnitt Mohrrüben, Sellerie und Zwiebeln klein und warf alles zusammen mit ein paar Gewürzen in einen Topf. Die Gleichförmigkeit der Arbeit tat ihr gut und beruhigte ihre turbulenten Gefühle.
Als sie am Spülbecken stand, wanderte ihr Blick hin und wieder hinaus, wo sie Taylor und Kyle am Boden liegend spielen sah: Sie fuhren mit Spielzeuglastern hin und her und bauten Straßen für ihre Fahrzeuge. Doch obwohl die beiden sich blendend verstanden, durchzuckte sie wieder ein lähmendes Gefühl der Unsicherheit, was Taylor anging; die Erinnerung an den Schmerz, den er ihr und Kyle zugefügt hatte, war immer noch sehr lebhaft. Konnte sie ihm vertrauen? Würde er sich verändern? Konnte er das überhaupt?
Sie sah hinaus und beobachtete, wie Kyle auf Taylor kletterte, der am Boden hockte, und ihn mit Sand bestreute. Sie hörte Kyle lachen; sie hörte auch Taylor lachen.
Es tut gut, diese Laute wieder zu hören…
Aber…
Denise schüttelte den Kopf. Auch wenn Kyle ihm verziehen hat, ich kann es nicht vergessen. Er hat uns einmal wehgetan, er kann uns wieder wehtun. Sie würde es nicht zulassen, dass sie sich wieder so schrankenlos hingab. Diesmal würde sie viel vorsichtiger sein.
Aber sie sehen zusammen so rührend aus…
Sei bloß vorsichtig, ermahnte sie sich.
Sie seufzte und weigerte sich, diesen Gedanken zu viel Beachtung zu schenken. Sie stellte den Eintopf auf den Herd, wo er auf niedriger Flamme köchelte, deckte den Tisch und räumte im Wohnzimmer auf, dann hatte sie nichts mehr zu tun.
Sie beschloss, nach draußen zu gehen, an die frische, kühle Luft, und setzte sich auf die Verandastufen. Sie sah Taylor und Kyle zu, die in ihr Spiel vertieft waren.
Obwohl sie einen dicken Rollkragenpullover trug, war es ihr kühl und sie verschränkte die Arme. Ein Schwarm Gänse flog in einer Dreiecksformation über sie hinweg in Richtung Süden, wo sie überwintern würden. Ihnen folgte ein zweiter Schwarm, der sich scheinbar anstrengte, den ersten einzuholen. Sie beobachtete sie und sah, wie ihr eigener Atem in kleinen weißen Wölkchen aufstieg. Die Temperatur war seit dem Morgen zurückgegangen, ein Tiefausläufer kam aus dem Mittleren Westen durch das Flachland von North Carolina zu ihnen.
Nach einer Weile blickte Taylor zum Haus hinüber, sah sie und lächelte ihr zu. Sie hob die Hand zum Winken und steckte sie dann wieder in den warmen Pulloverärmel. Taylor beugte sich zu Kyle hinüber und deutete mit dem Kinn zu Denise, so dass Kyle auch zu ihr aufsah. Kyle winkte beglückt und beide standen auf. Taylor klopfte sich die Hosen ab, dann kamen sie auf sie zu.
»Ihr zwei scheint euch gut zu amüsieren«, sagte sie.
Taylor grinste und blieb ein paar Meter vor ihr stehen. »Ich glaube, ich lasse das Baugewerbe und baue einfach nur Sandhäuser. Das macht viel mehr Spaß und mit den Menschen hat man es auch leichter.«
Sie beugte sich zu Kyle vor.
»Macht es dir Spaß, Süßer?«
»Ja«, sagte er und nickte
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