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Das Schweigen des Lemming

Das Schweigen des Lemming

Titel: Das Schweigen des Lemming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
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ist es diesmal kein Seufzen der ungeduldigen Art, sondern – im Gegenteil – eines, das selbst um Nachsicht heischt. Stropek scheint einen geistigen Anlauf zu brauchen, was auf die Höhe der Hürde schließen lässt, die er zu nehmen gedenkt.
    «Nun   …», beginnt er schließlich, «nun, es müsst wohl eherheißen,
wer
, Wallisch,
wer
verschafft Ihnen die Ehre   … Aber ich will nicht lang drum herumreden. Sagt Ihnen der Name Hörtnagl etwas?»
    «Es gab da einmal so einen Gewichtheber   … Aber ich vermute, Sie spielen eher auf das finanzielle Schwergewicht an   … Jochen Hörtnagl: Speditionen und Spekulationen. Immobilien, Banken und Bauwirtschaft, soviel ich weiß. Dann natürlich Fußball, Golfplätze und   …»
    «Tiergärten», fällt ihm Stropek ins Wort. «Ja, Wallisch, Tiergärten. Zumindest einer, nämlich Schönbrunn. Der Herr Kommerzialrat ist einer unserer wichtigsten Förderer. Ohne ihn wären wir heut nicht so schön, wie wir sind. Regenwaldhaus, sag ich nur. Dann die Flusspferdanlage natürlich. Und so weiter. Außerdem hat er alle möglichen Tierpatenschaften übernommen. Nilpferde eben. Eisbären, Robben und   …»
    «Lassen S’ mich raten, Herr Doktor   … Pinguine?»
    Stropek seufzt. «Ich seh schon, Wallisch, Ihnen kann man nichts vormachen. Aber bitte, bei Ihrer Vergangenheit, ich mein, bei Ihren Referenzen   …»
    Ein kurzes, verlegenes Räuspern. Stropek steht bis zu den Knöcheln im Fettnapf, und es ist ihm bewusst.
    Dass der Lemming damals seinen Job im Zoo bekommen hat, ist beileibe keine Folge eines mustergültigen Lebenslaufs gewesen. Eher im Gegenteil: Nach seinem unehrenhaften Abgang von der Kriminalpolizei und einem kurzen, nicht viel reputableren Zwischenspiel in einem Wiener Detektivbüro stellt die Anstellung als Nachtwächter den absoluten Tiefpunkt seiner bisherigen Karriere dar. Und selbst der wäre ihm ohne Klaras Fürsprache verweigert worden. Die Liste seiner Referenzen und Empfehlungsschreiben endet im Jahr 1980, mit seinem Maturazeugnis   …
    «Nix für ungut, Wallisch, das war nicht bös gemeint. Ihre Erfahrung in allen Ehren, die ist ja schließlich auch der Grund dafür, dass   …»
    Der Lemming wartet. Der Lemming schweigt. Er wird nicht fürs Antizipieren bezahlt, so viel steht fest.
    «Also dass   … Hören Sie, ich will’s kurz machen: Der Kommerzialrat Hörtnagl hat mich heute früh angerufen, wegen etwas anderem, aber unwichtig. Jedenfalls ist auch die Sache mit   … also die Sache von heut Nacht zur Sprache gekommen. Er wollt ganz genau wissen, was da passiert ist, der Hört-, also der Herr Kommerzialrat. Hut ab, sag ich nur, wirklich, Chapeau: Da kann man einmal sehen, wie weit man’s bringt im Leben, wenn man sich auch um Nebensächlichkeiten kümmert. Wissen S’, Wallisch, für Sie hat er sich nämlich auch sehr interessiert. Und weil Sie ja schließlich, also, weil Sie eine gewisse, sagen wir, investigative Vorbildung haben, hat er mir – na ja, eigentlich
uns
– ein Angebot gemacht   …»
    «Aha», sagt der Lemming, «aha.»
    Er nimmt nun trotz allem Witterung auf, kann das Antizipieren nicht mehr vermeiden, und sei es noch so unbezahlt und unwillkommen. Dass man Hiobsbotschaften zu schlechten Nachrichten herabmildern kann, indem man sie vorausahnt, ist ein weit verbreiteter Aberglaube und ein grundlegender Irrtum: Verdruss stinkt genauso, wenn man ihn prognostiziert. Er stinkt nur länger.
    «Hören Sie, Wallisch, ich weiß, dass Sie mit diesen Dingen eigentlich abgeschlossen haben. Dass Sie   … Dass Sie lieber Ihre Ruhe haben, wenn man das so sagen kann. Vor den Menschen jedenfalls, ich meine, vor den
meisten
Menschen. Es bleibt Ihnen ja auch unbenommen, jeder wie er mag, nur in diesem Fall   … Ich will Tacheles reden, Wallisch: Der Tiergarten kann sich’s nicht leisten, den Hörtnagl zu vergrämen oder gar als Sponsor zu verlieren. Und was Sie betrifft   … Es soll auch Ihr Schaden nicht sein, verstehen Sie? Oder drück ich mich unklar aus?»
    «Ja, also, nein   … Ich glaube, ich weiß schon, wie Sie’s meinen.Nur   … Was will er denn jetzt von mir, der Herr   … Kommerzialrat?»
    «Er will   … Ganz unter uns, Wallisch, ich fürchte, er will das Unmögliche. Nämlich dass Sie etwas herausfinden über das Bubenstück im Polarium. Dass Sie   … Na, ich mag da gar nicht groß vorgreifen; das soll er Ihnen lieber persönlich sagen. Morgen um halb zehn am Vormittag, da erwartet er Sie   … Ah ja, die

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