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Das Schweigen meiner Mutter

Das Schweigen meiner Mutter

Titel: Das Schweigen meiner Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lizzie Doron
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um die Leere in mir auszufüllen, um Geborgenheit und Frieden zu finden.
    In meinem Kopf hallte auch das Geräusch des Messers wider, mit dem meine Mutter auf das Holzbrett geschlagen hatte, und ich sah sie vor mir, wie sie das Gemüse hackte, in ihrem Schmerz Gurken, Paprika und Tomaten zerteilte.
    Und ich sah Dorit neben mir, an jenem Tag, an dem ich ausgezogen war, meinen Vater zu suchen. Sie war es damals gewesen, die mich mit Gewalt Richtung Krankenkassenambulanz gezogen hatte. Man hatte ihr gesagt, dass ich ihn nicht treffen dürfe, man hatte ihr gesagt, das sei gefährlich, ich könne mich bei ihm anstecken und sterben. Trotz des Sturms in meinem Inneren spürte ich, dass ich dabei war, die Fäden meines Lebens zusammenzuknüpfen, dass sich in mir etwas zusammenfand wie eine Familie am Abend eines Festes.
    Ich stellte das Radio laut, ich schloss das Fenster und fuhr so schnell, wie es erlaubt war.
     
    Als ich zu Hause ankam, blätterte ich im Album mit den Fotos aus meiner Kindheit. Ich zeigte meinem Mann das Bild von der Krakowiak-Tänzerin. »Das ist mein Vater«, sagte ich.
    Er betrachtete es genau, sein Blick durchforschte das Gebüsch, blieb an dem Augenpaar und der Haartolle hängen.
    »Lass es«, sagte er einfach. »Schau, wie er sich verbirgt, er hatte wirklich die Absicht, sich zu verstecken.«
    »Lass es«, unterbrach ich ihn frustriert, »das sagt sich leicht.«
    Ich legte das Album neben mein Bett.
     
    In der Nacht fand ich keinen Schlaf. Ich stand auf, versuchte mich am Computer zu beruhigen.
    »Wie kommst du mit deinem neuen Buch voran?«, stand in einer E-Mail , die mir der Verlag geschickt hatte.
    Ich muss mich entschuldigen, informierte ich in Gedanken die Lektorin, aber leider komme ich zurzeit nur rückwärts voran.

4
    DORIT EMPFING MICH am Friedhofstor. »Ich war schon bei Fejge«, sagte sie und schlug zu meiner Überraschung vor: »Komm, lass uns von hier verschwinden, wir drehen eine Runde durchs Viertel.«
    Panik packte mich. »Nein, wir gehen ins Kino«, widersprach ich.
    Dorit ignorierte meinen Protest und marschierte los, Richtung Viertel.
    »Man sagt, unser Viertel habe sich in das Soho von Tel Aviv verwandelt, hier würden jetzt viele Künstler wohnen«, schwärmte sie.
    »Auch damals gab es hier eine Bohème«, sagte ich. »Schließlich hatte sich hier die Elite aus allen Lagern versammelt.« Ich blieb wie angewurzelt stehen, gelähmt vor Angst.
    Dorit merkte, dass ich mich nicht von der Stelle rührte. »Entspann dich!«, sagte sie. »Wovor hast du eigentlich Angst? Schließlich sind doch alle tot.«
    »Ich habe auch vor den Toten Angst«, erwiderte ich.
    Dorit lachte. »Komm, lass uns eine kleine Runde drehen.« Sie zog mich am Arm. »Nun komm schon.«
    »Ich war vor einer Woche hier«, sagte ich abwehrend. »Nach Fejges Beerdigung bin ich durch die Hauptstraße gefahren. Hier ist nicht Soho, hier ist gar nichts.«
    »Nur eine kleine Runde zu Fuß«, beharrte sie.
    »Was ist mit dir?«, fragte ich. »Warum bist du heute so stur?«
    »Itzik macht mich verrückt«, gab sie zu. »Es quält ihn, dass er nicht zu Fejges Beerdigung gekommen ist. Er hat mich gebeten, ihm ein Foto vom Grab zu schicken, von Fejges Haus, von ihrem Kindergarten und von Wladeks Kurzwarengeschäft, und bei der Gelegenheit soll ich auch ein paar Fotos von unserem Haus machen.«
    Sie hatte wie immer etwas verborgen. Den leichten Zorn ließ ich mir nicht anmerken, ich lächelte sie an.
     
    Einige Minuten später standen wir bereits vor dem Haus, in dem ich früher gewohnt hatte.
    Einen Moment lang kam es mir vor, als wäre alles so geblieben, wie es gewesen war. Doch auf den zweiten Blick bemerkte ich, dass die Hecke nicht mehr blühte, das einstige Rasenstück war nun mit Steinplatten bedeckt und die Fensterläden waren geschlossen.
    Ich bin sicher, dass ich blass wurde.
    »Es ist nicht mehr, wie es war«, sagte Dorit, sie hatte meine Gedanken gelesen, wie früher.
    »Und das ist auch gut so«, zischte ich.
    Wir blieben stehen. Vor uns tauchte eine junge Frau mit einem schreienden Baby in einer Tragetasche auf und verschwand in einem am Straßenrand geparkten Auto. Zugleich sah ich Dorit vor mir, wie sie mit fliegenden Zöpfen seilhüpfte. Ein Junge mit einem Ranzen sprang leichtfüßig die Treppenstufen hinunter und ein kleiner Hund rannte hinter ihm her. Dahinter sah ich Chajim Poschibuzki, der Glasscheiben zertrümmerte, ich hörte Chajale Chopin spielen und Ofer schreien: »Dein-Vater-ist-tot!«
    Auch

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