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Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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der Liebe zu grübeln. Er wollte die Erinnerung an ihr Gesicht heraufbeschwören, an ihre Haltung, wenn sie in seinem Seminar den Oberschenkel mit der Handwurzel rieb, als gedachte sie etwas auszuradieren, das sie auf ihren grünkarierten Rock geschrieben hatte. Oder an die Geste, wenn sie mit dem Zeigefinger das Haar hinter das Ohr schob, ohne daran zu denken, dass ihr Haar zu kurz war und im gleichen Moment, da sie den Finger wegnahm, zurückfiel. Möglich wäre auch, sich abstrakterenGedankengängen hinzugeben, einer allumfassenden Melancholie, die seinem Leid einen universelleren Anstrich verlieh, es in den allgemeinen Weltschmerz einband. Bis dato war er Phila untreu geworden. Fast ein ganzer Tag war vergangen, und er hatte so gut wie gar nicht an sie gedacht. Kein Schmerz hatte ihn durchbohrt, kein sehnsuchtsvolles Verlangen nach einer Erfüllung hatte ihn angetrieben, hatte zu einer Wanderung gedrängt, zu einer aussichtslosen Suche. Den Kummer, den er ihr schuldete, hatte er nicht ausgelebt. Es war höchste Zeit, das zu ändern.
    Er schaute auf seine Uhr. Es müsste jetzt Viertel vor drei sein. Warum sollte er hier nicht sitzen und trauern, bis das Wasser zurückging und nur noch kniehoch war? Wie viel Zeit das in Anspruch nehmen könnte, wusste er nicht, wollte er auch nicht wissen. Sein Kummer konnte ohne weiteres auch noch die Ebbe überdauern. Er währte ja ewig. Er könnte sogar warten, bis die Flut wieder einsetzte und erneut abebbte, ehe er von seinen Meditationen abließ. Phila, seine große Liebe, hatte nichts Geringeres verdient.
    Bloß, dann wäre er nicht bei seiner Tante, wenn Lolly McKeever kam, ihr Schwein zu holen. Er hatte mit ihr telefoniert. Sie wollte um drei dort sein. Sonderlich erpicht darauf, sich ihr Eigentum zurückzuholen, hatte sie nicht geklungen, auch hatte sie ihm kein bisschen für seine Mühen gedankt. Bei der Schilderung, wie beharrlich er dem Ausreißer nachgejagt war, hatte sie ihn nicht einmal bis auf die Hügelkuppe kommen lassen. Die Heiterkeit, mit der sie beim Zusammentreiben der Schweine vorgegangen war, schien sie nur für dergleichen Katastrophen an den Tag zu legen, nicht aber für ausgesprochene Rettungsaktionen. »Um drei also. Und füttert es nicht, bevor ich da bin.« Damit hatte sie aufgehängt, als wäre Aaron einer der unverfrorenen Burschen, die anriefen, um Spenden für eine obskure Sache zu werben. Er hatte gehofft, ihr helles Lachen zu hören, doch sie hatte überhaupt nicht gelacht.
    Was, wenn diese Frau tatsächlich, wie Kitty behauptet hatte, die eifersüchtige Mörderin des Mannes im Garten war? Kitty würde die Gelegenheit von Lollys Besuch beim Schopf ergreifen, um sie mit den sterblichen Überresten zu konfrontieren und ein Geständnis zu erzwingen. Es würde zu einem erregten Wortwechsel kommen, zu Anschuldigungen, Zurückweisungen und möglicherweise Gegenbeschuldigungen. Allerdings war Kitty, wie es Aaron schien, ebenso des Mordes verdächtig wie die Frau, die sie des Verbrechens zieh. Wie der Auftritt zwischen den beiden ausgehen würde, konnte er sich schlecht vorstellen. Also musste er zugegen sein. Schließlich war er Schriftsteller. Die Austragung eines menschlichen Konflikts, in dem es um Mord und Liebe ging, durfte dem Auge des Künstlers nicht entgehen. Das war er sich und seinen Lesern schuldig, die ihm ungewöhnliche Einblicke ins Leben verdankten, ganz zu schweigen von der hochdramatischen Handlung, die er ihnen bot, und dem Vergnügen, das nur ein perfekter Mord gewährt.
    Geschmeidig wie ein Seehund glitt Aaron vom Felsen ins Wasser. Er wollte bis zu dem Schlängelpfad schwimmen und auf der Landstraße bis zum Haus der Tante marschieren. Nass war er ohnehin, und an die Kälte hatte er sich inzwischen gewöhnt. Möglicherweise war Lolly McKeever noch da. Sie würde ihn sehen, wie er triefnass daherkam, als wäre er soeben wie Cuchulain in den alten Sagen dem Meer entstiegen.

Kapitel 4
     
    »Das ist nicht mein Schwein.«
    Lolly McKeever stand neben dem Schuppen. Ihr Interesse galt mehr der kaputten Tür als dem Schwein, das sich auf dem Weideland zwischen Haus und Klippe vergnügte. Sie schwang die nur lose in der Angel hängende Tür hin und her und lockerte dabei die letzte Schraube, so dass das Scharnier mit einem Klack auf den Streifen fest gestampfter Erde fiel, der sich um den Schuppen zog. »Tut mir leid«, sagte sie, drückte mit den Fingerspitzen gegen die Tür, als wollte sie das zerstörerische Werk des Schweins

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