Das Schwein war’s: Kriminalroman (German Edition)
Sein Inneres war von schwarzem Ruß überzogen, an dem graue, sich den Schornstein hochziehende Flocken hafteten – zu noch feinerer Asche gebrannter Ruß. Die Feuerböcke hatten die Form von Läufern aus einem übergroßen Schachspiel. Sie hielten zwischen sich einen einzigen langen Kloben, an dessen Enden Reste von Birkenrinde zu erkennen waren; in der Mitte war er fast durchgebrannt und wirkte wie eine Brücke, die jeden Momenteinstürzen konnte. Durch die Fenster, es gab zwei davon, blickte man auf einen Unkrautstreifen; dahinter war die Straße, und jenseits davon zogen sich Weideflächen den Berg hinauf, der die von Osten blasenden Winde abhielt.
Das Sofa war mit grauem Kordsamt bezogen und sah aus wie ein großer, aus Sand und Erde zusammengematschter Kuchen. Verziert war er mit aufgeschlagenen Büchern, einem Kaffeebecher, einem Teller mit den Resten eines Spiegeleies – die Gabel steckte zwischen zwei dicken Kissen –, einem
Vogue
-Magazin und einer
New York Review of Books
, wobei die
Vogue
mehr Eselsohren hatte als die
New York Review
. Der Couchtisch davor war eine robuste Konstruktion aus auf Walnuss gebeiztem Fichtenholz und stand auf vier kräftigen Beinen, vermutlich die Reste von dicken Mangelhölzern. Auf dem Tisch lagen verstreut einige CDs, eine davon mit einem Konterfei von Bach mit rot eingefärbter Perücke. Ein dicker brauner Strickpullover war unter einen Schuh geknautscht, dem die Schnürsenkel fehlten. Hinzu kamen ein kippliger Bücherstapel, die
Irish Times
(zerknüllt, eine Spalte auf der Titelseite herausgerissen), eine weiße Porzellanschale, in deren Mitte etwas lag, das wie ein Pfirsichkern aussah, eine Fernbedienung vom Fernseher und ein Kerzenständer aus Messing, in dem aber keine Kerze, sondern eine Knoblauchknolle steckte.
Aaron nahm das blaue Kissen an sich, das gegen die Sofalehne gedrückt war, und schaute sich nach dem Gegenstück um. Er fand es unter dem Sessel, daneben einen weiteren Teller, der völlig sauber war bis auf einen ausgehärteten Klecks von etwas Grünem. Er hob das Kissen auf. Die Unterseite wies einen Fleck auf mit derselben Grünschattierung wie auf dem Teller. Aaron vermutete, es handelte sich in beiden Fällen um Pesto.
Ehe er zur Tür und über den Korridor zurück in die Priesterstube ging, bemerkte er zu seiner Linken Bücherregale, die die Wand vom Fußboden bis zur Decke einnahmen.Die Bücherrücken waren ausgeblichen, die Beschriftung kaum noch lesbar. Dort standen die gesammelten Werke von Jane Austen und George Eliot, die Schriften von allen drei Brontë-Schwestern und von Thomas Hardy, der ihnen Gesellschaft leistete. Dieses waren die Quellen, die seiner Tante Anregung für ihre höchst erfolgreichen Romane boten, die sie »mit einer Regelmäßigkeit absonderte« – wie ein Kritiker schrieb –, »die die meisten Menschen einer anderen Körperfunktion vorbehalten.«
Die Stimme seiner Tante erscholl. »Ich warte auf die Kissen. Bist du in den Treppenschacht gefallen, oder was ist los?«
Aaron hatte das Bedürfnis, noch länger zu verweilen. »Ich suche gerade nach dem zweiten.« Er ging zurück und sank in den Sessel, die Kissen fest an die Brust gedrückt. Seine Tante hatte ihren Liebhaber ermordet. Allzu lebhaft hatte sie die Nöte und Sehnsüchte der anderen Frau beschrieben, hatte dem Gefühl, verraten und im Stich gelassen zu werden, so eindringlich Ausdruck verliehen und sich dabei derart in Rage geredet, dass Aaron keinerlei Zweifel hegte, sie hatte von niemand anderem als von sich selbst gesprochen. Sie war es, die dem Mann den tödlichen Hieb versetzt hatte, der ihn zu Boden streckte. Sie war es, die ihn im Garten beerdigt hatte. Aaron war sich nicht sicher, ob sie seine sterblichen Überreste in der Priesterstube aufzubewahren gedachte, um sie dort jederzeit betrachten zu können, oder ob sie ihn der Erde in gebührlicherer Tiefe zurückgeben wollte. Wie sollte er sich weiterhin verhalten? Ganze zwei Minuten lang quälte er sich ergebnislos mit der Frage, dann rief er: »Ich hab’s gefunden« und schaffte die Kissen zur Priesterstube.
Tante Kitty hatte die Stirn auf Declan Toveys Schuhspitzen gesenkt. Die Schuhe umklammerte sie mit den Händen. Aaron wartete, doch sie rührte sich nicht. »Ich habe es gefunden. Das andere Kissen. Hier«, sagte er leise.
»Leg sie hin, neben jeden Fuß eins, dann entwürdigt ihn die alberne Stellung der Füße nicht.«
Aaron tat, was sie wollte, rollte jedes Kissen leicht zusammen, damit es
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