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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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an Bord der Isis eingefunden hatte, noch bevor die Gezeiten zum zweiten Mal gewechselt hatten. Allerdings führte er kein Essen mit sich, sondern lediglich einen Weinkrug, in der Hoffnung, dass der Albtraum der Seereise damit ein wenig schneller wieder vorübergehen würde - oder zumindest, dass es ihm so vorkäme.
    Als Valerius also einige Zeit später auf den schwankenden Planken des Schiffes stand und seine Eingeweide sich im Rhythmus mit der hohen Dünung verkrampften, war er für seinen Wein nur noch dankbarer als ohnehin schon. Denn der Alkohol vernebelte seine Erinnerungen an Rom weit wirkungsvoller als die Seekrankheit, und so würde er Severus immerhin mit einem gewissen Gleichmut gegenübertreten, würde mit ihm wieder jene Zeiten aufleben lassen können, als sie gemeinsam in Caligulas Armee am Rhein gedient hatten. Sorgsam aber vermied Valerius nach wie vor jeden Gedanken an jenen Tag in Rom, als sie beide die vereitelte Siegesprozession entlang der Via Tiburtina angeführt hatten, oder die Bilder jenes Fiaskos auf dem Vorplatz vor dem Zelt der Prätorianer, das auf die Prozession gefolgt war.
    Valerius hatte mehr als zwei Jahre konzentriertester Anstrengung, der Gebete, der harten Arbeit und nicht zuletzt des wohl dosierten Weingenusses gebraucht, ehe er die Geister, die ihn an jenem verhängnisvollen Tage in Rom heimgesucht hatten, wieder abschütteln konnte. Und er hatte gewiss nicht vor, diese Gespenster allein deswegen wieder zu ihm zurückfinden zu lassen, weil der römische Kaiser gerade seine Dienste brauchte.
    Mittlerweile, auf dem festen Land, begannen Valerius’ Eingeweide sich aber wieder zu beruhigen, und auch der Nebel, der seinen Verstand umschlossen gehalten hatte, lichtete sich wieder. Severus hatte sich in einen dunklen Mantel gehüllt und erwartete Valerius in dem etwas versteckter liegenden Teil der Hafenanlagen, dort, wohin weder der Schein der Kailaternen noch das Licht des Leuchtfeuers vordrangen. Severus’ Ross trug keinerlei Zeichen, die es als Pferd der Stadtwache auswiesen, und doch war dieser Wallach des Gardekorps in seiner eigentlich recht gewöhnlichen Färbung schon wieder außergewöhnlich, denn nicht ein einziger heller Fleck verunzierte das kräftige Braun seines Fells, weder auf der Stirn noch an den Fesseln. Valerius hatte schon einmal ein solches Tier geritten, damals, in seinen ersten Tagen am Rhein. Zu jener Zeit war es wichtig gewesen, so weit wie möglich mit dem Hintergrund zu verschmelzen und nicht aufzufallen. In jenen Tagen aber war der Kaiser noch derjenige gewesen, der eine Gefahr darstellte. Gegenwärtig schien sich zumindest dieses Blatt gewendet zu haben.
    Valerius trat aus dem ihn umgebenden Lichtkegel heraus. In der Dunkelheit schien eine gewisse Aufrichtigkeit zu liegen, die der orangefarbene Schein des Leuchtfeuers nicht bieten konnte. Abschätzend musterte Severus Valerius. Während ihrer gemeinsamen Zeit am Rhein war Severus ein sehr verlässlicher Soldat gewesen und hart gesotten genug, um einen guten Anführer abzugeben, ohne jedoch gleich die Seelen derer, die ihm untergeben waren, zu zermürben. Das Alter hatte ihm nun zusätzlich eine gewisse Würde und weißes Haar verliehen, jedoch keine neuen Narben. Nichts deutete also darauf hin, dass dies ein Mann sein könnte, der den ersten und wichtigsten seiner Eide - nämlich, getreu seinem Kaiser zu dienen - brechen würde oder gar dazu bereit sein könnte, bei diesem Versuch zu sterben. Dennoch trug Severus nicht das Brandmahl Mithras’ - folglich fehlte ihm auch die Zugehörigkeit zur Bruderschaft - und dies in einer Zeit, in der man sich in Britannien ohnehin bereits erzählte, dass die Prätorianer im Grunde nicht dem Kaiser, sondern Agrippina angehörten. Demzufolge konnte man auch nicht mit Sicherheit davon ausgehen, dass Agrippina nicht auch die Stadtwache, oder zumindest der größere Teil ihrer Mitglieder, untertan waren und damit - in letzter Konsequenz - möglicherweise auch Severus.
    Valerius’ Befehl hatte gelautet, dass er unbewaffnet erscheinen sollte; seinen Dolch und sein Kavallerieschwert hatte er sicher in seinem Seesack verstaut. Auf eine plötzliche Eingebung hin hatte er beim Verlassen des Schiffes aber doch noch rasch das Filetiermesser des Schiffsjungen eingesteckt und hielt es nun in der Innenfläche seiner rechten Hand verborgen. Ein Brei aus abgeschabten Fischschuppen tropfte ihm langsam zwischen den Fingern hindurch, während er vorsichtig seine Hand um die Mitte des

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