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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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wieder von der Tür ab, als der Zenturio ihn beim Ellenbogen packte und wieder umdrehte - nun, so aus der Nähe betrachtet, fiel Valerius plötzlich auf, dass die Augen des Offiziers ganz blutunterlaufen waren, ganz so, als habe er in letzter Zeit zu wenig geschlafen. »Wenn der Kaiser Euch so dringend braucht, dass er Euch sogar übers Meer hierher zurückbeordert, dann solltet Ihr seinem Befehl auch nachkommen«, drohte Severus. »Es gibt ohnehin nur noch wenige, die dem Kaiser zu Willen sind.«
    »Ich habe die gleichen Eide geleistet wie Ihr«, entgegnete Valerius. »Sein Wille ist auch der meine.«
    »Dann ist es ja gut.« Severus grinste, wie nur ein Mann grinsen konnte, der vor einer Schlacht stand, die er nicht mehr zu überleben glaubte. »Und möge dies noch lange so bleiben.« Schließlich führte er die Pferde wieder in die Dunkelheit, und Valerius blieb allein zurück.
    Die Pforte war offenbar der Sklaveneingang und darum mit keinerlei Zierrat verschönert worden. Während Valerius wartete, nahm er allmählich vage Strömungen der Angst wahr; Strömungen einer Angst, die nicht allein von ihm ausgingen. Genauer gesagt stank dieser Ort geradezu nach Ungewissheit, Betrug und Verrat, und an Valerius vorbei huschten immer wieder Geister, die ausnahmsweise einmal nicht den Stämmen eines fremden Landes entsprangen; vielmehr waren dies die Geister, die sich von der Verzweiflung eines sterbenden Kaisers angezogen fühlten, und kein vernünftiger Mensch würde hier noch wesentlich länger ausharren.
    Valerius aber machte sich schon seit einiger Zeit keine Sorgen mehr um Geistererscheinungen, und auch die Angst war ihm längst kein Feind mehr. Der Wein und sein fester Glaube an den einen Gott hatten ihn beides besiegen lassen. Er verdrängte alle diese Gedanken aus seinem Bewusstsein und hob gerade die Faust, um ein zweites Mal an die Tür zu klopfen, als er sah, dass diese bereits eine Handbreit geöffnet worden war und durch den Spalt ein kleiner Junge mit weit aufgerissenen Augen spähte. Valerius rieselte ein Schauer über die Kopfhaut, ganz so, als ob ihm gerade jemand eine Warnung zugeflüstert hätte; in früheren Zeiten waren die Palasttüren nie so merkwürdig lautlos geöffnet worden.
    Der kleine Pförtnersklave hob derweil eine matt leuchtende Seifensteinlampe und starrte unter ihrem Schein hindurch in das Gesicht des Dekurio, als ob er in Gedanken gerade dessen Gesicht mit einer Beschreibung vergliche: schwarzes, glattes Haar, das man auf militärisch korrekte Länge gekürzt hatte, feine, glatte Gesichtszüge und Augen, die einem Sklavenjungen geradezu die Haut vom Leibe reißen konnten, wenn dieser es wagte, den Dekurio zu lange anzustarren. Erschrocken wich der Junge wieder zurück und ließ die Tür gerade so weit offen stehen, dass Valerius, wenn er dem Sklaven folgen wollte, die Pforte schon selbst mit der Schulter aufdrücken musste. Als Valerius schließlich den kaiserlichen Palast betrat, musste er zudem feststellen, dass der Bursche noch nicht einmal auf ihn gewartet hatte, sondern bereits vorauseilte und in einem unbeleuchteten Korridor verschwand. Dies war zwar nicht das Benehmen, das man üblicherweise von einem Sklaven erwarten konnte, andererseits war dies auch ein Ort, an dem freigelassene Sklaven das Sagen hatten, oder zumindest einst gehabt hatten. Nichts lief hier mehr seinen normalen Gang. Argwöhnisch nahm Valerius sein Gepäck auf und folgte dem kleinen Sklaven.
    Im Palast herrschte eine übermäßige Hitze. Der Sklavenjunge war schweigsam, hatte offenbar Angst, und er führte Valerius immer weiter in die tiefe Leere hinein; die Wände jedoch summten förmlich von einer irgendwo in der Ferne herrschenden Geschäftigkeit. Für einen Mann, der das letzte Jahrzehnt im Krieg verbracht hatte, roch dieser Ort förmlich nach einem Hinterhalt. Valerius hievte seinen Seesack auf die andere Schulter. Im Falle eines Angriffs würde er nun weder sein Schwert noch seinen Dolch so rechtzeitig erreichen können, damit diese ihm noch von irgendeinem Nutzen wären. Jetzt fiel ihm auch wieder das Filetiermesser ein, das er zwischen den Holzbohlen des Anlegers hatte hindurchgleiten lassen, und im Stillen schimpfte er sich einen kurzsichtigen Narren.
    Vor einer Kammer und weit entfernt vom Hauptteil des Palastes blieben sie schließlich stehen. Der Raum war gerade groß genug, um ein Bett und eine Kleidertruhe zu beherbergen. Die Wände hatte man mit Gips verputzt, den man in einem schlichten,

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